Selbstmedikation

Naturstoffe gegen trockene Haut

In jüngster Zeit wurden zahlreiche In-vitro- und In-vivo-Studien veröffentlicht, die zeigen, dass verschiedene Naturstoffe die epidermale Hautbarriere stärken können. Sie eignen sich daher für den Einsatz in dermokosmetischen Zubereitungen zur Pflege trockener Haut.
Trockene Haut kann viele Ursachen haben. Individuelle Veranlagung, der natürliche Alterungsprozess oder Umwelteinflüsse wie trockeneHeizungsluft, Winterwetter, oder übermäßige Sonneneinstrahlung können die Haut austrocknen. Hautelastizität und Flexibilität sind deutlich verringert und die Haut ist rau und schuppig. Häufig treten Spannungsgefühl und Juckreiz auf. Trockene Haut kann zudem ein Symptom von Erkrankungen, z. B. Diabetes mellitus, Neurodermitis oder der Schuppenflechte sein. Ziel sollte es sein, fehlende Lipide und Feuchthaltefaktoren zu ersetzenund den Hautzustand zu normalisieren.   Foto: Uwe Grötzner – Fotolia.com

Derartige Publikationen gibt es erst seit etwa zehn Jahren, erläuterte Prof. Christoph M. Schempp, Leiter des Kompetenzzentrums skintegral® an der Universitäts-Hautklinik Freiburg auf einem Symposium der Gesellschaft für Dermopharmazie e.V. [1]. Bei einigen Substanzen befinden sich die Untersuchungen erst im experimentellen Stadium, bei anderen konnten sich die Naturstoffe bereits in dermokosmetischen Zubereitungen im Markt etablieren.

Bitterholz

Beim Bitterholz (Quassia amara , Simarouba amara) handelt es sich um einen meist strauchartig wachsenden, in den Tropen beheimateten Baum aus der Familie der Bittereschengewächse (Simaroubaceae). Der volkstümliche Name Fliegenholz weist auf seinen früheren Einsatz als Insektizid hin. Wegen ihres Gehalts an Bitterstoffen (z. B. die Triterpene Quassin, Neoquassin) wird die Droge traditionell bei Appetitlosigkeit, Magen-, Darm- und Galle-Beschwerden angewendet (z. B. in Pankreaticum® Hevert Tropfen).

Darüber hinaus konnte eine französische Arbeitsgruppe nachweisen, dass ein Bitterholz-Rindenextrakt in vitro bei kultivierten Hautäquivalenten zu einer gesteigerten Differenzierung von Keratinozyten sowie einer verstärkten Bildung von Barrierelipiden wie Ceramiden, Cholesterol und Cholesterolsulfat führte. In einer vierwöchigen In-vivo-Studie mit 20 gesunden Probanden zeigte sich darüber hinaus, dass die äußerliche Behandlung mit Bitterholzextrakt zu einer Verminderung des transepidermalen Wasserverlustes TEWL (einen Indikator für die Intaktheit der Hautbarriere) und zu einer Erhöhung der Hauthydratation führte [2].

Granatapfel

Um den Granatapfel (Punica granatum) aus der Familie der Weiderichgewächse (Lythraceae) ranken sich viele Mythen. Er ist das Symbol der Liebesgöttin Aphrodite und gilt als fruchtbarkeitssteigernd. Auch der biblische Apfel, den Eva an Adam überreichte, soll ein Granatapfel gewesen sein. Für Granatapfel-Extrakte wurden in zahlreichen Untersuchungen antioxidative, antientzündliche und hautdifferenzierungs-fördernde Eigenschaften beschrieben. Als Inhaltsstoffe bestimmte man Gerbstoffe (Ellagitannine) in der Schale, antioxidativ wirksames Vitamin C und Proanthocyane im Fruchtfleisch und im Saft sowie fettes Öl und Fettsäuren in den Samen.

Dermokosmetisch interessant wurde der Granatapfel unter anderem nach Untersuchungen, in denen lipophile Fraktionen von Granatapfel-Samen in vitro die Keratinozyten-Proliferation zu steigern vermochten sowie zu einer Verdickung der Epidermis führten. Extrakte aus Granatapfel-Schalen dagegen stimulierten die Typ-I-Prokollagensynthese und inhibierten die kollagenabbauende Matrix-Metalloproteinase (MMP-1), hatten jedoch keinen Effekt auf das Wachstum von Keratinozyten [3]. Granatapfel-Extrakte sind bereits in zahlreichen Kosmetika auf dem Markt (z. B. in den Granatapfel-Pflegelinien von Weleda und Claire Fisher).


Zum Weiterlesen


Pflege der reifen Haut: Gegen die Zeichen der Zeit

DAZ 2009, Nr. 39, S. 109 – 117.

Johanniskraut

Zubereitungen aus Johanniskraut (Hypericum perforatum , Hypericaceae) werden schon seit Langem extern bei Verbrennungen, Wunden und anderen Hautläsionen eingesetzt (z. B. Johanniskraut Rotöl®). Die Wirkung beruht wahrscheinlich auf den antimikrobiellen und antiphlogistischen Wirkungen des Inhaltsstoffes Hyperforin. Auch bei Patienten mit Neurodermitis zeigten Hyperforin-haltige Zubereitungen eine positive Wirkung auf die Symptome der Erkrankung. Wissenschaftler vermuteten, dass diese Wirkung auf einer Stimulation der Keratinozyten-Differenzierung beruht. Der zugrunde liegende Mechanismus ist wahrscheinlich die spezifische Aktivierung von TRPC6-Kanälen der Keratinozyten. TRPC-Kanäle (TRP = trancient receptor potential) sind Kationenkanäle, durch die Calciumionen in die Zellen strömen. Der daraus folgende Anstieg der intrazellulären Calciumkonzentration hat vermutlich eine vermehrte Expression verschiedener Differenzierungs-Marker zu Folge. Da man davon ausgeht, dass bei Neurodermitikern weniger TRPC-Kanäle vorhanden sind als bei Hautgesunden, könnte dieser Mechanismus neben den antibakteriellen und antiphlogistischen Eigenschaften des Hyperforins eine Erklärung für dessen Wirksamkeit bei Neurodermitis sein. In Untersuchungen an isolierten menschlichen Hautkeratinozyten und humanen Keratinozyten-Zelllinien konnte diese Hypothese bestätigt werden [4]. Eine Hyperforin-haltige Pflegeserie speziell für Neurodermitikerhaut ist unter dem Handelsnamen Bedan® auf dem Markt.

Birkenextrakt

Betulin, der Hauptinhaltsstoff eines in der Rinde der Weißstämmigen Birke (Betula alba , Betulaceae) vorkommenden Triterpengemisches, ist ebenfalls ein interessanter Wirkstoff gegen verschiedene Hautprobleme. In zahlreichen Studien zeigten sich unter anderem antientzündliche, antibakterielle, antivirale, juckreizlindernde und wundheilungsfördernde Wirkungen. Betulin ist auch aus technologischer Sicht interessant, da er Pflanzenöl und Wasser zu einer Emulsion ("Betulsion") zu verbinden vermag, die ohne weitere Zusätze stabil ist. Die positiven Wirkungen der Betulsion, insbesondere auf die trockene Haut, wurden in zahlreichen Studien dokumentiert. Darin schützten die Zubereitungen vor Austrocknung und waren in der Lage Hautläsionen, wie z. B. nach einem Sonnenbrand, zu regenerieren. Auch diese Wirkungen beruhen wahrscheinlich auf einem vermehrten Einstrom von Calcium in Epidermiszellen, was die Differenzierung von Keratinozyten fördert. Für Birkenpollenallergiker sind Betulin-Zubereitungen (z. B. Imlan® Creme pur) unbedenklich, da die Allergene der Birkenblüten in der Rinde nicht enthalten sind.


Quelle

[1] Prof. Dr. med. Christoph M. Schempp, Freiburg: "Nutzen von natürlichen Wirkstoffen in Dermokosmetika zur Pflege der trockenen Haut", 13. November 2010, Berlin, veranstaltet von der Gesellschaft für Dermopharmazie e.V.

[2] Bonté F et al.: Simarouba amara extract increases human skin keratinocyte differentiation. J Ethnopharmacol 53(2), 65.74 (1996).

[3] Aslam MN et al.: Pomegranate as a cosmeceutical source: pomegranate fractions promote proliferation and procollagen synthesis and inhibit matrix metalloproteinase-1 production in human skin cells. J Ethnopharmacol 103(3), 311 – 318 (2006).

[4] Müller M et al.: Specific TRPC6 channel activation, a novel approach to stimulate keratinocyte differentiation. J Biol Chem 283(49), 33942 – 33954 (2008).

www.imlan.de


Apothekerin Dr. Claudia Bruhn



DAZ 2011, Nr. 4, S. 57

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