Arzneimittel und Therapie

Erhaltungstherapie mit nur einmal monatlicher Injektion

Zu einer Verbesserung der Erhaltungstherapie der Schizophrenie kann Paliperidonpalmitat, die Depotformulierung von Paliperidon, beitragen. Das neue Depot-Antipsychotikum Xeplion® muss nur einmal monatlich injiziert werden, was die Compliance der Patienten fördern kann.

Die Behandlung der Schizophrenie krankt wesentlich an der mangelnden Therapietreue der Patienten bei der Erhaltungstherapie. Die Non-Compliance bedingt dabei eine eindeutig erhöhte Rückfallrate, was zwangsläufig auch vermehrte Wiederaufnahmen der Patienten in die Klinik zur Folge hat. Derzeit beendet mehr als die Hälfte der Schizophrenie-Patienten vorzeitig die angeordnete Rezidivprophylaxe und die Rate der erneuten Klinikeinweisungen liegt bei 40 bis 45% innerhalb von zwölf Monaten nach der Entlassung aus der Klinik. Problematisch sind nicht nur die dadurch verursachten Krankheitskosten: Denn mit praktisch jedem Rückfall sinkt das Funktionsniveau und es kommt zu immer mehr Residualsymptomen. Zudem erhöht jede Krankenhauseinweisung das Risiko, dass im weiteren Verlauf noch weitere stationäre Einweisungen notwendig werden.

Injektion als Nanosuspension

Durchbrechen lässt sich der Teufelskreis nur durch Maßnahmen, die die Compliance der Patienten fördern. Dazu gehören neben einer guten Psychoedukation auch Fortschritte bei der Pharmakotherapie, wie das nur einmal monatlich zu injizierende Depot-Antipsychotikum Paliperidon. Verabreicht wird dabei ein Palmitat-Ester, wobei mittels der sogenannten NanoCrystal®-Technologie eine wasser-basierte Nanosuspension entwickelt werden konnte, die intramuskulär zu injizieren ist. Nach der Injektion löst sich der Wirkstoff an der Injektionsstelle langsam auf, wird enzymatisch hydrolysiert und in die systemische Zirkulation freigesetzt.

Der Wirkstoff besitzt eine hohe Affinität zu dopaminergen, serotonergen sowie alpha-adrenergen Rezeptoren. Er wird überwiegend renal eliminiert und es kommt nicht zu klinisch relevanten Interaktionen mit Arzneimitteln, die über das Cytochrom-P450-System metabolisiert werden. Die mediane Halbwertszeit von Paliperidonpalmitat liegt je nach Dosierung bei 25 bis 49 Tagen, sodass die einmal monatliche Injektion ausreichend ist und nicht wie bei anderen Depot-Neuroleptika alle zwei Wochen eine Injektion erfolgen muss.

Verabreichung in den Delta- oder den Glutealmuskel

Zur besseren Compliance dürfte nicht zuletzt beitragen, dass Paliperidon auch in den Deltamuskel injiziert werden kann, der Patient beim Arztbesuch also nicht mehr "die Hose herunterlassen muss". Der Musculus deltoideus ist ein dreieckiger Skelettmuskel, der wie ein Paket über dem Schultergelenk liegt und ihm Halt verleiht. Nach der Injektion in den Oberarm ist zudem die maximale Plasmakonzentration sogar um 28 Prozent höher als bei der Injektion in den Glutealmuskel, sodass empfohlen wird, die erste Injektion auf jeden Fall in den Deltamuskel vorzunehmen. Die Therapieeinleitung erfolgt dabei mit zwei Injektionen im Abstand von einer Woche, damit rasch therapeutische Wirkkonzentrationen aufgebaut werden.

Zugelassen ist Paliperidonpalmitat für die Erhaltungstherapie von erwachsenen Patienten, die auf Paliperidon oder Risperidon eingestellt wurden, wobei die orale Vorbehandlung mit Beginn der Gabe des Depot-Antipsychotikums beendet wird. Eine orale Supplementierung ist in der Regel nicht erforderlich. Üblich ist eine Dosierung von 75 mg monatlich, es ist aber auch eine Erhaltungstherapie im Dosisbereich von 25 bis 150 mg monatlich möglich.

Signifikant längere Zeit bis zum Rezidiv

Geprüft wurde Paliperidon im Rahmen von vier kontrollierten randomisierten Doppelblindstudien mit insgesamt mehr als 2000 Patienten, wobei eine Studie über ein Jahr konzipiert war. Dokumentiert wurde in den Untersuchungen eine anhaltende Reduktion des PANSS Gesamtscores (Positive and Negative Symptome Scale) mit rasch einsetzender Wirkung. So war bereits am Tag acht nach der ersten Injektion ein im Vergleich zu Placebo eindeutiger therapeutischer Effekt nachweisbar. Im Rahmen der Ein-Jahres-Studie wurde auch dokumentiert, dass die Erhaltungstherapie mit Paliperidonpalmitat die mittlere Zeit bis zum Wiederauftreten der Symptomatik gegenüber Placebo signifikant verlängert.

In den Studien überzeugte Paliperidonpalmitat mit einem guten Verträglichkeits- und Sicherheitsprofil mit nur vergleichsweise geringer Gewichtszunahme unter der Therapie. Im Verlauf der Studien wurden zudem keine klinisch relevanten Veränderungen der Glucose- und der Serumlipidkonzentrationen beobachtet. Die Injektion erfolgt unproblematisch über eine Fertigspritze, der zwei Sicherheitskanülen (für die deltoidale oder gluteale Injektion) beiliegen und die nicht gekühlt gelagert werden muss.

Depot-Injektionssuspension


Paliperidon ist ein selektiver Inhibitor monoaminerger Effekte, der sich von den klassischen Neuroleptika unterscheidet. Paliperidon bindet stark an serotonerge 5-HT2- und dopaminerge D2-Rezeptoren und blockiert darüber hinaus auch alpha1-adrenerge Rezeptoren und – in geringerem Ausmaß – H1-histaminerge sowie alpha2-adrenerge Rezeptoren.

Paliperidonpalmitat ist das Palmitat-Ester-Prodrug von Paliperidon. Aufgrund seiner äußerst geringen Wasserlöslichkeit löst sich Paliperidonpalmitat nach der intramuskulären Injektion langsam, bevor es zu Paliperidon hydrolysiert und im Körperkreislauf resorbiert wird. Nach einer intramuskulären Einzeldosis steigen die Plasmaspiegel von Paliperidon mit einer medianen tmax von 13 Tagen allmählich auf die maximale Konzentration. Die Freisetzung der aktiven Substanz beginnt bereits an Tag 1 und dauert mindestens vier Monate.

Die Depot-Injektionssuspension Xeplion® ist indiziert zur Erhaltungstherapie der Schizophrenie bei erwachsenen Patienten, die auf Paliperidon oder Risperidon eingestellt wurden. Bei bestimmten Patienten mit Schizophrenie und früherem Ansprechen auf orales Paliperidon oder Risperidon kann die Depot-Injektionssuspension ohne vorherige Einstellung auf eine orale Behandlung angewendet werden, wenn die psychotischen Symptome leicht bis mittelschwer sind und eine Behandlung mit einem Depot-Antipsychotikum erforderlich ist.


Quelle

Fachinformation Xeplion Depot-Injektionssuspension, Stand März 2011.

Dr. Werner Kissling, München, Prof. Dr. Gerd Laux, Wasserburg a. Inn: Launch-Pressekonferenz "Xeplion® (Paliperidonpalmitat) – eine neue Zukunftsperspektive in der Schizophrenietherapie", Frankfurt, 6. Mai 2011, veranstaltet von der Janssen-Cilag GmbH, Neuss.


Medizinjournalistin Christine Vetter



DAZ 2011, Nr. 21, S. 37

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