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- DAZ 34/2011
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DAZ aktuell
Effizienz steigern statt Kosten senken
Entwicklung des Anteils der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in ausgewählten OECD-Ländern von 1997 bis 2007 | |||||||
alle Angaben in %-Punkten |
Deutsch- land |
Frankreich |
Italien |
Japan |
Kanada |
Großbritan- nien |
USA |
Anstieg des Anteils der Gesundheits- ausgaben am BIP |
0,8 |
2,1 |
0,7 |
1,8 |
0,3 |
1,6 |
2,7 |
Anstieg des Anteils der öffentlichen Gesundheits- ausgaben am BIP |
0,2 |
1,9 |
0,5 |
1,7 |
-0,2 |
1,2 |
1,7 |
Quelle: OECD-Health Data 2009 und Berechnungen der Studienautoren |
Außer den USA mit ihrem extrem teuren Gesundheitssystem geben alle OECD-Länder zwischen 8 und 11 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für die Gesundheit aus. In Deutschland gab es zwischen 1990 und 1992 einen außergewöhnlichen Anstieg dieses Anteils, der auf der Wiedervereinigung beruht. Ohne die Wiedervereinigung läge Deutschland bei den Gesundheitsausgaben heute wohl auf einem hinteren Rang, vermuten die Autoren der Studie. Tatsächlich ist es aber Platz vier hinter den USA, Frankreich und der Schweiz. In den letzten 15 Jahren lag der Zuwachs des Anteils der Gesundheitsausgaben am BIP mit 0,8 Prozentpunkten im Mittelfeld der OECD-Länder. Wird nur der öffentliche Anteil der Gesundheitsausgaben, also die GKV-Perspektive, betrachtet, beträgt der Zuwachs nur 0,2 Prozentpunkte. Dies ist der zweitniedrigste Wert nach Kanada. Bei den Pro-Kopf-Ausgaben für Arzneimittel liegt Deutschland auf Platz sechs nach den USA, Japan, Kanada, Frankreich und der Schweiz. Für Arzneimittel wurden 2007 in Deutschland 15,1 Prozent der Gesundheitsausgaben verwendet, im OECD-Durchschnitt waren es 17,1 Prozent.
Die Autoren der Studie sehen primär kein Kostenproblem bei Arzneimitteln, gefragt sei eher eine Effizienzsteigerung. Mehr für Arzneimittel auszugeben, müsse keineswegs unwirtschaftlich sein, wenn damit die Unterversorgung bei einzelnen Indikationen behoben werde. Den Anstieg der Arzneimittelkosten als Beleg für Ineffizienz zu werten, sei schon deshalb unrichtig, weil einige innovative Arzneimittel teure Krankenhausaufenthalte ersetzen könnten.
Frühe Nutzenbewertung – für und wider
Allerdings betonen die Autoren den hohen Anteil der Spezialversorgung an der Kostenentwicklung der Arzneimittel. Im Jahr 2009 beruhten zwei Drittel des Kostenanstiegs auf der Spezialversorgung. Angesichts der bisher fehlenden Preisregulierung und des eingeschränkten Wettbewerbs bei "Solisten" gehen die Autoren hier von Ineffizienz aus. Hier lägen die Behandlungskosten teilweise beträchtlich höher als in anderen Ländern. Als Lösung empfehlen die Autoren zentrale oder regionale Vertragsverhandlungen zwischen Krankenkassen und Herstellern. Die mittlerweile vorgeschriebene Schnellbewertung nach der Zulassung wird als gangbarer Weg betrachtet, erfordere aber ein Verfahren, das die Interessen der Krankenkassen erfüllt und den Herstellern die nötige Planbarkeit und Transparenz bietet. Zudem beklagen die Autoren den problematischen Umgang mit dem Begriff der Arzneimittelinnovation. Begriffe wie Me-too, Scheininnovation oder Analogpräparat würden Arzneimittel stigmatisieren. Doch würden Arzneimittel üblicherweise nicht in nachahmender Forschung, sondern parallel im Wettbewerb der forschenden Unternehmen entwickelt. Außerdem sei eine Bewertung anhand des Versorgungsalltags zum Zeitpunkt der Zulassung meist nicht möglich. Die im AMNOG vorgeschriebene Frühe Nutzenbewertung sei daher für "Solisten" vertretbar, aber bei der ohnehin effizienten Grundversorgung zweifelhaft, folgern die Autoren.
Quelle: Hoffmann T, Hartmann M, Kugler J, Die Dimension der Kostensteigerung im deutschen Gesundheitssystem im Allgemeinen und im Arzneimittelbereich im Besonderen (internationaler Vergleich) – Anlass zur Kostenbegrenzung oder Effizienzerhöhung? – Die Innovationsverifizierung in Deutschland – eine Positionsbestimmung, Gesundh ökon Qual manag 16, 224 – 231 (2011)
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