Arzneimittel und Therapie

5-Alpha-Reduktase-Hemmer und Alpha-Blocker kombinieren

Bei der diesjährigen Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Urologie in Wien wurde eine Studie zur Therapie der benignen Prostatahyperplasie diskutiert, in der eine Kombination aus Tamsulosin und Dutasterid eingesetzt wurde. Die Auswertung der Vier-Jahres-Daten spricht für die Kombinationstherapie, die zu einer Verbesserung von Symptomatik und Lebensqualität sowie zu einer Verringerung von Komplikationen führte.

Vor zehn Jahren wurden zur Therapie der benignen Prostatahyperplasie (BPH) vorwiegend Monosubstanzen aus der Gruppe der Alpha-Blocker oder der 5-Alpha-Reduktase-Hemmer eingesetzt. In einer Kombination von Vertretern unterschiedlicher Wirkstoffgruppen wurde kein Vorteil gesehen, da in kurz laufenden Studien (bis zu einem Jahr) kein Benefit durch den Einsatz mehrerer unterschiedlicher Wirkstoffe festgestellt wurde. Doch zwei umfangreiche, länger andauernde Studien kamen zu anderen Ergebnissen und konnten Vorteile zugunsten der Kombinationstherapie zeigen. Die etwas ältere MTOPS-Studie (publiziert 2003) mit über 3000 Probanden zeigte nach viereinhalb Jahren Nachbeobachtungsdauer im Vergleich zu einer Placebo-Gabe einen klinischen Benefit für die Kombination aus Finasterid und Doxazosin. Dieser betraf den Krankheitsprogress (primärer Studienendpunkt) mit einer signifikanten Reduktion des AUR-Risikos (AUR = akuter Harnverhalt) und einer geringeren Notwendigkeit invasiver Therapien. Ferner wurde unter der Kombinationstherapie die Symptomatik der Beschwerden verbessert.

In einer neuen Studie – der CombAT-Studie (CombAT = Combination of Avodart® and Tamsulosin) – wurde wiederum eine Kombination aus einem Alpha-Blocker und einem 5-Alpha-Reduktase-Hemmer eingesetzt. In dieser Langzeitstudie sollte geklärt werden, ob eine konsequente Dauertherapie mit Dutasterid plus Tamsulosin bei Patienten mit moderaten BPH-Symptomen und einem erhöhten Risiko einer BPH-Progression langfristig das Risiko von Komplikationen wie akutem Harnverhalt oder BPH-bedingten Operationen reduzieren kann. Im Vergleich zur MTOPS-Studie wurden Männer mit einem höheren Progressionsrisiko eingeschlossen.


Tab. 1: Therapie der benignen Prostatahyperplasie: Empfehlungen 2010

Risikokategorie
Therapieempfehlung
moderate bis ernste LUTS
(Low Urinary Tract Symptoms)
Alpha-Blocker
LUTS und Prostatavolumen >30 ml oder PSA-Wert >1,4 ng/ml und
hohes Progressionsrisiko
5-Alpha-Reduktase-Hemmer
moderate bis schwergradige LUTS und Prostatavolumen > 30 ml oder PSA-Wert > 1,4 ng/ml
Kombination aus 5-Alpha-Reduktase-Hemmer und Alpha-Blocker
Eine Kombinationstherapie aus Dutasterid und Tamsulosin kann bei Männern mit moderater bis ausgeprägter Symptomatik, Prostata-Volumen ≥ 30 ml und PSA ≥ 1,4 ng/ml für die Erst-Linien-Therapie eingesetzt werden (Level 1b-Evidenz).

Die CombAT-Studie

An der multizentrischen, randomisierten und doppelblinden Parallelgruppenstudie nahmen 4844 Männer im Alter ab 50 Jahren teil, die an einer benignen Prostatahyperplasie litten und für die folgende Kriterien zutrafen: Prostatavolumen > 30 ml, Gesamt-Serum-PSA > 1,5 ng/ml bis < 10,0 ng/ml, internationaler Prostata-Symptom-Score (IPSS) > 12 Punkte, maximaler Harnfluss (Qmax) > 5 bis < 15 ml/sec, Miktionsvolumen > 125 ml. Die Probanden erhielten einmal täglich entweder 0,5 mg Dutasterid oder 0,4 mg Tamsulosin oder die Kombination aus beiden Medikamenten (Duodart® ; die europäische Zulassung wurde im März 2010 erteilt, die Markteinführung in Deutschland erfolgte im Juni 2010). Während der gesamten vierjährigen Studiendauer wurde das Auftreten von akutem Harnverhalt und BPH-bedingten Operationen erfasst. Die BPH-Symptomatik (ermittelt über den IPSS-Score) wurde in dreimonatigen Abständen und der maximale Harnfluss in sechsmonatigen Abständen beurteilt.

Die Analyse der primären und sekundären Endpunkte war nach Ablauf von zwei und vier Jahren geplant. Primärer Endpunkt nach den ersten zwei Jahren war die Änderung des IPSS gegenüber dem Ausgangswert. Primärer Endpunkt nach insgesamt vier Jahren war die Zeit bis zum Auftreten eines akuten Harnverhalts oder BPH-bedingter Prostataoperationen bzw. der Anteil der Patienten mit akutem Harnverhalt oder BPH-bedingten chirurgischen Eingriffen. Sekundäre Endpunkte nach vier Jahren waren unter anderem die Zeit bis zur BPH-bedingten klinischen Krankheitsprogression sowie die Veränderungen des IPSS, der maximalen Harnflussrate und des Prostatavolumens im Vergleich zu den Ausgangswerten.


Tab. 2: Unterschiedliche klinische Wirkungen von Alpha-Blockern und 5-Alpha-Reduktase-Hemmern

Alpha-Blocker
5-Alpha-Reduktase-Hemmer
Wirkstoffe: Alfuzosin, Tamsulosin, Doxazosin, Terazosin
Wirkstoffe: Finasterid, Dutasterid
  • Sie reduzieren den Prostata-Symptom-Score (IPSS) um rund 35 bis 40% und erhöhen die maximale Harnflussrate um etwa 20 bis 25%.
  • Ihre Wirkung setzt innerhalb weniger Tage ein.
  • Die einzelnen Wirkstoffe sind in ihrer Wirksamkeit vergleichbar, sie unterscheiden sich aber in ihren Nebenwirkungen.
  • Sie führen zu keiner Reduktion des Prostatavolumens und verhindern den akuten Harnverhalt nicht.
  • Sie reduzieren das Prostatavolumen innerhalb von drei bis sechs Monaten um 15 bis 30%.
  • Ihre Wirkung setzt erst nach Monaten ein.
  • Sie verringern das Risiko eines akuten Harnverhalts und eines operativen Eingriffs um rund 50%.
  • Unter Finasterid hängt die Symptomreduktion von der Größe der Prostata ab und ist bei einem Prostatavolumen von weniger als 40 ml nicht effektiver als eine Placebo-Therapie.
  • Dutasterid reduziert den Prostata-Symptom-Score (IPSS), verringert das Prostatavolumen und senkt das Risiko für einen akuten Harnverhalt.
  • Dutasterid erhöht die maximale Harnflussrate.

Die wichtigsten Ergebnisse nach vier Jahren

  • Das relative Risiko eines akuten Harnverhalts oder einer BPH-bedingten Operation sank unter der Kombinationstherapie im Vergleich zur Monotherapie mit Tamsulosin signifikant um 65,8% (p < 0,001) und um 19,6% im Vergleich zur Monotherapie mit Dutasterid (p = 0,18).

  • Das Risiko einer klinischen Progression der BPH war bei kombinierter Gabe von Dutasterid und Tamsulosin gegenüber der Tamsulosin-Monotherapie um 44,1%, gegenüber der Dutasterid-Monotherapie um 31,2% reduziert.

  • Die BPH-Symptomatik (IPSS-Score) verbesserte sich unter der Kombinationstherapie im Vergleich zu den beiden Monotherapien signifikant (gegenüber Tamsulosin ab dem neunten Monat, gegenüber Dutasterid ab dem dritten Monat; p < 0,001) und hielt über den gesamten Studienzeitraum von vier Jahren an.

  • Lebensqualität und Patientenzufriedenheit waren unter der Kombinationstherapie signifikant höher als unter den einzelnen Monotherapien.

  • Die Kombination aus Dutasterid und Tamsulosin war der Tamsulosin-Monotherapie in allen Subgruppen (stratifiziert nach Prostatavolumen, IPSS, Alter, BMI, PSA) überlegen.

  • Die Kombinationstherapie wurde im Allgemeinen gut vertragen. Unerwünschte Ereignisse traten unter der Kombinationstherapie häufiger auf als unter den Monotherapien (28% vs. 21% unter Dutasterid bzw. 19% unter Tamsulosin). Unter der Kombinationstherapie brachen 6% der Probanden die Studie aufgrund unerwünschter Ereignisse ab, unter der Monotherapie jeweils 4%.


Quelle

Dr. Stephan Madersbacher, Wien; Prof. Dr. Mark Emberton, London; Prof. Dr. Jack Barkin, Toronto: "BPH standards of care: Debating for optimal BPH management", Wien, 19. März 2011, Symposium anlässlich des 26. Jahreskongresses der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU), veranstaltet von der GlaxoSmithKline GmbH, München.

Dr. Ian Banks, Nordirland; Prof. Dr. Vincenzo Mirone, Neapel: "Striking up a conversation: Opportunities in improve management in benign prostatic hyperplasie (BPH); Media Roundtable, Wien, 20. März 2011, anlässlich des 26. Jahreskongresses der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU), veranstaltet von der GlaxoSmithKline GmbH, München.

Roehrborn C., et al.: The effects of combination therapy with Dutasteride and Tamsulosin on clincal outcomes in men with symptomatic benign prostatic hyperplasia:4-year results from the CombAT study. European Urology 57, 123 – 131 (2010).


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr



DAZ 2011, Nr. 18, S. 42

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