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Fortbildung
Prophylaxe und rationale, leitliniengerechte Therapie
Harnwegsinfekte sind in Deutschland die zweithäufigste Infektionskrankheit, von der aufgrund anatomischer Gegebenheiten Frauen viermal häufiger betroffen sind als Männer. Das Vorliegen von Risikofaktoren erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung. Dazu gehören sexuelle Aktivitäten innerhalb der letzten 14 Tage, Verhütung mit Scheidendiaphragma, Spermiziden oder Depot-Medroxyprogesteronacetat, eine vorangegangene Antibiotikatherapie, Diabetes, anatomische Besonderheiten oder Funktionseinschränkungen wie etwa eine neuropathische Blase oder funktionelle Obstruktionen. Ferner werden Harnwegsinfekte durch eine genetisch bedingte erhöhte Bereitschaft für die Adhäsion von Keimen am Uroepithel begünstigt.
Harnwegsinfekte können in zwei große Gruppen eingeteilt werden und zwar in unkomplizierte und komplizierte Infektionen. Zu den ersten zählen die asymptomatische Bakteriurie, die Zystitis und rezidivierende Infektionen, zu den zweiten die Pyelonephritis sowie Infektionen bei Schwangeren, Männern und Kindern. Unkomplizierte und komplizierte Infekte werden unterschiedlich therapiert und zwar mit verschiedenen Wirkstoffen und unterschiedlich lange.
Unkomplizierte Infekte
Eine asymptomatische Bakteriurie, die bei 1 bis 5% aller jungen Frauen und bei mehr als 75% aller Heimbewohnerinnen nachweisbar ist, muss – mit der Ausnahme von Schwangeren oder vor urologischen Eingriffen – nicht behandelt werden. Liegt eine unkomplizierte Zystitis vor, so sollte die Therapie kurz und effektiv sein. Die häufigsten Erreger sind Escherichia coli,
Enterobakterien oder Staphylokokken. Die Mittel der Wahl sind Fosfomycin und Nitrofurantoin. Trimethoprim gilt aufgrund hoher lokaler Resistenzen gegenüber E. coli nur noch als Mittel der zweiten Wahl (siehe Tab. 1).
Tab. 1: Therapie der unkomplizierten Zystitis | ||
Wirkstoff |
Dosis |
Dauer |
Mittel der ersten Wahl | ||
Fosfomycin |
3 g |
1 d |
Nitrofurantoin ret. |
100 mg 2 x täglich |
5 (– 7) d |
Mittel der zweiten Wahl | ||
Ciprofloxacin |
250 mg 2 x täglich |
3 d |
Levofloxacin |
250 mg 1 x täglich |
3 d |
Norfloxacin |
400 mg 2 x täglich |
3 d |
Ofloxacin |
200 mg 2 x täglich |
3 d |
Cefpodoxim |
100 mg 2 x täglich |
3 d |
Trimethoprim-Sulfamethoxazol* |
160/800 mg 2 x täglich |
3 d |
Trimethoprim (TMP)* |
200 mg 2 x täglich |
5 d |
*lokale E. coli Resistenz < 20% |
Nitrofurantoin ist ein Hohlraumantiseptikum, mit dem keine Gewebespiegel erreicht werden können, das also nur lokal in der Blase wirkt. Selten auftretende Nebenwirkungen sind Lungenfibrose und Polyneuropathien. Bei Vorliegen einer Niereninsuffizienz darf Nitrofurantoin nicht eingesetzt werden, bei älteren Patienten sollte vor der Therapie die Nierenfunktion überprüft werden. Bei Fosfomycin ist eine mögliche Resistenzentwicklung zu beachten, die derzeit noch keine große Rolle spielt, aber seit den gestiegenen Verordnungen von Fosfomycin beobachtet wird.
Zur Vorbeugung von Rezidiven eignet sich die niedrigdosierte Langzeitprophylaxe, die postkoitale Prophylaxe sowie bei gut informierten Patientinnen eine Stand-by-Therapie. Eine Alternative ist die Einnahme von Cranberry-Präparaten. Eine Cochrane Review zeigte im Vergleich zu einer Placebo-Therapie ein geringeres Auftreten von Rezidiven unter der Behandlung mit Cranberry. Mögliche Wechselwirkungen mit Warfarin und eine Erhöhung der Oxalatspiegel im Harn sind zu beachten.
Komplizierte Harnwegsinfektionen
Häufige Verursacher komplizierter Harnwegsinfektionen sind Escherichia coli,
Enterobakterien, Pseudomonas und Staphylokokken. Bei schweren Infektionen oder Vorliegen bestimmter Risikofaktoren sollte ein Antibiogramm erstellt werden. Mittel der ersten Wahl sind Chinolone, die bei der Pyelonephritis deutlich länger eingenommen werden müssen als bei der Zystitis (siehe Tab. 2).
Tab. 2: Therapie der Pyelonephritis | ||
Wirkstoff |
Dosis |
Dauer |
Mittel der ersten Wahl | ||
Ciprofloxacin |
500 – 750 mg 2 x täglich |
7 – 10 d |
Levofloxacin |
(250) – 500 mg 1 x täglich |
7 – 10 d |
Levofloxacin |
750 mg 1 x täglich |
5 d |
Mittel der zweiten Wahl | ||
Cefpodoxim |
200 mg 2 x täglich |
10 d |
Ceftibuten |
400 mg 1 x täglich |
10 d |
bei bekannter Empfindlichkeit | ||
Trimethoprim-Sulfamethoxazol |
160/800 mg 2 x täglich |
14 d |
Amoxicillin/Clavulansäure |
500/125 mg 3 x täglich |
14 d |
Liegen sehr starke Beschwerden mit Übelkeit und Erbrechen vor, muss die Therapie eventuell intravenös initiiert werden und kann dann als orale Behandlung weitergeführt werden. Unter Fluorochinolonen sind mögliche Nebenwirkungen wie Sehnenruptur, epileptische Anfälle, psychiatrische Reaktionen, QT-Zeitverlängerungen und ein falsch positiver Opiatnachweis zu beachten. Problematisch ist die Entwicklung von Resistenzen unter dem unkritischen Einsatz von Chinolonen.
Internet
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In der Schwangerschaft muss jede Bakteriurie therapiert werden, um mögliche Folgen einer Infektion wie vorzeitige Wehen oder Frühgeburten zu verhindern. In der Regel wird sieben Tage lang mit oralen Cephalosporinen behandelt. Ebenfalls obligat behandlungsbedürftig sind Harnwegsinfekte im Kindesalter, um dem Risiko einer Narbenbildung im Nierenparenchym vorzubeugen.
pj
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