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Arbeitsrecht
Der Filialleiter – Rechtliche Fragen zu seiner Position
Denn dann rücken strukturelle und arbeitsrechtliche Überlegungen in den Vordergrund.
Immerhin gibt es für die Gründung einer Filialapotheke schon ein weitgehend formalisiertes Verfahren, welches allerdings – je nachdem, in welchem Bundesland man sich befindet – sehr unterschiedliche Anforderungen an einen potenziellen Filialleiter stellt (Kapitel 1).
Anschließend ist die Frage zu beantworten, wie ein Arbeitsvertrag hinsichtlich der zeitlichen Einbindung des Filialleiters aussehen soll (2).
Als nächstes interessiert, wie hoch das Gehalt eines Filialleiter sein sollte und was mit diesem Gehalt alles abgegolten werden kann. Bei der Frage einer sinnvollen Gehaltsgestaltung eines Filialleiters scheiden sich die Geister (3).
Später ergeben sich dann Probleme zu den Vollmachten des Filialleiters und dem Maß der Weisungsgebundenheit gegenüber dem Betriebserlaubnisinhaber (4).
Das A und O ist sicherlich eine sinnvolle Vertragsgestaltung, die keine Fragen offen lässt (5).
Das Thema Haftungsproblematiken ergibt sich meist erst, wenn ein Schadensfall eingetreten ist (6).
Die Trennung vom Filialleiter durch Kündigung oder Vereinbarung kann man sinnvoll regeln, bevor "das Kind in den Brunnen gefallen ist". Allerdings gilt es anschließend auch, die Wettbewerbssituation mit einem ausgeschiedenen Filialleiter zu bedenken (7).
(1) Genehmigungsverfahren
Die Messlatten im Genehmigungsverfahren werden in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich hoch gehängt. Zwar liegt dem Genehmigungsverfahren ein einziges Gesetz zugrunde; da dieses aber einige auslegungsbedürftige Formulierungen enthält und die Gesundheitsbehörden der Länder zuständig sind, kommt es hier zu unterschiedlich strengen Voraussetzungen. Es gibt bei allen Genehmigungsbehörden unterschiedliche Merkblätter, die – getrennt nach Betreiber oder Inhaber – die Voraussetzungen zusammenfassen, die erfüllt werden müssen.
Die Anforderung, einen Arbeitsvertrag des Filialleiters vorzulegen, ergibt sich aus fast allen Formularen der unterschiedlichen Genehmigungsbehörden in den einzelnen Bundesländern. Die meisten Merkblätter verpflichten den Inhaber, die "vertragliche Vereinbarung" mit dem Filialleiter vorzulegen.
Doch nicht alle halten sich daran: Je nach Genehmigungsbehörde oder Sachbearbeiter wird auf die Vorlage des Vertrages schon mal verzichtet. In anderen Bundesländern wiederum ist die Prüfung so streng, dass der vorgelegte Vertrag nicht nur nach der zu leistenden Mindeststundenzahl überprüft wird, sondern diese zum Teil sogar an die Öffnungszeiten der Apotheke gekoppelt wird. Von einigen Genehmigungsbehörden wird sogar überprüft, ob der Filialleiter auch für den Personaleinsatz der anderen Mitarbeiter vertraglich verantwortlich gemacht worden ist. Lediglich das Gehalt darf bei den meisten Behörden unkenntlich gemacht werden. Sich vorher zu erkundigen, welche Auflagen zu erfüllen sind, lohnt sich immer – meist genügt ein kurzer Anruf bei der zuständigen Genehmigungsbehörde. Es ist dann wesentlich einfacher, diese bei der vertraglichen Gestaltung zu berücksichtigen.
(2) Arbeitszeit des Filialapothekers
Ein sehr umstrittenes Thema ist die Arbeitszeit des Filialleiters. Die Spannbreite der in der Praxis getroffenen Regelungen ist dabei groß. Nicht nur die Arbeitszeiten variieren von 12 bis 60 Stunden pro Woche.
In vielen Verträgen werden pauschale Vereinbarungen über Überstunden getroffen. So heißt es etwa: "Die Arbeitszeit beträgt 40 Stunden zuzüglich der anfallenden Überstunden" oder "Die Arbeitszeit beträgt 35 Stunden; dabei sind Überstunden bis zur gesetzlichen Höchstarbeitszeit zu leisten". Dies sind nur zwei Beispiele für die vielfältigen Formulierungen. Man muss hier die wichtigsten tariflichen, gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen zur Mindest- und Höchstarbeitszeit sowie zur Pausenregelung kennen, um rechtssichere Vereinbarungen zu schließen.
Bei der Vereinbarung der Arbeitszeit ist zunächst einmal die Mindestarbeitszeit zu betrachten. Sucht man nach einer entsprechenden gesetzlichen Bestimmung, wird man aber leider nicht fündig. Es gibt keine Vorgabe, wie viele Stunden wöchentlicher Tätigkeit in der Filiale die Voraussetzung ist, um eine Filiale leiten zu können.
Dass es hier aber eine Begrenzung nach unten geben muss, folgt aus der Natur der Sache. Schließlich soll ja kein "Strohmann" die Apotheke führen, sondern ein Apotheker muss diese "verantwortlich leiten" (§ 2 Abs. 1 u. 2 ApBetrO; § 2 Abs. 5 Ziff. 2 ApoG). Nach jahrelangem Hin und Her haben sich die Bundesländer nach einer Vorgabe der Arbeitsgruppe Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen (AATB) weitestgehend darauf geeinigt, dass man keine Stundenzahl als Minimum angeben muss, es aber sehr wohl erforderlich sei, dass der Filialleiter seine Tätigkeit "hauptberuflich" ausübt. Der Hauptberuf ist die Tätigkeit, die zumindest mehr als 50 Prozent der Arbeitszeit des Betroffenen in Anspruch nimmt und für die wirtschaftliche und soziale Lebensstellung der Person ausschlaggebend ist. Das bedeutet, dass das Gehalt aus der Tätigkeit wesentlich für den Lebensunterhalt des Filialleiters sein muss.
Betrachtet man auf der anderen Seite die Höchstarbeitszeit, so sind in der Praxis kaum Obergrenzen auszumachen. Die gesetzliche Höchstarbeitszeit beträgt gem. § 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) 48 Stunden (sechs Tage mal acht Stunden), wobei die tägliche Arbeitszeit durchaus auch von acht Stunden auf zehn Stunden ausgeweitet werden kann, wenn im Durchschnitt über einen Zeitraum von 24 Wochen acht Stunden täglich erreicht werden. Die tarifliche Höchstarbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche.
(3) Vergütung des Filialleiters
Die Vergütungssysteme für Filialleiter sind vielfältig. Zwar orientieren sich viele Filialleiterverträge noch am Gehaltstarifvertrag und loben lediglich eine übertarifliche Bezahlung von 10 bis 50 Prozent aus. Jedoch wird inzwischen von vielen Inhabern registriert, dass eine der wichtigen Motivationen, um eine Apotheke nicht nur gut, sondern auch lukrativ zu führen, eine Erfolgsbeteiligung des verantwortlichen Filialleiters ist. Natürlich ist es dazu wichtig, das Gehalt genau ausrechnen zu können und vor allem die Chancen der Apotheke einzuschätzen.
Welches Gehalt vereinbart wird, liegt im Ermessen der Vertragsparteien. Da es im Apothekenbereich jedoch einen Gehaltstarifvertrag gibt, dient dieser als Orientierungsmarke. Die häufigste Gehaltsgestaltung zu Beginn einer Filialleiteranstellung ist eine am Gehaltstarifvertrag orientierte Vergütung mit einem übertariflichen Bestandteil.
Die tariflichen Gehälter für Approbierte bewegen sich derzeit – in Abhängigkeit vom Berufsjahr – zwischen 3088,– Euro und 3745,– Euro im Monat (mal 13 im Jahr) [1].
Natürlich regelt der Gehaltstarifvertrag Mindestlöhne, die für Mitarbeiter geschaffen wurden, die in einer vom Inhaber geführten Apotheke arbeiten. Bei der hier zu entlohnenden Tätigkeit geht es jedoch um eigenverantwortliches Leiten, sodass die tariflichen Mindestregelungen nicht einfach übernommen werden können.
Da gerade bei der Eröffnung einer Filiale niemand mit Sicherheit weiß, wie diese sich entwickelt, liegt in vielen Arbeitsverhältnissen zunächst einmal die tarifliche Mindestvergütung plus einer 20- bis 35%igen übertariflichen Zulage zugrunde. In der Praxis war zu beobachten, dass dies für das erste Jahr – bei Neugründungen auch für die ersten zwei Jahre – vereinbart wurde.
Zum Vergleich:
höchstes Tarifgehalt + 35% = 5055,75 Euro
höchstes Tarifgehalt + 20% = 4494,00 Euro
Wird in einem Vertrag eine tarifliche Entlohnung plus x% einer übertariflichen Zulage vereinbart, so finden sich auch hier viele unterschiedliche Formulierungen, die man beachten sollte. Eine klare Regelung, die von beiden Vertragsparteien richtig verstanden wird, lautet:
"Für seine Tätigkeit erhält der Filialleiter ein Monatsgehalt gemäß dem jeweils gültigen Tarifvertrag plus einer Filialleiterzulage von 35%."
In vielen Fällen vereinbaren die Vertragspartner zwar eine Provision, es werden aber keine hinreichend konkreten Ziele definiert, wann die entsprechende Vergütung fällig wird.
Ein Beispiel:
"Der Filialleiter erhält über die Grundvergütung hinaus eine jährliche Bonusleistung von 10.000 Euro brutto, deren anteilige Auszahlung von der Erreichung persönlicher Arbeitsziele abhängt. Dabei beträgt der Mindestbonus 60% und der maximale Bonus 150% von 10.000 Euro."
Häufig werden dann aber keine Zusatzvereinbarungen schriftlich festgehalten. Ob und in welchem Umfang Filialleiter und Inhaber sich über Kriterien geeinigt haben, die als Arbeitsziele definiert werden können, kann selten bewiesen werden. Es müssen aber sowohl der Zeitpunkt der Fälligkeit als auch die prozentuale Höhe der Auszahlung in Entsprechung zum Erreichen der Ziele vereinbart werden.
Die Fehlerhaftigkeit einer Zielvereinbarung führt allerdings nicht dazu, dass der Anspruch auf diesen variablen Vergütungsbestandteil entfällt. Die Vergütungshöhe ist dann zu schätzen [2] bzw. kann als Schadensersatz zugesprochen werden [3].
Es obliegt regelmäßig dem Inhaber als Arbeitgeber, einen Vorschlag für den Abschluss einer Zielvereinbarung zu unterbreiten.
Das gilt erst recht für eine sogenannte Zielvorgabe, wenn nur der Inhaber ein Ziel festlegt, welches im Zweifel noch vom Filialleiter "abzunicken" ist. Zielvereinbarungen oder andere Umsatzbeteiligungen sollten daher zuvor genau überlegt, durchgerechnet und formuliert sein.
(4) Weisungsgebundenheit des Filialleiters
Wenn ein Filialleiter pharmazeutisch die "persönliche Leitung" in eigener Verantwortung übernommen hat, obwohl dieser arbeitsrechtlich ein weisungsgebundener Angestellter ist, muss hier klar unterschieden werden, wo er vertraglich und auch inhaltlich Weisungen unterliegt und wo seine Eigenverantwortung dem entgegensteht – etwa in organisatorischen, finanziellen oder pharmazeutischen Aspekten.
Will man es klar auf den Punkt bringen, so ergeben sich die organisatorische und die finanzielle Verantwortung aus dem Arbeitsvertrag; sie sind also bis an die Grenze der arbeitsrechtlichen Schutzgesetze und der pharmazeutischen Vorschriften verhandelbar.
Die Weisungsgebundenheit eines angestellten Filialleiters hingegen folgt direkt aus dem arbeitgeberseitigen Direktionsrecht. Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, durch Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder durch gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.
Im Arbeitsvertrag kann der Inhaber von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen, indem er Regelungen über den Einsatzort, die Arbeitszeit etc. trifft. Allerdings ergibt sich der Arbeitsort eines Filialapothekers bereits durch die Verantwortung für eine bestimmte Filiale.
Die gängige Klausel "Der Arbeitnehmer kann auch in weiteren Apotheken des Inhabers eingesetzt werden" ist bei Filialleitern wegen der Verantwortung für eine genau bestimmte Apotheke meist unwirksam.
Geht es um die Weisung mit Blick auf die Arbeitszeit, so muss üblicherweise im Arbeitsvertrag eine bestimmte oder zumindest bestimmbare Arbeitszeit festgeschrieben sein, da ansonsten von dem Angestellten nicht überblickt werden kann, welche Zeit er denn für das vereinbarte Geld arbeiten muss. Eine Regelung, die daher – auch bei übertariflicher Bezahlung – die Ableistung von der Anzahl nach nicht begrenzten Überstunden vorsieht, ist nicht hinreichend bestimmt und daher unwirksam. Seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (01. 01. 2002) werden auch Arbeitsverträge darauf kontrolliert, ob sie gegen die Schutzvorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen verstoßen (§§ 305 bis 310 BGB).
Neben den Begrenzungen des Weisungsrechtes sind noch gesetzliche Beschränkungen zu beachten, vor allem durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Die danach vorgesehenen acht Stunden pro Tag an sechs Tagen in der Woche können ausgedehnt werden auf zehn Stunden pro Tag (§ 3 ArbZG). Es wäre damit theoretisch möglich, dass ein Filialleiter 60 Stunden in der Woche arbeitet – gesetzlich nur ein Ausnahmefall. Die aufgrund dieser Vorschrift im Verhältnis zum Arbeitsvertrag zu viel gearbeiteten Stunden müssen binnen sechs Monaten oder 24 Wochen wieder so ausgeglichen werden, dass sich wieder Acht-Stunden-Tage (bzw. 48-Stunden-Wochen) ergeben.
Der heikelste Punkt: Ein approbierter Filialleiter, der in eigener Verantwortung persönlich die Filiale führt, kann als Heilberufler in Hinblick auf den pharmazeutischen Kernbereich nicht weisungsgebunden sein. Das bedeutet, dass das Weisungsrecht hier durch apothekenrechtliche, arzneimittel- und heilmittelrechtliche Vorschriften begrenzt ist und nicht der arbeitsvertraglichen Dispositionsfreiheit der Vertragspartner unterliegt. Jedwede pharmazeutische Weisung ist daher unzulässig und im arbeitsrechtlichen Verhältnis kein Grund für eine Abmahnung oder Kündigung.
(5) Vertragsgestaltung
In vielen Fällen werden die Filialleitungen gar nicht mit neuen Mitarbeitern besetzt. Der Inhaber spricht vielmehr, nachdem er eine weitere Apotheke erworben hat, seine "erste Kraft" an, um die Leitung der neuen Filiale zu übernehmen. Zwei Varianten stehen zur Debatte:
1. Die bisher selbstständige Apotheke wird zur Filiale umgewandelt, und der dort angestellte Approbierte kann an seinem gewohnten Arbeitsplatz bleiben; oder der neue Inhaber versetzt einen seiner bisherigen Approbierten in die Filiale ("Umsetzung"). In diesen Fällen kommt es oft nicht zum Abschluss eines speziellen Vertrages für Filialleiter. Es werden lediglich "Ergänzungen zum Arbeitsvertrag" geschlossen, die dann eine Formulierung beinhalten wie "Ab dem 1. 2. 2011 wird Mitarbeiterin X zur Filialleitung". Davon ist dringend abzuraten, da wichtige Vollmachten nicht geregelt werden. Es ist immer zu bedenken, dass eine Filialleitung nach außen die volle Vertretungsmacht für die Filiale besitzt. Außerdem entstehen Unsicherheiten auf Seiten des Arbeitnehmers, was er im Innenverhältnis selbstständig erledigen darf und soll.
2. Inzwischen geht die Besetzung einer Filialleiterstelle immer häufiger den klassischen Weg: Der Inhaber inseriert, und interessierte Approbierte bewerben sich. Jetzt muss sich der Inhaber – möglichst vor dem Vorstellungsgespräch – Gedanken darüber machen, welche Verantwortlichkeiten er dem Filialleiter überlassen will. Eine wirtschaftliche Verantwortung für das Wohl und Wehe der Apotheke trifft den Filialleiter nur durch die in seinen Arbeitsvertrag übernommenen Vereinbarungen. Ob der Filialapotheker reiner "Statthalter" ist, der Marketingkonzepte von der Hauptapotheke übernimmt, oder aber eigene Ideen wie Patientenschulungen, Beratungstätigkeiten für Seniorenheime oder spezielle Vertragsgestaltungen mit Ärzten einbringt, hängt letztendlich von den Regelungen im Arbeitsvertrag ab. Führt der Inhaber die Filialapotheke auch zentral, schwindet der Einfluss des Filialleiters gerade in Hinblick auf eine wirtschaftliche Mitarbeit.
Aber auch im täglichen, operativen Geschäft können trotz dieser Vorgaben erhebliche Spielräume entstehen. Nach außen ist der Filialleiter zumeist auch zivilrechtlich Vertreter des Inhabers, da er seine Geschäfte besorgt, Aufträge erteilt oder Kaufverträge abschließt.
Üblicherweise regeln Filialleiter und Inhaber bei Beginn des Vertragsverhältnisses, ob der Filialleiter gesonderte Vollmachten erhält. Dies ist ein ganz wichtiger Punkt, der in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden muss! Üblicherweise werden derzeit Kündigung und Entlassung von Angestellten vom Verantwortungsbereich des Filialleiters ausgeschlossen.
(6) Haftung
Nur Verantwortungsbereiche, die vertraglich auf den Angestellten übertragen worden sind, können unter Umständen zu einer Haftung führen. Wer wofür haftet, hängt einzig von den im Arbeitsvertrag übernommenen Aufgaben ab. Der Status eines Angestellten hat hier nur geringe Bedeutung.
Prüft man Schadensersatzansprüche gegen den Filialapotheker, so ist zu klären, wann dieser nach außen, also gegenüber Lieferanten oder Kunden haftet und wann nach innen, also gegenüber dem Inhaber.
Bei der Außenhaftung ist die Frage relevant, wann der Filialapotheker einem Kunden gegenüber aus einem Vertrag haftet, etwa wenn ein falsches Medikament abgegeben wurde, und wann er aus dem Gesetz heraus haftet, weil er zum Beispiel im Winter nicht sorgfältig die Treppe vor dem Ladengeschäft vom Schnee befreit hat und ein Kunde gestürzt ist.
Wurde etwa ein falsches Medikament abgegeben, wendet sich der Patient direkt an den Filialleiter. Die daraufhin geführte Schadensersatz- oder Schmerzensgeldklage richtet sich ebenfalls an ihn. Daran geht kein Weg vorbei – dieses Risiko des direkten Zugriffs der Patienten auf den Filialleiter ist auch nicht zu versichern.
Die alles entscheidende Frage ist, ob und unter welchen Voraussetzungen der Filialleiter dem Inhaber gegenüber haftet (z. B. bei Vollmachtsmissbrauch) und wann er – bei eigener Haftung – einen sogenannten Freistellungsanspruch gegen den Inhaber geltend machen kann.
Gegenüber dem Inhaber kann der Filialleiter haften, wenn Letzterer einen wirtschaftlichen Schaden verursacht. Zu denken ist hier an Kassenfehlbestände, den Verfall oder die Vernichtung von Lagerware sowie Straftatbestände jeder Art, also Diebstahl und Unterschlagung.
Ein Freistellungsanspruch gegen den Inhaber bedeutet, dass der Inhaber für einen vom Filialleiter verursachten Schaden einspringt, der Inhaber ihn also von den Ansprüchen Dritter freihalten muss. Wird gegen den Filialleiter ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht, so ist dieser Aspekt immer vorab zu prüfen. Da ein Arbeitgeber in der Regel die wirtschaftliche und personelle Gesamtverantwortung trägt und ebenfalls einen alleinigen Anspruch auf die erwirtschafteten Gewinne hat, wird ihm auch das durch den Betrieb seiner Apotheke entstehende Risiko zugerechnet.
In der Rechtsprechung wurden – zur Entlastung der Arbeitnehmer – Grundsätze zur Haftungsbegrenzung für Arbeitnehmer bei Vermögensschäden aufgestellt: Wenn der Schaden bei einer betrieblichen Beschäftigung entstanden ist und den Filialleiter kein Verschulden trifft, ist er von der Haftung freizustellen.
Zur Feststellung, ob die erste Voraussetzung erfüllt ist, genügt es, wenn der Filialleiter tatsächlich seiner vertraglich vereinbarten Beschäftigung nachgeht. Steht er in der Apotheke, kann in der Regel angenommen werden, dass er eine Tätigkeit für seinen Arbeitgeber verrichtet, sodass die erste Voraussetzung erfüllt wäre. Davon wäre nicht auszugehen, wenn der Filialleiter in der Apotheke Geschäfte oder Tätigkeiten seines Privatlebens abwickelt.
Eine immer wiederkehrende Frage ist die nach der Haftung für einen Kassenfehlbestand – im arbeitsrechtlichen Bereich auch Mankohaftung genannt. Die Problematik für den Filialleiter stellt sich dann, wenn seine Mitarbeiter einen Fehlbestand verursachen. Ist der Verantwortliche nicht klar zu identifizieren, weil etwa mehrere Angestellte und der Filialleiter Zugang zu der Kasse haben, kann keinem der Mitarbeiter unterstellt werden, er sei für den Fehlbestand verantwortlich. Auch eine immer wieder gern praktizierte "Sippenhaft" gibt es in diesem Bereich nicht. Der Inhaber kann in solchen Fällen weder dem Filialleiter noch den übrigen Angestellten den Schaden in Rechnung stellen und ebenfalls nicht darauf bestehen, dass der Fehlbestand als Gesamtschuld von allen Mitarbeitern der Filialapotheke gemeinsam getragen wird. Etwas anderes ergibt sich nur dann, wenn tatsächlich nur eine Person Zugang zur Kasse hatte.
(7) Nachvertragliche Wettbewerbsverbote
Die Vereinbarung von Wettbewerbsverboten im Vertrag fußt auf der Angst des Inhabers, der Filialleiter könnte sich, wenn er erst einmal genug Einblick in das "Unternehmen Apotheke" erhalten hat und den Standort genau kennt, entschließen, direkt in der Nachbarschaft eine eigene Apotheke zu eröffnen. Ein solches Unterfangen ist dem Filialleiter nicht per se verboten.
Zwar ist die Tätigkeit in einer Konkurrenzapotheke während der Beschäftigung als Filialleiter schon aufgrund der oben bereits erwähnten vertraglichen Nebenpflichten des Filialleiters angreifbar. Die Eröffnung einer neuen Apotheke nach der regulären Beendigung des Arbeitsverhältnisses bleibt aber zulässig.
Die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes erscheint logisch, wenn sich der Inhaber vor einer Konkurrenztätigkeit des Filialleiters schützen will. Allerdings halten die meisten im Arbeitsvertrag vereinbarten Klauseln einer Prüfung nicht stand, weil sie nicht den Anforderungen genügen, die in den §§ 74, 74a Handelsgesetzbuch (HGB) aufstellt sind [4].
Quellen und Anmerkungen
[1] Gehaltstarifvertrag zwischen ADEXA und ADA vom 01.01.2011; abweichend ist der Gehaltstarifvertrag von ADEXA mit der TGL Nordrhein.
[2] Landesarbeitsgericht Berlin, Urteil vom 13.12.2006, Az. 15 Sa 1135/06, nach § 287 ZPO.
[3] Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.12.2007, Az. 10 AZR 97/07.
[4] Borrmann I, Hoffmann E. Filialapothekenleitung, Kap. 9, S. 85 ff.
Autorin
Iris Borrmann, Leiterin Justiziariat, Adexa – Die Apothekengewerkschaft, Deichstraße 19, 20459 Hamburg, info@adexa-online.de
Literaturtipp: Filialapothekenleitung
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Iris Borrmann und Elfriede Hoffmann
Filialapothekenleitung – Rechtsfragen, Arbeitsverträge, Praxistipps137 Seiten. Geb. 34,80 Euro
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Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2010 ISBN 978-3-7692-5100-5Dieses Buch können Sie einfach und schnell bestellen unter der Postadresse:
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