- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 22/2011
- Gemeinsam aus Fehlern ...
Aus Kammern und Verbänden
Gemeinsam aus Fehlern lernen
Schätzungen zufolge sterben in Deutschland jährlich 30.000 Patienten durch Fehler bei der Verabreichung von Medikamenten. Alle Stationen auf dem Weg des Arzneimittels in oder an den Körper des Patienten – von der Verordnung über die Abgabe in der Apotheke bis zur Einnahme bzw. Verabreichung – bergen ein Fehlerrisiko in sich. Eine Hauptfehlerquelle sind Kommunikationsprobleme zwischen Ärzten, Apothekern und Patienten.
Aber auch Verwechslungen von Arzneimitteln mit ähnlich klingenden Bezeichnungen oder ähnlich aussehenden Packungen kommen häufig vor. Dafür werden die Begriffe "sound-alike" (Tab. 1) und "look-alike" verwendet.
Tab. 1: Beispiele für Arzneimittel mit ähnlich klingenden Namen ("sound-alike"), die verwechselt wurden | |
Arzneimittel |
Einsatzgebiete (Auswahl) |
Lisino®
– Lisinopril… (Generika) |
Antiallergikum – Antihypertensivum |
Levium®
– Levopar®
|
Neuroleptikum – Parkinsonmittel |
Sulfadiazin-Heyl®
– Sulfasalazin-Heyl®
|
Antibiotikum – Antirheumatikum |
Spiropent®
– Spironolacton… (Generika) |
Antiasthmatikum – Diuretikum |
Phenhydan®
– Phenpro-ratiopharm®
|
Antiepileptikum – Antikoagulanz |
Anonym, kostenfrei und für jedermann zugänglich
Unter www.jeder-fehler-zaehlt.de haben Ärzte und medizinische Fachangestellte seit 2007 die Möglichkeit, kritische Ereignisse aus ihrer täglichen Praxis zu berichten und Berichte anderer Personen zu kommentieren. Das System ist für jedermann, also auch für Patienten, ohne vorherige Anmeldung und anonym zugänglich. Es ist so konzipiert, dass eine Identifikation des Berichtenden nicht möglich ist; weder Namen noch technische Merkmale (z. B. IP‑Adresse) werden gespeichert. Die Übertragung sämtlicher Formulardaten erfolgt über eine sichere SSL-Verbindung.
Die größte Gruppe der bisher berichteten Fehler sind Medikationsfehler. Mitte Mai diesen Jahres startete eine gemeinsame Aktion der Apothekerkammer Berlin und des an der Universität Frankfurt am Main angesiedelten Fehlerberichtssystems, die speziell die Arzneimitteltherapiesicherheit an der Schnittstelle Hausarztpraxis – Apotheke verbessern helfen soll.
Das "Einspeisen" eines Fehlers erfolgt mittels einer sechsseitigen Eingabemaske. Folgende Daten werden dabei abgefragt:
- Was ist passiert, mit welchem Ergebnis?
- Waren Medikamente an dem Vorfall beteiligt?
- Wo trat das Ereignis auf (Praxis, Apotheke …)
- Welche Faktoren trugen zu dem Fehler bei? (z. B. Kommunikation, Aufgabenverteilung im Team)
- Schweregrad des Fehlers
- Angaben zur Berufsgruppe/Praxis.
Nach Eingabe der Daten wird der Nutzer gebeten anzukreuzen, ob er mit einer Veröffentlichung des Fehlerberichts im Internet oder in Fachzeitschriften einverstanden ist oder ob dieser nur für wissenschaftliche Zwecke durch Mitarbeiter des Instituts für Allgemeinmedizin statistisch ausgewertet werden darf. Darüber hinaus wird jeder Fehlerbericht von den Administratoren von www.jeder-fehler-zaehlt.de dahingehend überprüft, ob er Daten enthält, die eine Identifizierung der Beteiligten möglich machen könnten. Gegebenenfalls wird der Text des Berichtes zur Gewährleistung der Anonymität verändert.
Die Aktion, bei der neben Hausärzten und medizinischen Fachangestellten auch Apotheker, Pharmazie-Ingenieure, Apotheker-Assistentinnen und PTA eingeladen sind, kritische Ereignisse zu berichten, dauert noch bis Mitte Juli. Sie soll nicht nur zur Erhöhung der Patientensicherheit beitragen, sondern darüber hinaus auch die Kooperation zwischen den ärztlichen und pharmazeutischen Berufsgruppen fördern.
QuelleDr. med. Barbara Hoffmann, Frankfurt, Dr. Torsten Hoppe-Tichy, Heidelberg: "Patientensicherheit – DAS Thema in Arztpraxis und Apotheke". Referate auf der gemeinsamen Fortbildungsveranstaltung der Ärztekammer Berlin und der Apothekerkammer Berlin am 25. Mai 2011 in Berlin.
Apothekerin Dr. Claudia Bruhn
DAZ 2011, Nr. 22, S. 70
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.