Prisma

Kontrollierte Vermehrung

Dresdner Regenerationsforscher haben ein Versuchsmodell geschaffen, mit dem im erwachsenen Gehirn von Säugetieren Nervenzellen gezielt vermehrt werden können. Mit der neu entwickelten Methode lässt sich zum ersten Mal die adulte Neurogenese im Säugetiergehirn an- und abschalten.

Foto: Spectral-Design - Fotolia.com
Zusätzliche Neuronen konnten im Mausmodell gezielt gewonnen werden. Möglicherweise lassen sich darüber künftig neurodegenerative Erkrankungen beeinflussen.

Neuronale Stammzellen konnten in erwachsenen Säugetiergehirnen bisher nur in begrenzter Anzahl gefunden werden. Sie ließen sich nur schwer vermehren und auch ihr Wechsel zu ausdifferenzierten Neuronen war schwer zu kontrollieren und nachzuweisen. Vor allem im hohen Alter ist die Anzahl der neugebildeten Nervenzellen sehr niedrig. "Zu Beginn unseres Forschungsprojektes gab es keine Methode, wie die Anzahl der Stammzellen in adulten Gehirnen von Säugetieren erhöht werden konnte", beschreibt Federico Calegari vom DFG-Forschungszentrum für Regenerative Therapien Dresden die Ausgangssituation. Mit Hilfe genetisch programmierter Viren (virale Vektoren) führten die Wissenschaftler nun im Maus-Hippocampus eine Überexpression des Proteinkomplexes cdk4 und cyclinD1 herbei, die eine erhöhte Produktion von Stammzellen in Gang setzte. Cdk4 und cyclinD1 sind in allen Zellen natürlicherweise vorhanden und steuern das Fortschreiten im Zellzyklus und damit die Zellteilung. Gleichzeitig unterdrückten die Forscher die Neurogenese, die Entwicklung von Stammzellen in ausdifferenzierte Neuronen. Normalerweise teilt sich jede Stammzelle in zwei Zellen, von denen eine Zelle eine Stammzelle bleibt, während die andere sich ausdifferenziert. "Aus dem erhöhten Stammzellpool haben sich nach dem Abschalten verstärkt Neuronen gebildet", berichtet Federico Calegari. "Wir haben damit nachgewiesen, dass es im erwachsenen Mausgehirn möglich ist, die Neurogenese positiv zu beeinflussen." Das Modell der Dresdner Wissenschaftler, das nach Belieben das An- und Ausschalten der cdk4- und cyclinD1-Überexpression erlaubt, um zusätzliche neuronale Stammzellen oder Neuronen zu gewinnen, ist ein wichtiger Fortschritt für die Stammzellforschung und die Entwicklung neuer Therapien für neurodegenerative Erkrankungen oder Verletzungen des zentralen Nervensystems.


dfg/ral


Quelle: Pressemitteilung vom DFG-Forschungszentrum für Regenerative Therapien Dresden vom 11. 4. 2011



DAZ 2011, Nr. 15, S. 8

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.