Arzneimittel und Therapie

NICE erweitert Indikationen für Alzheimer-Medikamente

Durch die steigende Lebenserwartung nehmen die Bedeutung von Demenzerkrankungen und die Kosten für die Versorgung von demenzkranken Personen ständig zu. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung, aber auch begründet durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse hat das britische National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE), das die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit von Medikamenten in Großbritannien überprüft, die Indikation für Alzheimer-Medikamente erweitert.

Demenzerkrankungen verlaufen kontinuierlich schleichend bis zur völligen Pflegebedürftigkeit, vielfach begleitet von Persönlichkeitsveränderungen. Die häufigste Demenzform ist Morbus Alzheimer. Die Krankheit kann derzeit nicht geheilt werden, ihr Verlauf lässt sich jedoch durch gute Betreuung und Medikamente verzögern. Wirkstoffe mit nachgewiesener Wirksamkeit sind die Acetylcholinesterase-Inhibitoren Donepezil (Aricept®), Galantamin (Reminyl®) und Rivastigmin (Exelon®) sowie der NMDA-Antagonist Memantin (Ebixa®).

Neue Erkenntnisse und Kosten-Nutzen-Rechnung

In Großbritannien werden Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit von Medikamenten für den britischen National Health Service (NHS) vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) überprüft. Die unabhängige Organisation hat die Indikationen für alle gängigen Antidementiva jetzt deutlich erweitert. Die Acetylcholinesterase-Hemmer Donepezil, Galantamin und Rivastigmin sind in Großbritannien künftig bereits bei milden Erkrankungen erstattungsfähig. Dies galt bislang nur für mittelschwere Erkrankungen. Der NMDA-Antagonist Memantin darf künftig für Patienten mit schwerer Demenzerkrankung kostenfrei verschrieben werden; bei Kontraindikationen gegen die anderen Medikamente dürfen Ärzte auch bei mittelschwerer Demenz auf Memantin ausweichen. Ausschlaggebend für die Aktualisierung der Indikationserweiterungen waren einerseits neue wissenschaftliche Ergebnisse zur Wirksamkeit der Antidementiva. Vor allem haben wohl aber die Gutachten der Hersteller die Behörde davon überzeugt, dass den hohen Kosten ein finanzieller Vorteil gegenüber steht. Die H. Lundbeck A/S, der dänische Hersteller von Ebixa® , begrüßte die Aktualisierung der Indikationen für Antidementiva und zeigte im Vergleich die Vorteile einer medikamentösen Therapie auf, die "sich auf £ 2,80 (etwa 3,20 Euro) pro Tag je Patient beliefen und den Patienten erlaubten, im Kreis ihrer Familienangehörigen und häuslichen Umgebung zu bleiben". Auch die britische Alzheimer‘s Society begrüßte die Entscheidung. In einer Pressemitteilung ließ sie verlauten, dass die Medikamente die Lebensqualität von Hunderttausenden von Patienten verbessern könnten.

In Deutschland war das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im September 2009 zu der Schlussfolgerung gekommen, dass für Memantin bei Alzheimer-Demenz ein Nutzen nicht belegt ist. Auch nach einer später vorgelegten Auswertung zweier bislang unveröffentlichter Studien und neue Analysen der Firma Merz änderte das IQWiG 2010 nichts an diesem Fazit.

Dem Cholinesterasehemmer attestierte das IQWiG positive Effekte auf die Kognition bei Patienten in einem leichten oder mittelschweren Stadium der Erkrankung.


Zum Weiterlesen


Pharmako-logisch! Demenz: Auflösung der gewachsenen Hirnstrukturen

DAZ 2010, Nr. 40, S. 50 – 77.


Quelle

NICE: Donepezil, galantamine, rivastigmine (review) and memantine for the treatment of Alzheimer‘s disease. TA217, aktualisiert März 2011.

Gauthier, S. et al.: Intern. J. Geriatric Psych. (2008) 23; 527 – 545.


Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2011, Nr. 13, S. 39

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