Arzneimittel und Therapie

Vitamin E hilft kaum gegen Fettleber

Eine Leberverfettung (Steatose) kann sich nicht nur bei Menschen mit hohem Alkoholkonsum entwickeln. Auch fett- und/oder zuckerreiche Ernährung führt zur übermäßigen Ansammlung von Lipiden, vor allem Triglyceriden, in den Hepatozyten. Wegen der Zunahme von Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter ist auch die junge Generation zunehmend von derartigen Erkrankungen betroffen. Eine Studie untersuchte, ob eine Behandlung mit Vitamin E oder Metformin der Leberverfettung bei Kindern und Jugendlichen Einhalt gebieten kann.

Je nach Verfettungsgrad und Begleiterscheinungen unterscheidet man verschiedene Formen: eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (non-alcoholic fatty liver disease, NAFDL) liegt vor, wenn bei einer Person ohne signifikanten Akoholkonsum in mindestens 5% der Leberzellen Fett (meist in Form von Triglyceriden) gespeichert ist. Bei einer Fettleber beträgt der Anteil dieser Hepatozyten mehr als 50%. Da eine fett- und zuckerreiche Ernährung die Produktion proinflammatorischer Zytokine stimulieren kann, entwickelt sich bei einem Teil der Betroffenen eine nicht-alkoholische Steatohepatitis (non-alcoholic steatohepatitis NASH, "Fettleber-Hepatitis"), die letztendlich – auch bei Kindern – zu Leberfibrosen, Leberzirrhose und hepatozellulärem Karzinom führen kann. Außerdem erhöht eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung im Kindesalter nachweislich das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. In den USA hat sich die NAFDL zur häufigsten Ursache für chronische Lebererkrankungen bei Kindern und Jugendlichen entwickelt.

TONIC-Studie

Abgesehen von Empfehlungen zur gesunden Lebensweise, insbesondere ausreichender Bewegung, gibt es für Kinder und Jugendliche mit nicht-alkoholischer Fettlebererkrankung bisher keine Behandlungsmöglichkeiten. Um zu prüfen, ob eine Gabe von Vitamin E bzw. Metformin eine Therapieoption sein könnte, konzipiert man die randomisierte, doppeltblinde, placebokontrollierte klinische Studie TONIC (Treatment of NAFDL in children), deren Ergebnisse kürzlich in der amerikanischen Fachzeitschrift JAMA veröffentlicht wurden. Die Studie schloss 173 Kinder und Jugendliche mit Biopsie-gesicherter, nicht-alkoholischer Fettlebererkrankung im Alter zwischen acht und 17 Jahren ein, die Alaninaminotransferase (ALT)-Spiegel über 60 U/l oder einer Steatose von mehr als 5% in der Leberbiopsie aufwiesen. 81% waren männlich, 61% lateinamerikanischer Herkunft, die meisten waren übergewichtig oder adipös (mittlerer BMI 34). Sie wurden in drei Gruppen eingeteilt: über einen Zeitraum von 96 Wochen verabreichte man ihnen entweder täglich 800 IU Vitamin E (n = 58), 1000 mg Metformin (n = 57) oder Placebo (n = 58). Am Studienende wurde eine perkutane Leberbiopsie durchgeführt. Primärer Endpunkt war eine anhaltende Reduktion der ALT-Spiegel auf die Hälfte oder weniger des Basiswertes oder auf Werte von 40 U/l oder weniger alle zwölf Wochen zwischen der 48. und 96. Woche. Die Aktivität dieses Enzyms ist bei Kindern ein Marker für die NAFDL-Aktivität sowie das Fibrose-Stadium. Sekundäre Endpunkte waren histologisch sichtbare Verbesserungen der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung und der Rückgang einer NASH.

Keine signifikanten Unterschiede am Studienende

Zwar zeigte sich nach 24 bzw. 48 Wochen Studiendauer bezüglich der Abnahme der ALT-Spiegel zunächst ein signifikanter Unterschied zwischen der Behandlung mit Vitamin E und Placebo (p = 0,005 bzw. 0,04). Diese Differenz schrumpfte jedoch im weiteren Studienverlauf, da die ALT-Spiegel auch in der Placebogruppe kontinuierlich abnahmen. Die Autoren führen dies unter anderem auf eine gesteigerte Motivation der Kinder zu gesunder Lebensweise wegen der Studienteilnahme zurück. Nach 96 Wochen betrug die mittlere Abnahme der ALT-Spiegel bezogen auf den Ausgangswert unter Placebo -35,2 U/l im Vergleich zu -48,3 U/l unter Vitamin E (p = 0,07) und -41,7 U/l unter Metformin (p = 0,40). Prozentual entspricht dies einer Abnahme bei 17% der Placebo-Patienten, bei 26% der mit Vitamin E und bei 16% der mit Metformin Behandelten. Obwohl alle Studienteilnehmer Empfehlungen zur gesunden Lebensweise erhalten hatten, erhöhte sich im 8-monatigen Studienzeitraum ihr Körpergewicht im Mittel um 12,6 kg (95% KI 11,0 bis 14,3), der BMI im Mittel um 1,8 (95% KI 1,3 bis 2,2) und der Bauchumfang um 5,1 cm (95% KI 3,6 bis 6,5). Die Lebensqualität verbesserte sich in allen drei Gruppen vergleichbar. Bei der Häufigkeit bzw. Schwere unerwünschter Wirkungen gab es ebenfalls keine signifikanten Unterschiede. Ein Diabetes mellitus entwickelte sich in der Placebogruppe bei fünf Kindern, in der Metformin-Gruppe bei einem und in der Vitamin-E-Gruppe bei keinem Teilnehmer.

Kinder, bei denen die Leberbiopsie zu Studienbeginn bereits eine NASH ergeben hatte, profitierten deutlich von der Vitamin-E-Behandlung: unter Placebo besserte sich diese Erkrankung nach 96 Wochen bei 28% der Betroffenen, in der Vitamin-E-Gruppe bei 58% (p = 0,006) der Teilnehmer, in der Metformin-Gruppe bei 41% (p = 0,23).

Obwohl die Studie bezüglich des primären Endpunktes nicht den erhofften Erfolg brachte, werten die Autoren dies als positives Ergebnis der Untersuchung. Sie regen außerdem an, nicht-invasive Marker für die Diagnose von nicht-alkoholischer Fettlebererkrankung und nicht-alkoholischer Steatohepatitis zu entwickeln, da das Risiko einer Leberbiopsie den Erfolg einer Therapie überwiegen dürfte, falls diese einmal gefunden werden kann.


Quelle

Lavine, J.E., et al.: Effect of vitamin E or metformin for treatment of nonalcoholic fatty liver disease in children and adolescents. The TONIC randomized controlled trial. J Am Med Assoc (2011) 305: 1659 – 1668.


Apothekerin Dr. Claudia Bruhn



DAZ 2011, Nr. 20, S. 45

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