Arzneimittel und Therapie

Verdacht auf erhöhtes Fehlgeburtsrisiko erhärtet?

Die Einnahme nicht-steroidaler Antiphlogistika könnte das Risiko für eine Fehlgeburt erhöhen. Dies trifft besonders dann zu, wenn die schmerzstillenden Präparate in der Frühschwangerschaft eingenommen werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine kanadische Studie nach der Auswertung der medizinischen Daten von mehr als 4700 Frauen, die innerhalb der ersten 20 Schwangerschaftswochen eine Fehlgeburt erlitten hatten. Eine Kausalität konnte nicht nachgewiesen werden, trotzdem wird der Verdacht eines grundsätzlichen Zusammenhangs zwischen der Medikation und einem erhöhten Fehlgeburtsrisiko erhärtet.

Vor zehn Jahren wurden die Ergebnisse einer großen dänischen Kohortenstudie veröffentlicht, die einen statistischen Zusammenhang zwischen der Einnahme von nicht-steroidalen Antiphlogistika (NSAID) und einem erhöhten Fehlgeburtsrisiko nachwies. Dänische Mediziner hatten die Daten von 1462 Schwangeren untersucht, denen Schmerzmittel von einem Monat vor der Empfängnis an verschrieben worden waren, sowie die von 4268 Frauen mit Fehlgeburten und 29.750 mit normal verlaufenen Geburten. Eine deutliche Beziehung ergab sich dabei zwischen einer Einnahme von NSAID (unter anderem Ibuprofen und Naproxen) und einer Fehlgeburt. Das Risiko einer Fehlgeburt stieg demnach in den sieben bis neun Wochen nach der Einnahme auf das Doppelte, in der Woche nach einer Einnahme sogar auf das Siebenfache. Acetylsalicylsäure wurde in der Studie nicht geprüft.

Besonderes Risiko in der Frühschwangerschaft

Die im Jahre 2001 veröffentlichte Studie bezog sich vorwiegend auf Frauen im letzten Schwangerschaftsdrittel und eine entsprechende Warnung findet sich auf dem Beipackzettel für Diclofenac. Eine aktuelle kanadische Studie zeigte darüber hinaus ein besonderes Fehlgeburtsrisiko für Frauen auf, die in der Frühschwangerschaft NSAID einnahmen. Die Wissenschaftler werteten die Daten aus dem "Quebec Pregnancy Registry" mit Informationen über verordnete Medikamente, Arztbesuche, Diagnosen und Krankenhausaufenthalte während der Schwangerschaft aus. Dabei untersuchten sie insgesamt 4705 Fehlgeburten, die bis zur 20. Schwangerschaftswoche erfolgt waren. In 352 Fällen (7,5%) hatten die Frauen entweder in den ersten 20 Schwangerschaftswochen oder in den zwei Wochen vor Beginn der Schwangerschaft eine NSAID-Verordnung erhalten. Insgesamt war das Risiko für eine Fehlgeburt um das 2,4-Fache erhöht. Im Gegensatz dazu hatten von den 47.050 Frauen in der Kontrollgruppe, die keine Fehlgeburt erlitten hatten, nur 1213 (2,6%) NSAID verschrieben bekommen.

Die Wissenschaftler gehen von einem grundsätzlichen "Klasseneffekt" aus, da alle untersuchten NSAID (Diclofenac, Naproxen, Celecoxib, Ibuprofen, Rofecoxib und Kombinationspräparate) das Risiko für eine spontane Fehlgeburt erhöhten. Das höchste Risiko fanden die Forscher bei Diclofenac (3,09-fach erhöhtes Risiko). Ibuprofen zeigte ein 2,19-fach erhöhtes Fehlgeburtsrisiko. Das niedrigste Risiko wurde bei einer Medikation mit Rofecoxib (1,83-fach) beobachtet.

Gegen eine Kausalität der Ergebnisse spricht allerdings der fehlende Nachweis einer Dosis-Wirkungs-Beziehung. Zudem bleibt offen, ob die Frauen die schmerzstillenden Mittel aufgrund abdomineller Beschwerden, die für eine einsetzende Fehlgeburt typisch sind, einnahmen. Die Wissenschaftler raten nach ihrer Studie zu einem Verzicht auf die Einnahme von nicht-steroidalen Antiphlogistika auch in der Frühschwangerschaft.


Qellen

Nakhai-Pour, H.R.; et al.: Use of nonaspirin nonsteroidal anti-inflammatory drugs during pregnancy and the risk of spontaneous abortion. Can. Med.Assoc.J. 2011; doi: 10.1503/cmaj.110454 vom 6. September 2011.

Br. Med. J.: Risk of adverse birth outcome and miscarriage in pregnant users of non-steroidal anti-inflammatory drugs: population based observational study and case-control study. Br. Med. J. 2001; 322 (7281): 266 – 269.


Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2011, Nr. 37, S. 52

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