Arzneimittel und Therapie

Duloxetin gegen Schmerzen in Füßen und kribbelnde Händen

Jeder fünfte Diabetiker entwickelt im Verlauf der Erkrankung eine diabetische Polyneuropathie. Mit herkömmlichen Analgetika ist gegen die Schmerzen und Missempfindungen in den Händen und vor allem den Füßen und Beinen im Allgemeinen nichts auszurichten. Eine effektive Linderung der Beschwerden vermittelt der Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Duloxetin (Cymbalta®).

Schmerzen in Ruhe und vor allem in der Nacht, Wadenkrämpfe, Parästhesien, Gangunsicherheiten – das sind typische Symptome, die bei Diabetikern auf eine Polyneuropathie als Folge der Erkrankung hinweisen. Die Beschwerden schränken die Lebensqualität und auch die Alltagsaktivitäten der Betroffenen stark ein, werden aber trotzdem beim Arzt oft nicht angesprochen. Dabei sind trotz der meist irreversiblen Nervenschädigung durchaus gute Behandlungsmöglichkeiten gegeben. Dazu gehört die Optimierung der Stoffwechsellage, da gut dokumentiert ist, dass das Risiko einer diabetischen Polyneuropathie von der Qualität der Stoffwechseleinstellung abhängt. In aller Regel nicht hilfreich sind bei der diabetischen Polyneuropathie herkömmliche Analgetika oder nicht steroidale Antirheumatika, da es sich nicht um nozizeptive, sondern um neuropathische Schmerzen handelt. Indiziert sind gemäß der Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften (Deutsche Diabetes Gesellschaft und Deutsche Gesellschaft für Neurologie) hingegen Antidepressiva, wobei neben den trizyklischen Antidepressiva, bei denen das Amitriptylin hervorgehoben wird, Duloxetin als Mittel der ersten Wahl genannt wird. Eine dritte Option besteht laut Leitlinien in der Behandlung mit dem Calciumkanalmodulator Pregabalin. Als Mittel der zweiten Wahl werden die Opioide, Gabapentin sowie die Alpha-Liponsäure angeführt.

Aktivitäten-Tagebuch: Schmerzen aktiv bewältigen


Patienten mit chronischen Schmerzen brauchen nicht nur eine schmerzlindernde Medikation, sondern müssen auch lernen, den Schmerz aktiv zu bewältigen. Unterhalten wird der chronische Schmerz durch das sogenannte Schmerzgedächtnis. Dieses speichert Schmerzerfahrungen und lässt sich nicht mehr löschen. Allerdings kann das Schmerzgedächtnis ähnlich wie eine Datei im Computer mit positiven Erfahrungen regelrecht "überschrieben" werden. Lilly Deutschland hat deshalb gemeinsam mit dem Deutschen Forschungsverbund Neuropathischer Schmerz (DFNS) ein Aktivitäten-Tagebuch entwickelt, das sich diese Option zunutze machen will. Anders als in herkömmlichen Schmerztagebüchern dokumentiert der Patient dabei nicht die negative Erfahrung Schmerz, sondern notiert positive Erlebnisse und Erfahrungen, die trotz der diabetischen Polyneuropathie möglich waren.

Schmerzhemmung in absteigenden Nervenbahnen

Bei Duloxetin handelt es sich um einen selektiven Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (sSNRI), der nicht nur zur Behandlung der diabetischen Neuropathie, sondern auch zur Therapie von Depressionen und einer generalisierten Angststörung zugelassen ist. Der Wirkstoff verstärkt die deszendierende Schmerzhemmung im Rückenmark, die maßgeblich durch die Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin gesteuert wird. Dies bewirkt eine ausgeprägte Schmerzreduktion bei raschem Wirkeintritt und anhaltender Wirksamkeit. Das belegen die Ergebnisse der gepoolten Daten aus drei Kurzzeitstudien. Sie dokumentieren eine signifikante Besserung des 24-Stunden-Schmerz-Scores bereits nach nur einer Woche mit sogar sich weiter verbessernder Wirksamkeit bei der längerfristigen Verabreichung des SSNRI.

Neben den Schmerzen bessert der Wirkstoff weitere Beeinträchtigungen durch die diabetische Polyneuropathie. So nimmt Studien zufolge die allgemeine Aktivität der Patienten unter der Therapie signifikant zu. Das Gehvermögen wird eindeutig besser, viele Patienten können wieder ihrer normalen Arbeit nachgehen und nehmen auch wieder Beziehungen zu anderen Menschen auf. Es resultiert außerdem eine Verbesserung des Schlafs sowie der allgemeinen Stimmung und der Lebensfreude mit signifikanter Überlegenheit gegenüber Placebo. Duloxetin weist dabei ein allgemein günstiges Verträglichkeitsprofil auf und führt in aller Regel weder zur Sedierung noch zu einer Gewichtszunahme, was insbesondere für Diabetespatienten von Bedeutung ist.


Quelle

Prof. Dr. Frank Birklein, Mainz: Pressegespräch "Zwischen Leid und Leitlinien – Herausforderungen in der Therapie der diabetischen Polyneuropathie" beim 22. Deutschen interdisziplinären Schmerz- und Palliativkongress, Frankfurt, 24. März 2011, veranstaltet durch die Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg.


Medizinjournalistin Christine Vetter



DAZ 2011, Nr. 15, S. 45

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.