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Sommer: unruhig bis wechselhaft
Beständiges warmes Sommerwetter, Sommerpause, Sommerloch – das gab’s früher mal. Heutzutage ist im Juli weder das Wetter beständig und ruhig und schon gar nicht die Nachrichtenlage rund um die Apotheken.
Bonussysteme, Taler und Co.: Es war klar, dass mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) noch lange keine Ruhe auf diesem Gebiet der Marketingaktivitäten von Apotheken einkehrt. Die offenen Vorgaben des BGH, wo denn nun die Grenzen des Wettbewerbs bei den Bonusbeträgen liegen (fünf Euro sind zu viel, ein Euro ist evtl. machbar – und dazwischen?), mussten geradezu diejenigen herausfordern, die sich von diesen Bonussystemen etwas versprechen. Hinzu kommt, dass hier Heilmittelwerberecht und Arzneimittelpreisrecht miteinander ins Gehege kommen.
Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen musste sich erneut mit Bonussystemen befassen. Es war die Frage zu klären, ob und inwieweit die Apothekerkammer in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsbehörde die Gewährung von Einkaufsgutscheinen und sonstigen Werbegaben ("Apotheken-Taler", "Bonus-Taler") durch Apotheken bei der Abgabe verschreibungspflichtiger und damit preisgebundener Arzneimittel untersagen darf.
Das Gericht bejahte, dass kein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung vorliegen darf. Solche Verstöße dürfen von den Aufsichtsbehörden verfolgt werden.
Das Gericht entschied aber auch, dass solche Bonusmodelle nur in sehr engen Grenzen möglich sind. Gutscheine über 1,50 Euro bzw. 3 Euro sind von vorneherein zwar keine unzulässigen Barrabatte, kommen denen aber sehr nahe – und können untersagt werden. Bei Talern ohne aufgedruckten Euro-Betrag im Wert von 50 Cent ist dagegen die Eingriffsschwelle der Aufsichtsbehörde nicht überschritten, so das Gericht, weil es sich aus Sicht des Heilmittelwerberechts um die zulässige Gewährung von "geringwertigen Kleinigkeiten" handele. Ob die Entscheidung dazu beitragen wird, den Graubereich zu regeln, wo denn nun die Wertgrenzen der "Spürbarkeit" liegen, da bin ich mir unsicher. Der Streit um Bonussysteme wird weitergehen. Besser wäre zu fragen, ob solche Systeme noch in unsere Zeit von AMNOG und sinkenden Erträgen passen, in die Zeit von Ertragsrückgängen, mit denen Apotheken vor der Politik auf ihre wirtschaftlich enge Situation aufmerksam machen wollen. Ertragsrückgänge und Bonussysteme – passt das zusammen?
Aus für die Cobox, die Apotheke im Kabäuschen. Was im vergangenen Jahr aus Sicht des Cobox-Erfinders so großartig als zukunftsweisende Video-Apotheke startete, ist nun in der Insolvenz gelandet. Die Cobox sollte laut ihres Herstellers "völlig neue Standort-Möglichkeiten und Geschäftspotenziale" erschließen. Doch irgendwie hat letztlich alles nicht gepasst. Die relativ hohen Aufstellungs-, Leasing- und Unterhaltskosten, die Apotheken-Personalkosten für den Dienst hinter der Kamera und die Zustellung der Arzneimittel dürften wohl in keinem Verhältnis zu den Mehreinnahmen gestanden haben, die eine Apotheke mit der Cobox hätte einnehmen sollen. Auch nur schwer vorstellbar, dass Apothekenkunden gerne ins Kabäuschen gehen, mit einem Videobildschirm sprechen und sich beraten lassen. So weit kann eine echte Apotheke kaum entfernt sein, dass man dies gerne tut.
Geräuschlos ging der Verkauf des Softwarehauses Lauer-Fischer, das zur ARZ Haan AG gehörte, an die Compugroup Medical AG über die Bühne, einem Unternehmen mit rund 3000 Mitarbeitern und über 300 Mio. Euro Umsatz. Compugroup selbst zählt sich zu den führenden eHealth-Unternehmen in Europa. Ein großes Apotheken-Softwarehaus geht damit zu 75% in die Hände eines Unternehmens, das Informationssysteme für Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Informationssysteme für Krankenhäuser, aber auch Workflowlösungen für die Pharmaindustrie im Portfolio hat. Begründet wurde der Verkauf mit dem Hinweis, man wolle sich aufs Kerngeschäft konzentrieren, die Abrechnung. Und das unterstrich ARZ Haan gleich dadurch, dass man kurz darauf eine Beteiligung von 60 Prozent an der AZH-Abrechnungszentrale für Hebammen übernahm. Auf der Hauptversammlung der ARZ Haan AG war der Lauer-Fischer-Verkauf von Seiten der Aktionäre so gut wie kein Thema. Während IT-Unternehmen in die Rezeptabrechnung drängen und Rezeptabrechner ihr Standbein im Bereich Apothekensoftware ausbauen, schlägt ARZ Haan einen anderen Weg ein: weg von der Apothekensoftware.
Geräuschlos haben sichtlich auch die rund 4000 Lauer-Fischer-Kunden den Wechsel zur Compugroup Medical AG aufgenommen. Es scheint nicht zu stören, dass mit diesem Wechsel Branchenfremde nun zwangsläufig Einblick in die internen Zahlen und Daten von Apotheken erhalten. Diskutiert wird bereits über Vernetzungsstrategien im Gesundheitswesen, auch über Vernetzung mit dem Software-Systemen von Ärzten. Man darf gespannt sein, wo die angekündigten positiven Perspektiven liegen, die sich für die Lauer-Fischer-Kunden nun laut ARZ Haan ergeben sollen.
Peter Ditzel
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