Arzneimittel und Therapie

Neuer Ansatz für eine Vakzine gegen Noroviren

Noroviren sind weltweit ein gefürchteter Erreger von Infektionen des Gastrointestinaltrakts. Ein Impfstoff steht bislang nicht zur Verfügung. Ein neuer methodischer Ansatz US-amerikanischer Wissenschaftler könnte die Einführung einer Vakzine schon bald realisieren. Sie bauten in das Erbgut eines anderen, für den Menschen ungefährlichen Virus, ein Gen des Norovirus ein. Das Immunsystem von Mäusen reagierte auf das genmanipulierte Virus mit der vermehrten Bildung von Antikörpern. Auch Krankheitssymptome waren im Tierversuch nicht zu beobachten.

Das humane Norovirus ist weltweit verbreitet und hoch ansteckend. Als Auslöser von Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts, die häufig mit Durchfall und Erbrechen einhergehen, ist es vor allem auch als Erreger nosokomialer Infektionen gefürchtet. Einen Impfstoff gegen das Virus gibt es bislang nicht, da sich die Viren nicht in Zellkultur züchten lassen. Zudem gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Stämme des Virus, da sich Noroviren zudem sehr schnell verändern.

Neuer Impfstoff im Tierversuch erfolgreich

Ein neuartiger methodischer Ansatz könnte jetzt die bisherigen Probleme zur Produktion eines Impfstoffs gegen Noroviren umgehen. Wissenschaftler der Ohio State University bauten in das Erbgut des Vesicular Stomatitis Virus (VSV) das Kapsidgen eines Norovirus ein. Das VSV ist der Erreger einer Infektionskrankheit von Huftieren, der Menschen sehr selten infiziert und dort allenfalls leichte Krankheitssymptome auslöst. Das Gen VP1 ist für die Expression eines wichtigen Proteins verantwortlich, das Bestandteil des Eiweißmantels (Kapsid) des Norovirus ist. Auf diese Weise imitierten die veränderten Vesicular Stomatitis Viren die Oberfläche des Durchfallerregers. Die rekombinanten Viren wurden dann in menschlichen Zellkulturen attenuiert. Im anschließenden Tierversuch wurden diese Viruspartikel Mäusen intranasal oder oral appliziert. Nach zwei Wochen konnten im Blut dieser Mäuse 25 mal mehr Antikörper gegen Noroviren nachgewiesen werden als im Blut einer Vergleichsgruppe mit Baculoviren, die in der Gentechnologie ebenfalls zur Erzeugung von komplexen Eukaryotenproteinen verwendet werden.

Foto: medicograph - Fotolia.com

Offensichtlich erkannte also das Immunsystem der Mäuse in den rekombinanten Viren fälschlicherweise ein Norovirus. Darüber hinaus waren bei den Tieren während der Studie keine Krankheitssymptome zu beobachten. Zur Absicherung der Ergebnisse sollen jetzt umfangreichere Tierversuche durchgeführt werden. Eine weitere Option für die Herstellung eines wirksamen Impfstoffs sei, so die Autoren, der Einbau zusätzlicher Gene des Norovirus.




Quelle

Yuanmei, M., Jianrong L.: Vesicular stomatitis virus as a vector to deliver virus-like particles of human norovirus: a new vaccine candidate against an important noncultivable virus. J. Virol. 2011; 85(6): 2942 – 2952. 

Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2011, Nr. 12, S. 48

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