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Kompromiss gefunden

BRÜSSEL (ks). Vertreter des Europäischen Parlamentes, der Kommission und des Ministerrats haben sich auf einen Kompromiss für eine Richtlinie gegen Arzneimittelfälschungen in der Europäischen Union geeinigt. Damit haben sich die EU-Institutionen neben der bereits verabschiedeten Richtlinie und Verordnung zur verbesserten Arzneimittelüberwachung (Pharmakovigilanz) auch auf den zweiten Teil des dreiteiligen EG-Pharmapaketes verständigt.

Nach intensiven Trialog-Gesprächen hat der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten am 21. Dezember 2010 einen Textvorschlag für die Ende 2008 vom damaligen EU-Industriekommissar Günter Verheugen angestoßene Richtlinie angenommen. Um die Dokumentation und Überwachung der Vertriebswege zu verbessern und die EU-Bürger effektiver vor gefälschten Arzneimitteln zu schützen, sollen Medikamente künftig mit einer fälschungssicheren Codierung (sog. safety features, Stichwort: 2D Matrix-Code) versehen werden. Durch das Scannen dieser Barcodes kann bei Verkauf genau überprüft werden, wo die Medikamente herkommen und ob es sich um Originalprodukte handelt. Betroffen sind grundsätzlich nur verschreibungspflichtige Arzneimittel. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von dieser zusätzlichen Kennzeichnung ausgenommen, es sei denn, die Europäische Kommission schreibt nach Prüfung des Fälschungsrisikos ausnahmsweise produktspezifisch die Anbringung der fälschungssicheren Codierung vor.

Implementierung in AMG-Novelle

Die Richtlinie zur Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen wird voraussichtlich Mitte Februar 2011 in erster Lesung im Europäischen Parlament beraten werden. Wegen des im Trialog gefundenen Kompromisses wird sodann der Ministerrat der vom Parlament angenommenen Richtlinie auch förmlich zustimmen. 18 Monate nach Veröffentlichung müssen die Mitgliedstaaten die Richtlinie national umsetzen; dies wird spätestens Ende 2012 sein. Das Bundesgesundheitsministerium beabsichtigt, die Richtlinie mit einer AMG-Novelle zu verknüpfen. Ein entsprechender Referentenentwurf könnte bereits in der zweiten Jahreshälfte 2011 zu erwarten sein. Das gleiche gilt für die am 15. Dezember 2010 beschlossene und am 31. Dezember 2010 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichte geänderte Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel hinsichtlich der Pharmakovigilanz. Diese muss national bis zum 21. Juli 2012 umgesetzt werden. Die in diesem Zuge ebenfalls verabschiedete Pharmakovigilanz-Verordnung gilt ab dem 2. Juli 2012 unmittelbar.

Der CDU-Europaabgeordnete und gesundheitspolitische Sprecher der christdemokratischen Fraktion (EVP) im Europäischen Parlament, Dr. Peter Liese, zeigte sich erfreut über die Einigung "bei diesem sensiblen Thema". Er verwies darauf, dass Arzneimittelfälschungen in der EU seit einiger Zeit ansteigen und Experten zufolge mittlerweile Dimensionen des Drogenhandels erreicht haben. Dabei seien von den Fälschungen nicht mehr nur Lifestyle-Medikamente betroffen, sondern auch vermehrt lebenswichtige Arzneimittel, z. B. Krebspräparate. Liese: "Für die Patienten in Europa liegt dadurch eine sehr konkrete Gesundheits- und zum Teil sogar eine Lebensbedrohung vor, die wir durch unseren Beschluss minimieren wollen."

Liese: Keine bürokratische Überforderung

Liese ist überzeugt, dass die Neuregelungen nicht zu Datenschutzproblemen und einem Mehr an Bürokratie führen werden. Erfreut zeigte sich der Europa-Abgeordnete zudem darüber, dass nun auch das Problem der Fälschungen angegangen wird, die illegal über das Internet angeboten werden. Hierzu sah der ursprüngliche Kommissionsvorschlag keine Regelung vor. Liese abschließend: "Das Parlament hat sehr deutlich gemacht, dass auch der illegale Internethandel unter diese Regelung fallen muss. Insgesamt bin ich mit dem gefundenen Kompromiss daher sehr zufrieden".

Nun fehlt nur noch ein abschließender Beschluss zum dritten und am heftigsten umstrittenen Teil des EG-Pharmapaketes. Hier geht es um die Patienteninformation über verschreibungspflichtige Arzneimittel.



DAZ 2011, Nr. 1, S. 33

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