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Noch viele offene Fragen

(bfr/ral). Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt, auf den Einsatz von Nanosilber in Lebensmitteln und Produkten des täglichen Bedarfs solange zu verzichten, bis die Datenlage eine abschließende Bewertung der gesundheitlichen Risiken erlaubt. Derzeit sind laut BfR-Präsident Prof. Dr. Dr. Andreas Hensel zu wenig gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse über die spezifischen Wirkungen von Silberpartikeln in Nanogröße vorhanden.

Metallisches Silber und verschiedene Silberverbindungen werden vor allem wegen ihrer antimikrobiellen Wirkung in Kosmetika, Textilien sowie in weiteren verbrauchernahen Produkten eingesetzt. Inzwischen werden dabei auch zunehmend Silberpartikel in Nanogröße verwendet.

In einer Stellungnahme hatte das BfR darauf hingewiesen, dass sich für Silber in nanoskaliger Form (Nanosilber) möglicherweise ein Wirkprofil mit zusätzlichen toxischen Wirkungen ergeben könnte, die bisher für Silber nicht beschrieben wurden. Gegen die Einschätzung des BfR wurde, insbesondere von Seiten der Industrie, eingewandt, dass zur Abschätzung des gesundheitlichen Risikos von Nanosilber in verbrauchernahen Produkten und in Lebensmitteln ausreichend Daten zur Verfügung stünden. Das BfR hat daher Experten aus Forschung und Wissenschaft sowie Vertreter von Verbänden und der Industrie zu einem Workshop eingeladen, um bestehende Risiken und mögliche Handlungsoptionen für einen umfassenden Schutz des Verbrauchers zu diskutieren.

Der Workshop hat laut BfR gezeigt, dass für nanoskaliges Silber bislang nur wenige toxikologische Daten vorliegen, die das Material unter Berücksichtigung nanospezifischer Aspekte experimentell untersucht haben. Zudem war die Charakterisierung sowohl der verwendeten Partikel als auch die der Dosierung über viele Jahre unzureichend, unter anderem weil entsprechende analytische Methoden nicht zur Verfügung standen. Viele ältere Studien zu kolloidalem Silber, das heute häufig als Nanomaterial angesehen wird, erfüllen darüber hinaus die Standards einer modernen Toxikologie nicht. Neuere Studien ergaben deutliche Hinweise auf bisher für Silber nicht bekannte Wirkungen. Dazu gehören krankhafte Veränderung von Gewebe in der Leber nach oraler und inhalativer Verabreichung sowie in der Lunge nach inhalativer Exposition, Veränderungen organspezifischer physiologischer Parameter und eine erhöhte Wirkstärke.

Mangelhafte Datenlage

Auf Silber basierende Biozidprodukte werden künftig im Rahmen eines Zulassungsverfahrens geprüft. Für die gesundheitliche Bewertung müssen die Antragsteller die entsprechenden toxikologischen Daten vorlegen. Für verbrauchernahe Produkte wie Textilien gibt es hingegen keine Melde- oder Zulassungspflicht. Da die Industrie nicht verpflichtet ist, den Behörden toxikologische Daten für die Bewertung zur Verfügung zu stellen, fehlen diese oftmals, so dass das gesundheitliche Risiko von nanosilberhaltigen Produkten nur schwer oder gar nicht abgeschätzt werden kann. So liegen in der Regel selten Informationen bezüglich der Freisetzung von Nanosilberpartikeln aus Textilien und Produkten vor. Weiterhin ist die Datenlage über mögliche Auswirkungen auf die Ausbreitung von Resistenzen gegen Silber oder Antibiotika im spezifischen Anwendungskontext unzureichend. Auch die Aufnahme in den Körper ist bislang nicht ausreichend geklärt. Vor allem über die Aufnahme im Respirationstrakt sowie über die Verteilung der aufgenommenen Partikel im Körper (Toxikokinetik) nach Einatmen ist wenig bekannt. Zudem fehlen Daten zu Wirkungen auf die Haut (sensibilisierendes Potenzial, Reizwirkung), aber auch zur Reproduktionstoxizität, zur chronischen Toxizität und zum krebsauslösenden Potenzial.

Keine abschließende Sicherheitsbewertung

Von Bedarfsgegenständen und Produkten darf von Gesetzes wegen beim bestimmungsgemäßen Gebrauch und beim vorhersehbaren Fehlgebrauch keine Gefährdung der Gesundheit ausgehen. Da für nanoskalige Formen von Silber aufgrund der Datenlücken bislang jedoch noch keine abschließende Sicherheitsbewertung für Mensch und Umwelt vorliegt, rät das BfR auch weiterhin von einem breiten Einsatz von Nanosilber in verbrauchernahen Produkten ab.



DAZ 2011, Nr. 16, S. 26

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