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Arzneimittel und Therapie
FDA-Gutachter sprechen sich für Therapiepausen aus
Seit der Einführung des ersten Bisphosphonats 1995 werden inzwischen allein in den USA etwa fünf Millionen Menschen – die meisten davon Frauen nach der Menopause – mit Bisphosphonaten behandelt. Während der kurzfristige Nutzen der Bisphosphonate außer Zweifel steht, gab es in den letzten Jahren immer wieder Hinweise auf mögliche Langzeitkomplikationen. So wurden Bisphosphonate mit Osteonekrosen des Kiefers, atypischen Femurfrakturen und Ösophaguskarzinomen in Verbindung gebracht. Inzwischen haben fünf Beobachtungsstudien eine Assoziation von atypischen Frakturen am Femur mit der Einnahme von Bisphosphonaten nahegelegt.
Aufgrund eines solchen Verdachts hat die amerikanische Arzneimittelbehörde bereits vor einem Jahr beschlossen, entsprechende Warnhinweise in die Fachinformationen aufzunehmen. Atypische Femurfrakturen sind sehr selten und machen weniger als 1% der Hüft- und Femoralfrakturen insgesamt aus. Sie betreffen vorwiegend Osteoporose-Patienten, die langfristig Bisphosphonate zur Frakturprophylaxe erhalten. Bisher sei – so die FDA – jedoch unklar, ob Bisphosphonate tatsächlich die Ursache solcher Brüche sind. Die Behörde teilte seinerzeit mit, Studiendaten zur Sicherheit und Wirksamkeit von Bisphosphonaten in der Langzeittherapie bei Osteoporose-Patienten und die Häufigkeit atypischer Femurfrakturen zu ermitteln. Externe Gutachter sprachen sich jetzt mit 17 gegen 6 Stimmen für klarere Regeln zur Dauer der Therapie aus. Zur Diskussion stehen auch Therapiepausen (drug holidays). Bisher liegen Erfahrungen mit den Bisphosphonaten bis zu einer Therapiedauer von zehn Jahren vor. In einigen Studien wurde die Therapie nach drei bis fünf Jahren abgesetzt, ohne dass es zu einem sofortigen Verlust an Knochenmineraldichte oder einem Wiederanstieg des Knochenbruchrisikos kam. Daher hält es die FDA für vorstellbar, dass die Therapie nach einiger Zeit ohne Nachteile für den Patienten unterbrochen werden kann. Solche drug holidays wurden in einer kleinen Studie mit Risedronat untersucht, die aber kaum weitreichende Schlüsse zulässt.
Wie die FDA auf das Gutachtervotum reagieren wird, ist unklar, zumal die Empfehlungen wenig konkret ausfielen. Eine Entscheidung wird für November erwartet.
In Deutschland werden die Zulassungen für Bisphosphonate (Alendronsäure, Clodronsäure, Etidronsäure, Ibandronsäure, Pamidronsäure, Risedronsäure, Tiludronsäure) zum 1. Dezember 2011 geändert. Damit setzt das BfArM einen EU-Kommissionsbeschluss um, wonach über atypische Femurfrakturen unter Bisphosphonaten in den Produktinformationen aufgeklärt werden muss. Die Hersteller sollen außerdem einen aktualisierten Risikomanagementplan vorlegen, der atypische Femurfrakturen als potenzielles Risiko widerspiegelt. In einem Risikomanagementplan werden Risiken genannt, die aufgrund der vorhandenen Kenntnisse zu erwarten sind und mögliche Maßnahmen zu deren Minimierung aufgeführt. Auch die Gewinnung und Auswertung neuer Erkenntnisse – von der EMA seit etwa 2005 vor allem bei Neuzulassungen gefordert – zu möglichen Risiken wird geplant. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Bisphosphonate in der Prävention und der Behandlung von Knochenkrankheiten wird jedoch nach wie vor weiterhin positiv eingeschätzt.
Quelle: Background Document for Meeting of Advisory Committee for Reproductive Health Drugs and Drug Safety and Risk Management Advisory Committee, 9. September 2011, www.fda.gov
Dr. Hans-Peter Hanssen
DAZ 2011, Nr. 38, S. 51
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