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Fachmedien
Neuer aktueller Wegweiser zu Botanicals in Nahrungsergänzungsmitteln
Eine Expertengruppe ist jetzt mit konkreten Vorschlägen zur Deklaration und Transparenz von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) an die Öffentlichkeit getreten. NEM sind keine Arzneimittel, aber apothekenübliche Waren. Sie enthalten ein Konzentrat von Nährstoffen wie Vitaminen, Mineralien oder pflanzlichen Sekundärstoffen und sollen ein Versorgungsdefizit ausgleichen.
Ein wichtiger Grund für viel Verunsicherung der Verbraucher liegt in der identischen Darreichungsform als Dragees, Pillen oder Kapseln, aber der unterschiedlichen gesetzlichen Regulierung: Während pflanzliche Arzneimittel den strengen Kriterien des Arzneimittelgesetzes unterliegen – so geht ihrer Zulassung u. a. eine positive Nutzen-Risiko-Bewertung voraus – und von der Bundesbehörde BfArM laufend überwacht werden, ist für Nahrungsergänzungsmittel das Lebensmittelrecht zuständig, dessen Umsetzung in die Zuständigkeit von Ländern und Kommunen fällt. Das besondere Problem dabei: Neben seriösen Anbietern, die streng auf die Einhaltung lebensmittelrechtlicher und werblicher Vorschriften achten, gibt es auch Hersteller, die beim Anpreisen ihrer Erzeugnisse falsche Erwartungen wecken. Zudem ist bei pflanzlichen NEM im Vergleich zu pflanzlichen Arzneimitteln das Angebot deutlich heterogener und hinsichtlich der Zusammensetzung weitaus weniger transparent.
Daher ist die Anwendung vor allem pflanzlicher Produkte beratungsbedürftig, denn viele Laien verwechseln NEM aus pflanzlichen Extrakten mit Phytopharmaka. Sie bemerken die Unterschiede im Preis, kennen aber nicht die Unterschiede in der Qualität und versprechen sich oft von einem NEM eine Wirkung, die es nicht haben kann. Für den Verbraucher und auch für Fachkreise ist kaum erkennbar, wie diese Präparate beschaffen sind und welche Eigenschaften sie in der jeweiligen Dosierung haben. Noch gibt es für NEM, anders als bei pflanzlichen Arzneimitteln, keine Deklarationsstandards. Häufig können weder die Wirkungen von NEM noch deren Qualität oder gesundheitliche Unbedenklichkeit beurteilt werden. Die immer wieder vorgebrachte Forderung "Verbraucherschutz statt Produktschutz – Mehr Transparenz bei der Kennzeichnung von Produkten mit Gesundheitsclaims im weitesten Sinne (NEM)" ist daher höchst gerechtfertigt.
Ein interdisziplinär zusammengesetztes Expertengremium unter Leitung von Prof. Dr. Andreas Hahn, Universität Hannover, hat jetzt eine Übersicht über die Situation pflanzlicher Produkte ermittelt und einen Leitfaden zur Verwendung und Deklaration pflanzlicher Zubereitungen erstellt (Botanicals in Nahrungsergänzungsmitteln), der kürzlich erschienen ist. Die sechsköpfige Arbeitsgruppe analysierte zunächst an drei Beispielen – Knoblauch, Cranberry und Artischocke – die aktuelle Marktsituation der pflanzenhaltigen Produkte. Die Auswertung förderte eine Reihe von Mängeln zutage: So zeigte sich beispielsweise, dass die gesundheitsbezogenen Angaben lückenhaft ausfallen und Rückschlüsse auf wirksame Inhaltsstoffe kaum möglich sind.
Die Experten fordern daher eine sachgerechte Deklaration der pflanzlichen NEM, die eindeutige Angaben über die verwendete pflanzliche Substanz ("Ausgangsdroge"), über die Art der Zubereitung, die Eigenschaften des Extrakts, die empfohlene tägliche Menge, den Zweck und die Wirkungen, sowie Hinweise für die angesprochene Verbrauchergruppe enthalten.
Die Aktion folgt einem erfolgreichen Vorbild: Erst Ende der 90er-Jahre setzte das jahrelange Bemühen einer ähnlichen Expertenkommission für Phytopharmaka umfassend durch, was heute längst für selbstverständlich erachtet wird: Deklarationstransparenz als Bewertungsbasis für Produktqualität, d. h. für jedes zugelassene Phytopharmakon muss als Wirkstoff der Extrakt, das verwendete Extraktionsmittel, die Extraktausbeute, eine eindeutige Indikation und eine wirksame Tagesdosis angegeben sein.
Ähnlich soll nun auch der neue "Leitfaden zum Einsatz bei Botanicals" als Anregung und Anschub für zukünftige transparente und hochwertige NEM-Produkte gelten und dem Laien und vor allem Fachmann einen Leitfaden zur Beratung geben.
Quelle: Nach einer Pressekonferenz des Komitee Forschung Naturmedizin (KFN) in München am 4. November 2010 "Health Basics: Orientierungshilfen im Produktdschungel" mit Beiträgen von Prof. Dr. Michael Habs, Karlsruhe, Prof. Dr. Theodor Dingermann, Frankfurt und Prof. Dr. Andreas Hahn, Hannover
Apothekerin Dr. Renate Seitz, Emmering
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