Aus Kammern und Verbänden

Pudimat fordert mehr Honorar

Bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern am 29. April in Rostock fasste der Verbandsvorsitzende Axel Pudimat die derzeitigen Belastungen der Apotheken zusammen. Seine schonungslose Analyse vor den etwa 160 Teilnehmern ergab ein niederschmetterndes Bild. Daher forderte Pudimat nachdrücklich eine Honoraranpassung. Die Politik solle betrachten, welchen Nutzen die Apotheken der Gesellschaft bringen.
Foto: DAZ/tmb
Referenten (von links): Dr. Sabine Richard (AOK Nordost), Sonja Jung (ABDA), Chris­tian Meyer (Treuhand Hannover), Axel Pudimat (Vorsitzender des AV Mecklenburg-Vorpommern) und Dr. Heinz Weiß (Geschäftsführer des AV Mecklenburg-Vorpommern).

"Die Folgen des AMNOG sind verheerend", konstatierte Pudimat. Eine Regierung, die sich die Förderung des Mittelstandes auf ihre Fahnen schreibe, entziehe einem ganzen Berufsstand die wirtschaftliche Basis. Als Letzte in der Versorgungskette würden die Apotheken die Summe aller Einzelmaßnahmen des AMNOG unabgefedert spüren. Mit Blick auf die jüngste Werbung für Pick-up-Stellen unter dem Slogan "Apotheke im dm" erklärte Pudimat: "Wenn dieses Geschäftsmodell in größerem Stil Realität wird, brauchen wir uns über Qualitätsregeln bei uns nicht mehr zu unterhalten."

Zynisch: Mehr Leistung ohne Vergütungsanspruch

Für die Übernahme hoheitlicher Aufgaben würden die freien Berufe normalerweise eine staatlich festgelegte ausreichende Honorierung erhalten. Damit habe der Gesetzgeber eine Verantwortung. "Unseren Beitrag zur Finanzierung der Krankenkassen haben wir ab 2004 mit der Umstellung der Arzneimittelpreisverordnung geleistet", erklärte Pudimat, denn damit würden die Kassen jedes Jahr Millionen Euro sparen. Nun sei aber im AMNOG festgeschrieben, dass künftig durch gesetzgeberische Maßnahmen begründete zusätzliche Leistungen keinen zusätzlichen Vergütungsanspruch auslösen. "Das ist purer Zynismus", folgerte Pudimat.

Vor diesem Hintergrund forderte Pudimat "eine überfällige Honoraranpassung für die Apotheken und eine Korrektur der im AMNOG über das Ziel hinausgeschossenen Sparmaßnahmen". Das Apothekenhonorar sollte zumindest entsprechend der Grundlohnsummensteigerung dynamisiert werden, wie es für die Ärzte vorgesehen sei. Außerdem sollten die Vergütungen für die Rezeptur und für die immer weiter steigenden Dokumentationspflichten angepasst werden.


"Dass es in Deutschland solche Gesetze gibt, glaubt uns der Bürger nicht, weil es jeder Logik und Vernunft entbehrt, solche Regeln zu schaffen. "

Axel Pudimat zur Mehrkostenregel

Die Anpassung des Kassenrabattes sei dagegen kein angemessenes Mittel, wie die bisherigen Ergebnisse deutlich machen würden. Die Apotheken seien wegen der verschiedenen Kostenstrukturen unterschiedlich stark gefährdet. Das Apothekensterben werde ein langsamer Prozess sein, denn die Apotheker würden ihre Apotheken "auf Verschleiß fahren, sich irgendwie durchmogeln".

Klare Regeln und Vorschriften gefragt

Pudimat kritisierte auch die unlogischen Vorschriften. Die unverständliche Gestaltung der Mehrkostenregel führe dazu, dass die Patienten die Apotheker als Betrüger beschimpfen, wenn sie von der Krankenkasse nur wenige Cent zurückerhalten. "Stoppt diesen Wahnsinn", forderte Pudimat. Auch die anstehende Novellierung der Apothekenbetriebsordnung schüre die Existenzangst der Apotheker.

"Wer gesetzliche Rahmenbedingungen festlegt, muss sich auch seiner Verantwortung bewusst sein und praktisch anwendbare Regeln schaffen. "

Axel Pudimat

"Die Verunsicherung ist groß angesichts der Bedrohung durch zusätzliche Belastungen", so Pudimat. Denn das gekürzte Honorar lasse praktisch keinen Spielraum für zusätzliche Anforderungen. Die Apotheker seien bereit für neue Aufgaben und Verantwortung, wenn sie die wirtschaftliche Basis dafür bekämen. Sie könnten aber nichts mehr kostenlos durch Quersubventionierung erbringen. Der Verweis auf die Selbstverwaltung und vertragliche Lösungen führe auch nur begrenzt weiter, weil die Krankenkassen ganz andere Ziele verfolgen "und uns mit den praktischen Problemen der Patienten dann allein lassen", so Pudimat.

Dagegen könnten "intelligente Vertragsmodelle" zu Änderungen bei den Herstellern führen. Bei Grippeimpfstoffen seien die Kosten so um 40 Prozent gesenkt worden.

Probleme aus Verbandssicht

Im Zusammenhang mit der Arbeit der Geschäftsstelle beklagte Pudimat besonders die Vorgehensweise einiger Krankenkassen bei Retaxationen. Die Apotheker würden "wie Diebe mit Vollabsetzungen abgestraft, obwohl wir nur eine kleine Formalie übersehen haben und manchmal der Fehler sogar zugunsten der Kasse wirkt". "Benutzen Sie das Mittel der Retaxation mit Augenmaß", appellierte Pudimat an die Krankenkassen. Für die Zukunft könnten weitere Probleme aus der neuen AMNOG-Bestimmung entstehen, die Krankenkassen dem Kartellrecht zu unterstellen. Möglicherweise könnten die Lieferverträge als kartellrechtswidrige Preisabsprache angegriffen werden, obwohl mit der Gesetzesänderung etwas ganz anderes beabsichtigt worden sei. Hier bestünden widersprüchliche Rechtsnormen, doch die Apotheker müssten in der Praxis eine Lösung finden.

AOK Nordost für regionale Lösungen

Unabhängig von seiner Kritik an der Vorgehensweise vieler Krankenkassen wies Pudimat auf den fairen und erfolgreichen Umgang mit der AOK im Land hin. Die bisherige AOK Mecklenburg-Vorpommern wurde zum Jahresende mit der AOK Berlin-Brandenburg zur AOK Nordost fusioniert, die nun etwa 1,8 Millionen Versicherte hat. Dr. Sabine Richard, Leiterin des Unternehmensbereiches Arzneimittel bei der AOK Nordost, erklärte, die Krankenkasse wolle auch nach der Fusion eine regionale Kasse bleiben und die guten regionalen Beziehungen weiter nutzen. Die AOK Nordost werde die Abrechnungen weiterhin selbst durchführen. Die regionale Zusammenarbeit solle gestärkt werden. Dazu zählte Richard auch die Beziehungen zu den Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern. Sie hob die hervorragende Rabattumsetzungsquote, besonders für Omeprazol und Pantoprazol, hervor, die seit einer Regelung von 2010 erreicht wurde.

Doch seien die in Mecklenburg-Vorpommern besonders hohen Kosten für Arzneimittel noch immer problematisch – erstaunlicherweise auch im Vergleich zu Brandenburg mit ähnlicher Morbidität und Demografie. Richard deutete an, dass bei Fertigarzneimitteln "eine gewisse Schmerzgrenze" bei der Apothekenmarge erreicht sei, sieht aber Handlungsbedarf bei Spezialrezepturen, weil die Hilfstaxe nicht immer den Markt abbilde. Hinsichtlich der Zusammenarbeit mit den Apotheken lobte sie – übereinstimmend mit Pudimat – "intelligente Vertragsmodelle", wie sie für Grippeimpfstoffe verwendet werden.

Neue Probleme mit Rabattverträgen

Von den im Rahmen der sechsten Welle der Rabattverträge ausgeschriebenen 80 Wirkstoffen konnte wegen laufender rechtlicher Verfahren bisher nur für 36 Wirkstoffe ein Zuschlag erteilt werden, erklärte Richard. Da spätere Einigungen frühestens zum 1. Juli in der EDV dargestellt werden können, drohe für einige Wirkstoffe, z. B. Omeprazol, Simvastatin und Enalapril, ein Problem nach Auslaufen der alten Rabattverträge am 1. Juni. Möglicherweise müssten die Patienten dann zweimal statt einmal umgestellt werden. Bei rechtzeitiger Einigung könnte die AOK aber möglicherweise vor dem 1. Juni über die neuen Vertragspartner informieren, ohne dass diese bereits in der EDV eingetragen sind.

Hilfsmittelversorgung: keine Margenkürzungen

Thomas Müller, Mitglied des Vorstandes des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, betonte, dass Quersubventionierungen in Apotheken kaum noch möglich sind. Der Verband werde bei Verhandlungen über Hilfsmittel keine neuen Preisgestaltungen vereinbaren, die nur durch Margenkürzungen zu realisieren seien.

Im Zusammenhang mit der Hilfsmittelbelieferung gab Dr. Heinz Weiß, Geschäftsführer des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, einen Überblick über die Präqualifizierung. Dies sei ein Antragsverfahren, das auf Eigenerklärungen beruhe. Angesichts dieser unproblematischen Vorgehensweise riet Weiß zur Nutzung der Präqualifizierung. Doch diese weise nur die Eignung für die Versorgung mit Hilfsmitteln nach und sei noch kein wirksamer Vertrag. Hierzu würden einige Krankenkassen auch ein QMS fordern, allerdings mit Übergangsfristen.

Neuer Vertrag über Abgabebestimmungen

Sonja Jung, ABDA, stellte die Abgabebestimmungen für Arzneimittel nach dem Rahmenvertrag gemäß § 129 (2) SGB V vor. Der neue Vertrag war aufgrund der Neuregelungen im AMNOG erforderlich und trat am 1. April in Kraft. Darin werden die Regelungen zur Aut-idem-Substitution, zur Packungsgrößenverordnung, zur Mehrkostenregel, zu Importarzneimitteln und zum Herstellerabschlag präzisiert.

Besonders ausführlich ging Jung auf die Neuerungen der Packungsgrößenverordnung ein. Die Einschränkung der Normgrößenbereiche habe dazu geführt, dass viele Packungen nicht mehr innerhalb dieser Bereiche liegen. Daraufhin wurden die Messzahlen vielfach wirkstoffabhängig definiert, sodass die Normgrößenbereiche jetzt meist wieder der Versorgungsrealität entsprechen. Problematisch für den Apothekenalltag könnte sich künftig die neue Regel auswirken, dass Hersteller die N-Größen nicht mehr aufdrucken müssen. Wenn diese Angaben fehlen, könne dies zu großem Erklärungsbedarf gegenüber den Patienten führen, fürchtet Jung.

Foto: DAZ/tmb
Der neu gewählte Vorstand und der frisch ernannte Ehrenvorsitzende des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern (von links): Kristian Frankenstein, Matthias Ratke, Dr. Gerhard Behnsen (Ehrenvorsitzender), Thomas Müller, Andrea Nowotny, Axel Pudimat (Vorsitzender) und Petra Kokel. (Zum Vorstand gehört außerdem Birka Zander, die nicht abgebildet ist.)

Die nun im Vertrag festgelegten, teilweise sehr komplexen Regeln sollen den Apothekern ermöglichen, die bisher abzugebenden Packungen noch abzugeben und so Verluste zu vermeiden. Außerdem wurde eine Friedenspflicht vereinbart, nach der für die Zeit von Januar bis Mai 2011 keine Retaxationen wegen der Regelung zu identischen Packungsgrößen stattfinden sollen.

Vorstandswahl

Im Rahmen der Mitgliederversammlung fand nach vierjähriger Amtszeit eine turnusmäßige Neuwahl des Verbandsvorstandes statt. Der frühere langjährige Vorsitzende Dr. Gerhard Behnsen kandidierte nicht mehr für den Vorstand und wurde zum Ehrenvorsitzenden des Verbands ernannt (siehe Bericht auf Seite 154).

Die übrigen bisherigen Vorstandsmitglieder wurden wiedergewählt. Dies sind der Verbandsvorsitzende Axel Pudimat, Rostock, sowie Petra Kokel, Stavenhagen, Birka Zander, Stralsund, Kristian Frankenstein, Güstrow, Thomas Müller, Marlow, und Matthias Ratke, Sternberg. Neu in den Vorstand wurde Andrea Nowotny, Anklam, gewählt. Weitere Berichte von der Mitgliederversammlung finden Sie auf den Seiten 20 und 24.


tmb



DAZ 2011, Nr. 18, S. 110

Das könnte Sie auch interessieren

Verbandsvorstand bestätigt

Retaxumfrage in Mecklenburg-Vorpommern

Vorstand des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern bestätigt

Pudimat und Kollegen wiedergewählt

Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern

Notdienst, Rabattverträge und Retax

Standesvertretung und Basis waren sich beim Verbandstreffen in Mecklenburg-Vorpommern nicht einig

Apothekenreform: faires Angebot oder „second best“?

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.