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Mykosen
Pilzinfektionen sind heilbar
Tinea pedis – Fußpilz
Das Erregerspektrum der Tinea pedis ist vielseitig. Es wird angeführt von Hautpilzen (Dermatophyten) wie Trichophyton rubrum (Abb. 1), gefolgt von Hefepilzen wie Candida albicans und dem Schimmelpilz Scopulariopsis brevicaulis.
Dermatophyten wachsen bei 25 – 28 °C und feuchter "Kälte". Befallen werden daher bevorzugt Füße von Diabetikern, Rauchern, älteren Menschen und Patienten mit Durchblutungsstörungen. Da auch Sportler und Kinder erkranken können, kommen Faktoren wie mechanische Belastung bei Sport und Spiel, die Beschaffenheit der Schuhe und andere Risiken hinzu. Die Ursache ist immer der Erreger. Die Umstände führen jedoch dazu, dass die Erkrankung immer häufiger auftritt (etwa 30% der Bevölkerung).
Die Infektionsquelle befindet sich oft in der Familie. Übertragen wird die Infektion durch Pilzsporen, die bei – 20 bis 80 °C überleben können und sich daher auch am Boden einer Saunakabine oder in Schneeschuhen befinden können. Die Notwendigkeit zur Behandlung ergibt sich aus dem Charakter der Infektion. Sie kann sich ausbreiten, von den Füßen zu den Nägeln, in die Leistengegend, aufsteigend über die Hände bis ins Gesicht, wenn nicht behandelt wird.
Therapie der Tinea pedis
Die Mykosen der Zehenzwischenräume und des Fußes können erfolgreich lokal behandelt werden. Die wichtigsten Wirkstoffe rezeptfreier Präparate sind Bifonazol (z. B. Canesten® Extra), Terbinafin (z. B. Lamisil®) und Ciclopirox (z. B. Ciclopoli); sie unterscheiden sich im Wirkspektrum (Tab. 1).
Tab. 1: Vergleich häufig eingesetzter topischer Antimykotika: Einsatzgebiete, Wirkspektrum und Wirksamkeit gegen einzelne Erreger: + wirksam, – nicht wirksam, (–) gering wirksam | |||||
Einsatzgebiete/ Wirksamkeit |
Ciclopirox |
Bifonazol |
Clotrimazol |
Terbinafin |
Amorolfin |
Hautmykosen |
+ |
+ |
+ |
+ |
+ |
Nagelmykosen |
+ |
+ |
– |
– |
+ |
Vaginalmykosen |
+ |
– |
+ |
– |
– |
Antimykotisches Wirkspektrum |
breit |
breit |
lückenhaft |
lückenhaft |
lückenhaft |
T. rubrum |
+ |
+ |
+ |
+ |
+ |
T. interdigitale |
+ |
+ |
– |
+ |
+ |
C. albicans |
+ |
+ |
+ |
– 1
|
– 2
|
C. glabrata |
+ |
+ |
– |
– |
– |
S. brevicaulis |
+ |
+ |
– |
(–) |
– 2
|
M. canis
3
|
+ |
+ |
+ |
(–) |
– |
T. mentagrophytes
3
|
+ |
+ |
– |
+ |
– |
T. verrucosum
3
|
+ |
+ |
– |
+ |
– |
M. furfur
4
|
+ |
+ |
+ |
– |
– |
Sporozid |
+ |
– |
– |
– |
– |
Antiphlogistisch |
+ |
+ |
+ |
– |
– |
Antibakteriell5
|
+ |
+ |
+ |
– |
– |
1 wirksam in der Myzelphase, nicht wirksam bei der Hefeform 2 nur bei wenigen Stämmen dieser Pilzart wirksam
3 zoophiler Dermatophyt (von Katze, Hund, Meerschweinchen, Kaninchen, Rind) 4 Erreger der Pityriasis versicolor (Kleienflechte) 5 gegen Corynebacterium minutissimum, den Erreger des Erythrasma
Das Prinzip der Selbstmedikation besteht darin, empirisch zu behandeln, ohne den Erreger zu kennen. Aus diesem Grund sollten möglichst Medikamente mit breitem Wirkspektrum eingesetzt werden. Diesen Anspruch erfüllen Bifonazol und Ciclopirox, da sie keine Wirksamkeitslücken besitzen. Ciclopirox verfügt zudem über einen Mechanismus, der die Pilze nicht nur während der Myzelbildung, sondern auch in der Ruhephase angreift (es wirkt sporozid). Herausragend ist die Hemmung der Produktion von Katalase, wodurch das in der Pilzzelle anfallende toxische H2O2 nicht mehr metabolisiert werden kann. Daher ist Ciclopirox für die empirische Fußpilz-Therapie optimal.
Entscheidend für den Heilerfolg ist auch die Therapiedauer. Es sollte nie zu kurz behandelt werden, sondern in der Regel mindestens zwei Wochen lang. Die Ein-Tages-Therapie mit topischem Terbinafin (Lamisil® Once) ist umstritten, weil es fraglich ist, ob ein für 14 Tage reichendes Depot in der Haut aufgebaut wird. Die Haut regeneriert sich sehr schnell und schilfert dabei Fremdkörper ab. Schädlich für das Depot ist auch die Schweißbildung, die bei Mykosepatienten häufig intensiver ist. Hinzu kommt die Eigenschaft von Dermatophyten, unter der Wirkung von Terbinafin resistente Sporen zu bilden (Abb. 1). Die Folge sind Rezidive nach kurzer Zeit, deren Entstehung durch Anwendung des sporoziden Ciclopirox vermieden werden kann (Abb. 2). Die Grenzen der Selbstmedikation sind erreicht, wenn die Infektion den ganzen Fuß und mehrere Nägel befallen hat.
Tinea unguium – Onychomykose oder Nagelpilz
Die Onychomykose ist eine der am schwierigsten zu behandelnden Mykosen. Sie tritt meist in der zweiten Lebenshälfte auf und ist fast immer die Folge einer unzureichend behandelten Fußmykose, hervorgerufen durch die gleichen Erreger. Ab dem 65. Lebensjahr ist jeder Zweite betroffen. Es erkranken zunehmend auch Kinder, was die Onychomykose zu einer häufigen (12 – 17% der Bevölkerung) und zu einer Mehrgenerationen-Erkrankung macht.
Therapie der Onychomykose
Der Schlüssel zum Erfolg liegt im Zusammenspiel von äußerer (topischer) und innerer (systemischer) Therapie. Erst der Zugang der Antimykotika zu den Infektionsorten ermöglicht eine 100%ige und rezidivfreie Heilung. Je gründlicher topisch behandelt wird, desto schonender kann die systemische Therapie sein. Die Behandlung erfolgt in drei Schritten.
• Erster Schritt: Entfernen der infizierten Nagelmasse
Die Entfernung ist notwendig, da kein systemisches Medikament alle Erreger in verdickten Nägeln von innen her zu erreichen vermag. Optionen: Fräsen, Laser und Selbstbehandlung mit 40%igem Harnstoff. Letzteres ist die einzige Methode, die mit hoher Effizienz schmerzfrei und ohne Trauma erfolgt, in der Regel über zwei Wochen. Sie kann verlängert und beliebig oft wiederholt werden, bis der kranke Nagel komplett abgetragen ist. Stark verdickte Nägel können vorher zu einem verträglichen Maß steril abgefräst werden. Die rezeptfreien Harnstoffpräparate enthalten entweder nur Harnstoff (z. B. Onychomal®, Onyster®) oder den Zusatz von Bifonazol (z. B. Canesten® Extra Nagelset), womit das abgelöste Nagelmaterial nicht mehr infektiös ist.
• Zweiter Schritt: Topische Antimykotika
Die "Nagelwunde" muss danach antimykotisch behandelt werden. Üblich ist die Auftragung eines Nagellacks (Wirkstoff Ciclopirox oder Amorolfin, Tab. 1). Ciclopirox weist ein breites Wirkspektrum auf (auch gegen Staphylococcus aureus, s. Abb. 3), während Amorolfin gegen T. rubrum stärker wirksam ist. Bei dem wasserlöslichen Ciclopoli® 8% Nagellack gewährleistet eine besondere Galenik (Ony-Flex®) die Penetration des Wirkstoffs Ciclopirox durch den Nagel. Dagegen entfalten die Lacke auf Acryl-Grundlage (z. B. Nagel Batrafen®, Loceryl® Nagellack) ihre Wirkung durch Okklusion.
• Dritter Schritt: Systemische Therapie
Die systemische Therapie kommt zur Lokalbehandlung hinzu und ist obligatorisch, wenn über 50% des Nagels oder mehr als drei Nägel gleichzeitig betroffen sind. Geeignet sind Präparate mit guter Verträglichkeit, breitem Wirkspektrum, geringem Interaktionspotenzial und niedriger Wirkstoffmenge. Diesen Ansprüchen werden Fluconazol (z. B. Flunazul®) und Terbinafin (z. B. Dermatin®) gerecht. Fluconazol ist wegen der exzellenten Verträglichkeit bei Kindern zu favorisieren, Terbinafin aufgrund nur weniger Interaktionen bei älteren Patienten. Der Stellenwert von Itraconazol (Sempera®) liegt in seiner Wirksamkeit gegen den Erreger Scopulariopsis brevicaulis. Wichtig ist daher vor Beginn der systemischen Therapie die Bestimmung des Erregers (Tab. 2). Nach der täglichen Einnahme in der kurzen Anflutungsphase (Kinder 3 Tage) müssen die systemischen Antimykotika nur noch einmal pro Woche oder in Zyklen (Itraconazol) eingenommen werden, bis der gesamte Nagel gesund herausgewachsen ist. Parallel ist die topische Therapie fortzusetzen (Abb. 4).
Fazit: Voraussetzung für den kompletten Heilerfolg ist das Zusammenspiel der topischen und systemischen Therapien. Wenn der Erreger von zwei Seiten her bekämpft wird, ist jede Onychomykose heilbar.
Tab. 2: Systemische Therapien der Onychomykose nach Identifikation des Erregers | ||
Erreger |
Wirkstoff |
Dosierung, Dauer |
T. rubrum
C. albicans
|
Fluconazol |
150 mg/d, 7 Tage1
, dann 150 mg/Woche |
T. rubrum
C. albicans
S. brevicaulis
|
Itraconazol |
200 mg/d, 7 Tage, dann 200 mg/Woche2
|
T. rubrum
T. interdigitale
T. mentagrophytes
|
Terbinafin |
250 mg/d3
, 14 Tage, dann 250 mg/Woche |
1 bei Kindern bis zu 6 Jahren: 100 mg/d, 3 Tage2 oder Intervalltherapie: 200 mg/d, 7 Tage, dann 3 Wochen Pause usw.3 bei Kindern unter 40 kg KG: 125 mg/d |
Vaginalmykose oder Scheidenpilz
Statistisch gesehen erleidet jede zweite Frau mindestens eine Infektion pro Jahr. Die Erkrankung verläuft meist unkompliziert, ist lokal begrenzt und zeigt keine allgemeinen Symptome. Die wichtigsten Erreger sind C. albicans (> 90%) und seltenere Arten wie C. glabrata und C. krusei. Die meisten Frauen sind sich in der Selbstdiagnose sicher, behandeln in Eigenregie und gehen nicht zum Arzt. Die Infektion im Falle von C. albicans ist eine verlässliche "Blickdiagnose": Rötung, Juckreiz und ein säuerlicher weißlicher Ausfluss (Abb. 5). Sie ist mit rezeptfreien Präparaten stets heilbar, wenn die Diagnose stimmt.
Die Therapie versagt, wenn es sich um nichtinfektiöse Dermatosen wie Lichen ruber, Lichen sclerosus, Psoriasis inversa, atopisches Ekzem (Neurodermitis) oder eine Infektion mit C. glabrata handelt. Bei diesen Erkrankungen fehlt der typische Ausfluss. Frauen, bei denen dies der Fall ist, müssen zum Arzt gehen, ebenso Schwangere und Patientinnen, bei denen die Mykose häufig wiederkehrt (4 Rezidive pro Jahr).
Topische Therapie
Mittel der Wahl bei C. albicans sind Clotrimazol und Miconazol sowie das (für die vaginale Anwendung) rezeptpflichtige Ciclopirox. Nystatin ist ihnen signifikant unterlegen.
Der Trend in der Selbstmedikation geht zur Ein-Tages-Therapie, die aufgrund der biologischen Eigenschaften von C. albicans erfolgreich sein kann. Voraussetzungen sind eine hohe Wirkstoffkonzentration (500 mg Clotrimazol) und der Zusatz von Milchsäure (z. B. Canesten® GYN Once). Die hohe Dosis bildet fungizide Wirkstoffspiegel über mehr als 72 Stunden. Der saure pH-Wert erhöht die Wirksamkeit des Antimykotikums und die Sensibilität des Erregers.
Mittel der Wahl gegen C. glabrata und C. krusei ist Ciclopirox (z. B. inimur® myko). Da es auch Azol-resistente Dauerformen von C. albicans angreift (Chlamydosporen), beugt es zugleich Rezidiven effizient vor.
Die vaginale Therapie sollte Nischen wie das Präputium der Klitoris stets mit einschließen, weil dort häufig Pilze siedeln.
Säure nicht zur Nachbehandlung geeignet!
"Je saurer das Milieu, desto besser ist die Therapie" – so richtig dieser Satz ist, so falsch ist seine Übertragung auf die Nachbehandlung einer Mykose oder auf deren "Prophylaxe". Insbesondere Milchsäurebakterien gelten fälschlich als Garanten zum Schutz vor einer neuen Mykose. Auch die Hersteller solcher Produkte pflegen dieses Image. Das Internet boomt mit Ratschlägen, bis hin zur Anwendung von Tampons mit Jogurt. Sogar eine Impfung wird empfohlen, deren Milchsäurebakterien vor einer Pilzinfektion schützen sollen (Gynatren®).
Richtig ist, dass das physiologisch saure Milieu der Scheide ein hervorragendes Protektorat gegen bakterielle Erreger bildet. Es bietet Schutz vor Chlamydien, Mykoplasmen, Streptokokken und Erregern von Harnwegsinfektionen wie E. coli oder P. mirabilis. Gegen pathogene Pilze wirkt es dagegen nicht. C. albicans ist acidophil und siedelt sogar im Magen bei einem pH-Wert von 2,5. Dieser Pilz liebt die Säure und ist mit den Milchsäurebakterien in der Scheide in Symbiose vereint. Es ist auch kein Zufall, dass die Pilzinfektion meist vor der Menstruation auftritt. In dieser Zeit werden die Epithelzellen abgestoßen. Deren Glykogen wird frei und von den Laktobazillen unter Bildung von Säure in Zucker verwandelt. C. albicans wird dadurch virulent und ruft zu diesem Zeitpunkt fast immer die typischen Beschwerden hervor. Folglich ist auch der Ausfluss sauer. Unter dem Mikroskop lassen sich Pilze und massenhaft Laktobazillen nachweisen, die dem Erreger ganz offenkundig nicht schaden.
Die Scheidenflora muss nach der Therapie nicht "neu aufgebaut" werden, da das Antimykotikum diese Keime nicht zerstört – es sei denn, eine Antibiotikatherapie ist vorausgegangen, was sicher die Ausnahme ist. Nach Anwendung von Laktobazillen oder säurehaltigen Cremes kehrt die Infektion sogar schneller zurück. Viele Frauen haben diese Erfahrung gemacht, folgen aber verzweifelt dennoch diesen Empfehlungen.
Auch aus physiologischen Gründen ist es kontraproduktiv, Säureprodukte anzuwenden. Nach der Infektion ist das Gewebe gereizt und empfindlich. Die postinfektiöse Vaginalhaut braucht keine Säure, sondern Pflege und Regeneration. Geeignet sind säurefreie Vaginalgels mit Hyaluronsäure als Feuchtigkeitsspeicher (z. B. Gynomunal, enthält auch Vitamin E und Hopfenextrakt).
Rezidivprophylaxe
Das Problem der vaginalen Pilzinfektionen besteht in der hohen Rezidivrate. Bei etwa 10% der Patientinnen kehrt die Infektion immer wieder. Es ist eine Besonderheit der Mykosen, dass der Körper gegen sie keine Immunität entwickelt. Risiken sind
eine gewisse genetische Veranlagung, wie das Vorhandensein von Andockstellen (Rezeptoren) für die Erreger,
Stress,
die Anwendung von Antibiotika sowie von oralen Kontrazeptiva und
Infektionsquellen, aus denen der Erreger wiederkehrt.
Da der Erreger die Ursache der Mykose ist, müssen die Quellen der Infektion herausgefunden und mitbehandelt werden (Tab. 3). So können auch Frauen mit chronischer Vaginalmykose dauerhaft geheilt werden. Das wichtigste Pilzreservoir ist der Darm, der meist von Geburt an besiedelt ist. Wenn das der Fall ist, ist die erste Infektion noch vor dem ersten Geschlechtsverkehr typisch.
Tab. 3: Endogene und exogene Infektionsquellen bei chronischer Vaginalmykose | |
Patientin |
Mund, Darm, Spirale, Klitoris (Präputium), Schamhaar, Piercings |
Sexualpartner |
Mund, Penis (bei Diabetikern), Sperma (C. glabrata), Piercings |
Umwelt |
Whirlpool, Milchprodukte (Tampons mit Jogurt!), Hospitalisierung (bei gynäkologischen Eingriffen: C. glabrata
!) |
Die Darmsanierung erfolgt mit Nystatin-Dragees (z. B. Biofanal®, 2 × 2 Dragees täglich). Zuckerfreie Diäten sind kontraproduktiv, denn die Pilze sterben ohne Zucker nicht ab, sondern stellen sich auf Fett oder Eiweiße um. Die strenge Zuckerabstinenz schadet zudem der Phagozytose und ist deshalb eher ein Risikofaktor. Das Gleiche gilt für Antibiotika, da sie über eine Selektion der Darmpilze zu deren Übertritt in die Vagina beitragen. Zu beachten ist, dass die Nystatin-Kur nur dann erfolgreich ist, wenn zuvor der Mund saniert wurde und erregerfrei ist.
Der Mund des Sexualpartners ist eine wichtige externe Infektionsquelle, insbesondere bei Oralverkehr. In solchen Fällen sind eine gründliche professionelle Zahnreinigung und eine Mundreinigung mit Miconazol notwendig (z. B. Infectosoor® Mundgel).
Ein hohes Risiko ist die Hormonspirale, an die sich die Erreger dauerhaft anheften können. Dort wirken auch die systemischen Antimykotika nicht, sodass deren Entfernung notwendig ist.
Systemische Therapie
Bei über vier Rezidiven pro Jahr sollte zusätzlich zur topischen Therapie auch systemisch behandelt werden (Tab. 4). Mittel der Wahl gegen C. albicans ist Fluconazol (z. B. Flunazul®): 200 mg an den ersten drei Tagen täglich, danach 200 mg pro Woche über 17 Wochen. Bei Infektionen mit C. glabrata ist eine kombinierte Therapie mit Posaconazol (Noxafil®) und Ciclopirox (z. B. inimur® myko) möglich, die zwecks Erstattung (GKV-Versicherte) bei der Krankenkasse zu beantragen ist.
Die heutigen systemischen Antimykotika sind sehr gut verträglich, zumal sie im Zusammenspiel mit der Lokalbehandlung bei den meisten Mykosen nur noch einmal wöchentlich eingenommen werden.
Tab. 4: Systemische Therapien der chronischen Vaginalmykose nach Identifikation des Erregers | ||
Erreger |
Wirkstoff |
Dosierung, Dauer |
C. albicans |
Fluconazol
Itraconazol
|
200 mg/d, 3 Tage, dann 200 mg/Woche4
200 mg/d, 3 Tage, dann 200 mg/Woche4
|
C. glabrata u.
C. krusei
|
Posaconazol1, 2
Caspofungin1, 3
|
800 mg/d, 15 Tage
70 mg/d, 1 Tag, dann 50 mg/d, 3 Wochen
|
1 Medikament ist für diese Indikation noch nicht zugelassen 2 nach Resistenztestung 3 i.v. 4 über mehrere Monate, Dauermedikation möglich |
Literatur beim Autor
Autor
Prof. Dr. med. habil. Hans-Jürgen Tietz, Institut für Pilzkrankheiten und Mikrobiologie, Luisenstr. 50, 10117 Berlin, tietz@institut-fuer-pilzkrankheiten.de
Ergänzende Fragen an Professor TietzDAZ: Zum Fußpilz: Ist die Einmalbehandlung des Fußpilzes sinnvoll? Erreicht man mit der Einmalbehandlung eine Heilung? Tietz: Es gibt einzelne Patienten, die geheilt werden können. Grundsätzlich ist das jedoch nicht der Fall, vor allem nicht anhaltend. Der Erfolg der Einmalbehandlung ist eine Illusion. Denn die Voraussetzung wäre ein Depot, von dem aus der Wirkstoff über mindestens zwei Wochen in fungizider Konzentration an das infizierte Gewebe abgegeben wird. Die Haut ist jedoch mit Schweiß gesättigt und regeneriert sich sehr schnell. Dadurch wird das Depot nach kurzer Zeit abgestoßen. Das Prinzip der Therapie sollte darin bestehen, den Wirkstoff täglich nachzulegen, damit keine resistenten Sporen entstehen und die Haut über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen heilen kann. Erst die physiologisch gesunde und sporenfreie Haut darf als geheilt gelten. Optimal ist die tägliche Anwendung einer sporoziden Substanz wie Ciclopirox. DAZ: Bei der topischen Therapie des Nagelpilzes mit medizinischen Lacken stellt sich die Frage nach dem Behandlungsschema: tägliche Anwendung eines Nagellacks oder einmal wöchentliche Behandlung? Wozu raten Sie? Wo sehen Sie die besten Heilungschancen? Tietz: Die Frage ist, ob der Wirkstoff an den Ort der Infektion gelangen kann. Einen verdickten "Pilznagel" einmal in der Woche mit einem Acryllack zu bestreichen, ist keine ausreichende Therapie. Optimal ist das Abtragen stark verpilzter Nägel mit 40%igem Harnstoff und die anschließende tägliche Behandlung mit einem sporoziden, gut penetrierenden, wasserlöslichen Lack. Ist der Nagel nicht verdickt, kann sofort täglich lackiert werden, ohne Feile und ohne Lackentferner, der wegen der Inhaltsstoffe für manche Patienten toxisch ist. DAZ: Eine Frage, die von Frauen aus kosmetischen Gründen häufig gestellt wird: Ist es möglich, bei einer topischen Therapie des Nagelpilzes mit Nagellacken den Fußnagel der Optik wegen mit einem kosmetischen Farblack zu überpinseln? Tietz: Das ist grundsätzlich möglich. Ich halte davon jedoch nichts. Die Behandlungszeit ist kein Schaulaufen. Ein kosmetischer Lack kaschiert das Problem eher, anstatt es zu lösen. Ausnahmetage sind natürlich erlaubt, wobei die richtige Therapie nach einer gewissen Zeit von sich aus einen wieder schönen Nagel produziert. DAZ: Sie haben es in Ihrem Beitrag erwähnt, aber eine Nachfrage zur Klarstellung, da man hier immer wieder unterschiedliche Meinungen hört: Welche Vorgehensweise ist bei der Therapie der Vaginalmykose im akuten Stadium und zur Nachbehandlung anzuraten? Ist ein saures Scheidenmilieu sinnvoll? Soll der pH-Wert in der Scheide gesenkt werden? Tietz: Vaginalpilze lieben Säure. Sie gedeihen in diesem Milieu besonders gut und werden durch den Wachstumsschub noch empfindlicher gegenüber den Antimykotika. Ein Absenken des pH-Wertes während der Therapie ist deshalb sinnvoll, zumal auch die Antimykotika im Sauren ihr Wirkoptimum haben. Säure nach der Therapie ist dagegen falsch. Die nach der Infektion noch empfindliche Vaginalhaut braucht Pflege und keine Säure. Der pH-Wert von Frauen, die zu Mykosen neigen, ist übrigens fast immer physiologisch. Auch Milchsäurebakterien sind in der Regel reichlich vorhanden, sodass kein Bedarf für derartige Nachbehandlungen besteht. Anders ist das bei Harnwegsinfekten. Hier fehlt die gegen die Bakterien schützende Flora oft und muss aufgebaut bzw. durch Säureprodukte dauerhaft ersetzt werden. Dies gilt auch, wenn der Pilzinfektion eine Antibiotikatherapie vorausgegangen ist. Doch nur dann. Säure ist eine Allzweckwaffe gegen Bakterien, gegen Erreger von Vaginalmykosen ist sie machtlos. |
Literaturtipp
Infektionskrankheiten gehören zu den wenigen Krankheitsgruppen, von denen die allermeisten bei rechtzeitiger Diagnosestellung nicht nur therapierbar, sondern auch heilbar sind. Teil der Diagnose ist die Identifizierung des Erregers. Bei der folgenden Auswahl des Mittels werden Wirksamkeit und Risiken wie Resistenzen gegeneinander abgewogen. Der Schwerpunkt dieses Buches, das in 2. Auflage erschienen ist, liegt auf den antibakteriellen Antibiotika (ca. 220 Seiten). Die Antimykotika werden auf etwa 40 Seiten abgehandelt.
Wolfgang R. Heizmann (Hrsg.) und Friedrich-Bernhard Spencker (Hrsg.)
Antiinfektiöse ChemotherapieFür Klinik und Praxis: Praktische Hinweise zur Therapie mit Antibiotika, Antimykotika, Virustatika und antiparasitären Mitteln
712 Seiten. Flex. 49,– Euro
Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004
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