Arzneimittel und Therapie

Agranulozytosen im Zusammenhang mit Metamizol

Durch die bedenkliche Zunahme der Meldungen von Agranulozytosen im Zusammenhang mit Metamizol hält die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) eine Erinnerung an diese seit Langem bekannte unerwünschte Arzneimittelwirkung für erforderlich.

Metamizol (Novalgin®) ist ein Pyrazolonderivat und hat analgetische, antipyretische und spasmolytische Eigenschaften. Der Wirkungsmechanismus ist nicht vollständig aufgeklärt. Einige Untersuchungsergebnisse zeigen, dass Metamizol und der Hauptmetabolit (4-N-Methylaminoantipyrin) vermutlich sowohl einen zentralen als auch einen peripheren Wirkungsmechanismus haben. Nach oraler Gabe wird es vollständig zum pharmakologisch wirksamen 4-N-Methylaminoantipyrin (MAA) hydrolysiert. In den Fachinformationen wird darauf hingewiesen, dass als eine Nebenwirkung (Blut und lymphatisches System) sehr selten Agranulozytose oder Thrombozytopenie auftreten können. Diese Reaktionen sind vermutlich immunologisch bedingt. Sie können auch auftreten, wenn Metamizol bei früheren Gelegenheiten ohne Komplikationen gegeben wurde. Es gibt vereinzelt Hinweise, wonach das Risiko einer Agranulozytose möglicherweise erhöht sein kann, wenn Metamizol länger als eine Woche eingenommen wird.

Aktuell berichtet die AkdÄ von einer 41-jährigen Frau ohne relevante Vorerkrankungen, die über etwa zehn Wochen wegen Wirbelsäulenbeschwerden dreimal täglich 30 Tropfen Metamizol sowie gelegentlich Ibuprofen eingenommen hatte. Es traten eine Agranulozytose sowie deutlich erhöhte Entzündungswerte und Zeichen der Verbrauchskoagulopathie und Organdysfunktion als Hinweis auf eine beginnende Sepsis auf. Im vorliegenden Fall kommt neben Metamizol auch Ibuprofen als ursächlich für die Agranulozytose infrage. Für das breit eingesetzte Ibuprofen wurden seit 1990 nur Einzelfälle von Agranulozytosen gemeldet. Metamizol wurde dagegen schon in den 70er Jahren in vielen Ländern aufgrund des Risikos von Agranulozytosen vom Markt genommen. In Deutschland wurden 1987 alle Metamizol-haltigen Kombinationspräparate vom Markt genommen und die Monopräparate der Rezeptpflicht unterstellt. Darüber hinaus wurden die Indikationen eingeschränkt auf akute starke Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen, Koliken, Tumorschmerzen, sonstige akute oder chronische starke Schmerzen und hohes Fieber, das auf andere Maßnahmen nicht anspricht. Trotz dieser Indikationseinschränkungen verzehnfachte sich die Zahl der Metamizolverordnungen und die Anzahl der Spontanmeldungen von Agranulozytosen durch Metamizol stieg. Insgesamt sind zwischen 1990 und 2010 etwa 300 Fälle von Agranulozytosen im Zusammenhang mit Metamizol gemeldet worden, mit einem tödlichen Ausgang in etwa 20 Prozent der Fälle.

Verordnung nur in den zugelassenen Indikationen!

Aus Sicht der AkdÄ sollte Metamizol strikt nur innerhalb der zugelassenen Indikationen verordnet werden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wies 2009 darauf hin, dass es bei leichten oder mittelstarken Schmerzen nicht angewendet werden darf. Fieber ist nur dann eine Indikation für Metamizol, wenn andere Antipyretika nicht ausreichend wirksam waren.

Patienten sollten über das Risiko und mögliche Warnsignale wie Fieber, Halsschmerzen und Entzündungen im Bereich der Mundschleimhäute aufgeklärt werden. Dabei sollte auch beachtet werden, dass Patienten nach einmaliger Verordnung Metamizol auch zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund anderer Beschwerden ohne nochmalige Rücksprache mit einem Arzt einnehmen oder an andere Familienmitglieder weitergeben.


Quelle

Agranulozytose nach Metamizol – sehr selten, aber häufiger als gedacht (Aus der UAW-Datenbank). Mitteilung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft vom 19. August 2011.


ck



DAZ 2011, Nr. 34, S. 40

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