Arzneimittel und Therapie

Weibliches Progesteron steuert männliche Spermien

Spermien irren auf der Suche nach der Eizelle nicht ziellos umher. Das weibliche Sexualhormon Progesteron weist dabei den Samenzellen den Weg. Eine weitere Funktion des Hormons ist die Steuerung der Geschwindigkeit der Spermien. Um die Eihülle zu durchdringen, bedarf es einer besonderen Aktivität der Spermiengeißeln. Auch dieser Mechanismus wird vom Progesteron gesteuert. In unmittelbarer Nähe der Eizelle werden die Schlagbewegungen nochmals verändert. Diese Ergebnisse könnten zur Entwicklung neuer Kontrazeptiva führen.

Das weibliche Steroidhormon Progesteron wird von den Ovarien und der Plazenta gebildet. Es stützt die Schwangerschaft und Embryogenese durch seine Wirkung auf einen bereits gut charakterisierten Progesteron-Rezeptor. Weiterhin setzen Zellen aus unmittelbarer Nähe der Eizelle Progesteron frei, um Spermien in den Eileitern zu stimulieren und ihre Befruchtungsfähigkeit zu erhöhen. Der genaue Mechanismus dieses Vorgangs war bislang allerdings unklar.

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Neue Verhütungsmöglichkeiten für Männer?

Bonner Wissenschaftler haben jetzt geklärt, in welcher Weise Progesteron ein spezielles Steuerungssystem aktiviert, das für die Zielstrebigkeit der Spermien verantwortlich ist. Das Hormon bindet direkt an die sogenannten CatSper-Kanäle. Dabei handelt es sich um Eiweißstrukturen, die eine Öffnung bilden und ausschließlich in der Membran des Spermienschwanzes vorkommen. Progesteron bewirkt eine Öffnung dieser CatSper-Kanäle, und Calcium-Ionen können daraufhin ins Innere gelangen. Als Folge kommt es zu einem Anstieg der Konzentration von Calcium-Ionen, die Schlagmuster der Spermiengeißel werden verändert und die Spermien in Richtung des Zielorts vom Progesteron gesteuert. Ca2+-Signale waren bereits früher mit der Chemotaxis, Überaktivierung und akrosomalen Exocytose von Spermien in Verbindung gebracht worden. In den Spermien fungieren entweder der CatSper-Kanal selbst oder aber ein mit ihm assoziiertes Protein als bislang unbekannter Progesteron-Rezeptor. Die Ca2+-Signale, die durch einen alkalischen pH-Wert und Progesteron ausgelöst wurden, wurden andererseits durch die Calciumkanalblocker NNC 55-0396 und Mibefradil blockiert. Die Suche nach geeigneten CatSper-Kanalblockern könnte, so die Autoren, zur Entwicklung neuartiger Verhütungsmittel führen.


QuelleStrünker, T.; et al.: The CatSper channel mediates progesterone-induced Ca2+influx in human sperm. Nature (2011) 471 (7338): 382 – 386.

Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2011, Nr. 12, S. 49

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