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"… ein Zukunftsproblem angehen"

Der Tarifvertrag zur betrieblichen Altersvorsorge von ADA und ADEXA ist ein Novum. Die Geschäftsführerin der Treuhand Hannover, Dipl.-Volkswirtin und Steuerberaterin Ursula Hasan-Boehme, bewertet im folgenden Interview die Auswirkungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Foto: DAZ/Sket
Ursula Hasan-Boehme

DAZ: Frau Hasan-Boehme, nach dem Betriebsrentengesetz hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf betriebliche Altersvorsorge (bAV) durch Entgeltumwandlung. Was bedeutet das und wie wird dieser Anspruch bisher von Apothekenmitarbeitern genutzt?

Hasan-Boehme: Alle Arbeitnehmer können im Rahmen der bAV zulasten ihres Gehaltes ihre spätere Altersversorgung aufbessern, kurz gesagt: heutiger Konsumverzicht für höhere Altersbezüge. Bislang wird die Möglichkeit einer bAV von Apothekenmitarbeitern wenig genutzt. Die Treuhand hat über die sehr zahlreichen Gehaltsabrechnungen der Apothekenmitarbeiter für die Arbeitgeber ermittelt, dass z. B. nur für 14% der PKA, 17% der PTA und 18% der Approbierten eine Direktversicherung besteht. Andere Durchführungswege der bAV sind nur vereinzelt anzutreffen.


DAZ: Warum sind im Apothekenbereich zusätzliche bAV-Vereinbarungen der Tarifpartner sinnvoll und nötig?

Hasan-Boehme: Generell werden die späteren Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung der heute Aktiven sehr bescheiden ausfallen, das gilt auch für Apothekenmitarbeiter. Es ist dringend erforderlich, dieses Zukunftsproblem anzugehen. Der Tarifvertrag über die bAV nimmt die Arbeitgeber mittels des Arbeitgeberbeitrages in die Pflicht und kann die Bereitschaft der Mitarbeiter zu Eigenleistungen über den 20%igen Zusatzbeitrag fördern.


DAZ: Welche finanziellen bzw. unternehmerischen Vorteile sehen Sie für die Arbeitgeber durch bAV?

Hasan-Boehme: Zunächst möchte ich die finanziellen Aspekte aufgreifen. Damit keine Missverständnisse aufkommen, sage ich vorweg, dass die Förderung der bAV für den Arbeitgeber nicht kostenlos ist. Aber eine alternative Bruttogehaltserhöhung wäre teurer. Es gibt also finanzielle Vorteile für den Arbeitgeber, die Beiträge sind bei ihm Betriebsausgaben und durch die Steuerentlastung liegt die Nettobelastung deutlich niedriger. Mit dieser Nettobelastung wird aber für die Arbeitnehmer ein wesentlich größerer Effekt für die Altersversorgung erzielt, denn die Beiträge kommen dem Arbeitnehmer in vollem Umfang zugute, da sie frei von Lohnsteuer und Sozialabgaben sind. Die Nettobelastung des Arbeitgebers steht zu einer alternativ erforderlichen Gehaltserhöhung, damit der Arbeitnehmer eine vergleichbare nicht geförderte Eigenvorsorge vornehmen könnte, im Verhältnis 1: 3.

Zu unternehmerischen Aspekten: der Tarifvertrag über die bAV ist ein Baustein zur Förderung der Mitarbeiterbindung und der Mitarbeiterzufriedenheit durch den Abbau von Zukunftsängsten. Die Arbeitgeber stehen zwar unter Kostendruck, aber die Arbeit wird nicht weniger und die qualitativen Ansprüche steigen. Die heute schon bestehende partielle Personalknappheit wird sich noch verschärfen. Arbeitgeber sind gut beraten, etwas für ihre Mitarbeiter und deren Leistungsfähigkeit zu tun. Da leistet der Tarifvertrag einen wichtigen Beitrag.


DAZ: Und wie profitieren die Mitarbeiter?

Hasan-Boehme: Der Tarifvertrag über die bAV schärft das Bewusstsein für die Verbesserungsbedürftigkeit der eigenen Altersversorgung. Den Mitarbeitern kommt der Arbeitgeberbeitrag von 10,– bis 27,50 Euro ungekürzt zusätzlich zu ihrem Gehalt zugute. Über den zusätzlichen Arbeitgeberzuschuss von 20% bei Entgeltumwandlung werden die Mitarbeiter motiviert, noch mehr für ihre Altersvorsorge zu tun. Die Befreiung von Steuern und Sozialabgaben hält die verbleibende Belastung gering. Hier gilt analog die für Arbeitgeber beschriebene Vorteilhaftigkeit. Mit geringem finanziellem Aufwand können die Mitarbeiter eine zusätzliche Altersversorgung aufbauen.


DAZ: Wie beurteilen Sie die Empfehlung von Adexa und ADA für einen einheitlichen bAV-Gruppenvertrag?

Hasan-Boehme: Die Umsetzung der tarifvertraglichen bAV über einen einheitlichen Gruppenvertrag bietet mehrere Vorteile. Gruppenverträge reduzieren den Verwaltungsaufwand und vor allem bieten sie finanzielle Vorteile gegenüber Einzelabschlüssen. Für gleiches Geld wird mehr Leistung erreicht. Insoweit ist es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorteilhaft, der Empfehlung von Adexa und ADA zu folgen.

Für approbierte Mitarbeiter stellt sich die Frage, ob sie statt einer Entgeltumwandlung für die bAV Zusatzbeiträge an das Versorgungswerk leisten. Diese Zusatzbeiträge an das Versorgungswerk werden nicht wie die bAV gefördert. Sie werden nur zu einem geringen Teil steuerlich entlastet, auch wenn die steuerlichen Höchstbeträge für Vorsorgeaufwendungen noch nicht ausgeschöpft sind. Es bedarf bei dieser Frage einer sorgfältigen Einzelfallprüfung.


DAZ: Frau Hasan-Boehme, vielen Dank für das Interview!


Die Fragen stellte Dr. Sigrid Joachimsthaler.



DAZ 2011, Nr. 26, S. 17

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