Arzneimittel und Therapie

Belimumab erfolgreich in Phase-III-Studie

Der vollhumane monoklonale Antikörper Belimumab ist eine neue Option für die Behandlung des systemischen Lupus erythematodes. In den USA ist er bereits für diese Indikation zugelassen (Handelsname: BenlystaTM), die europäische Zulassung wird demnächst erwartet. In einer kürzlich veröffentlichten Phase-III-Studie zeigte sich bei Patienten, die unter der systemischen Form dieser unheilbaren Autoimmunerkrankung leiden, ein gutes Ansprechen auf die Behandlung mit Belimumab.

Von der Autoimmunkrankheit Lupus erythematodes sind in Deutschland etwa 40.000 Menschen, meist im Alter zwischen 15 und 45 Jahren, betroffen. Die Erkrankung verläuft häufig in Schüben. Zu den Auslösern zählen UV-Licht, Infektionen sowie Östrogenschwankungen, was der Grund dafür sein kann, dass Frauen etwa acht- bis zehnmal häufiger als Männer an diesem unheilbaren Leiden erkranken (siehe Kasten).


Lupus erythematodes


Lupus erythematodes ist eine Autoimmunerkrankung mit den beiden Hauptformen Hautlupus und dem systemischen Lupus erythematodes (SLE). Auch verschiedene Arzneimittel können die Erkrankung auslösen (z. B. Psychopharmaka, Antibiotika) oder verschlimmern (z. B. orale Kontrazeptiva). Bei einem Teil der Betroffenen tritt als äußerliches Merkmal ein rötliches Ekzem auf, das sich schmetterlingsförmig über Nase und Wangen, aber auch den Rumpf ausbreiten kann. Wegen der Ähnlichkeit mit einer Bisswunde war dieser Ausschlag namensgebend für die Krankheit (lat.: lupus = Wolf, erythematodes = rötlich). Bei der systemischen Form der Erkrankung treten Entzündungen in inneren Organen wie Herz, Leber, Lunge, Gastrointestinaltrakt, Nieren und hämatopoetischem System auf, die bis zum Multi-Organ-Versagen führen können. Die Ursachen sind weitgehend unbekannt. Man geht davon aus, dass von B-Zellen produzierte Antikörper sich gegen körpereigene DNA und Proteine richten und mit ihnen Komplexe bilden, die dann in verschiedenen Körperregionen Entzündungen auslösen können.

Neue Optionen für die medikamentöse Therapie

In der medikamentösen Therapie des systemischen Lupus erythematodes (SLE) kommen Analgetika, Corticosteroide (z. B. Prednison) sowie Wirkstoffe aus den Klassen Antimalariamittel, Immunsuppressiva und Zytostatika zum Einsatz (siehe Kasten).

Darüber hinaus werden Substanzen erprobt, die die für die Produktion von Autoimmunantikörpern verantwortlichen, überaktiven B-Lymphozyten entweder ausschalten (z. B. Rituximab) oder ihre Aktivierung durch proinflammatorische Zytokine wie Interleukin 6 oder Interleukin 10 verhindern (z. B. Tocilizumab). Nachdem es jahrzehntelang nicht gelungen war, ein spezifisches Medikament gegen die Erkrankung zur Zulassung zu bringen, konnte im Juni 2010 bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ein Zulassungsantrag für Belimumab eingereicht werden. Der monoklonale Antikörper ist der erste Vertreter der BLyS-spezifischen Inhibitoren, einer neuen Klasse von Biologika, die spezifisch gegen den Zytokin-B-Lymphozyten-Stimulator (BLyS) gerichtet sind. Bei BLyS handelt es sich um eine Schlüsselsubstanz für das Überleben der B-Lymphozyten, die bei SLE-Patienten überexprimiert sind. Der humane monoklonale IgG1-λ-Antikörper Belimumab bindet an lösliches humanes BLyS und hemmt so dessen biologische Aktivität. Er reduziert selektiv die Anzahl CD20-positiver B-Lymphozyten und kurzlebiger Plasmazellen sowie die anti-dsDNA-Antikörpertiter bei SLE-Patienten.


Medikamente und neue Therapieoptionen


Auswahl an Wirkstoffen gegen Lupus erythematodes,


  • die in Deutschland zugelassen sind:

Chloroquin (Resochin®)

Hydroxychloroquin (Quensyl®)

Azathioprin (Imurek®)

Cyclophosphamid (Endoxan®)


  • die sich in Erprobung bzw. im Off-label-Einsatz befinden:

Rituximab

Epratuzumab

Tocilizumab

Methotrexat

Ciclosporin A

Mycophenolatmofetil

Phase III-Studie erfolgreich abgeschlossen

Belimumab wurde in einer randomisierten placebokontrollierten doppelblinden Phase-III-Studie an 867 Patienten mit serologisch aktivem SLE aus Lateinamerika, der Asien-Pazifik-Region und Osteuropa untersucht. Auf dem krankheitsspezifischen SELENA-SLEDAI-Index erreichten sie einen Score von mindestens 6. Die Abkürzung steht für Safety of Estrogens in Lupus Erythematosus National Assessment-Systemic Lupus Erythematosus disease Activity Index.

Die Patienten wurden auf eine Behandlung mit 1 mg Belimumab/kg Körpergewicht (n = 289), 10 mg/kg (n = 290) oder Placebo (n = 288) randomisiert. Belimumab bzw. Placebo wurde als einstündige intravenöse Infusion über einen Monat 14-tägig (an den Tagen 0, 14 und 28) und anschließend alle 28 Tage bis zur 48. Woche verabreicht. Zusätzlich erhielten die Patienten weiterhin ihre Standardmedikamente wie z. B. Prednison, Azathioprin oder Methotrexat. Primärer Endpunkt der Studie war eine Verbesserung auf dem SRI-Index (Systemic Lupus Erythematosus Responder Index) in der 52. Woche nach Therapiebeginn im Vergleich zum Ausgangswert. Der SRI setzt sich aus verschiedenen Kriterien zusammen, darunter auch dem SELENA-SLEDAI Score.

Wirksamkeit und Sicherheit gezeigt

In der 52. Woche nach Behandlungsbeginn wurden bei den Patienten, die entweder mit der niedrigen Dosis 1 mg Belimumab/kg oder mit 10 mg/kg behandelt worden waren, signifikant höhere Ansprechraten erreicht (für 1 mg/kg: 51%, Placebo: 44%).

Die Rate der unerwünschten Wirkungen war in beiden Gruppen ähnlich: Schwere Infektionen wurden unter 1 mg/kg bei 8% der Behandelten, unter 10 mg/kg bei 4% und unter Placebo bei 6% der Patienten beobachtet. Überempfindlichkeitsreaktionen am Infusionstag traten in den Belimumab-Gruppen bei je zwei Patienten (< 1%), im Placeboarm bei keinem Patienten auf. Maligne Erkrankungen wurden in der Studie nicht beobachtet. Obwohl der Effekt von Belimumab bei den osteuropäischen Patienten numerisch größer war als bei denen aus den asiatisch-pazifischen und lateinamerikanischen Regionen, waren die regionalen Unterschiede nicht statistisch signifikant.

Cortison-Spareffekt beobachtet

69% der Studienteilnehmer nahmen zu Beginn als Standardmedikament Prednison in einer Dosierung von mehr als 7,5 mg pro Tag ein. Die Behandlung mit Belimumab hatte einen Cortison-Spareffekt: so stieg beispielsweise der Anteil der mit 10 mg Belimumab/kg behandelten Patienten, bei denen mindestens eine 50%ige Reduktion der Prednison-Dosis vorgenommen werden konnte, zwischen der 24. und der 52. Woche kontinuierlich und signifikant an.

Stellenwert in der Therapie noch ungeklärt

Die Autoren der Studie sehen das Potenzial von Belimumab darin, dass es als erstes Biologikum gezielt gegen die Erkrankung Lupus erythematodes wirken könnte. Ein Kommentator der Studie gibt zu bedenken, dass der Platz von Belimumab in der SLE-Therapie erst noch bestimmt werden muss. Klinische Erfahrungen müssten zeigen, ob der Antikörper seine optimale Wirkung eher als Therapeutikum für den akuten Schub des systemischen Lupus erythematodes, der für den Remissionserhalt entfalten kann.


Quelle

Navarra, S.V., et al.: Efficacy and safety of belimumab in patients with active systemic lupus erythematosus: a randomised, placebo-controlled, phase 3 trial, Lancet (2011), 377: 721 – 731

Stone, J.H.: BLISS! Lupus learns its lessons, Lancet (2011), 377: 693 – 694

www.vfa.de

Rote Liste online. www.rote-liste.de

www.lupus-selbsthilfe.de

Wernig, C. (Hrsg.) Medizin für Apotheker, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 3. Aufl. (2008).


Apothekerin Dr. Claudia Bruhn



DAZ 2011, Nr. 11, S. 42

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