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Praxis aktuell
Aufhörwillige Raucher sind nicht allein
DAZ: Herr Dr. Kröger, was kann der Apotheker tun, wenn ein Kunde mit dem Rauchen aufhören möchte?
Kröger: Zunächst einmal soll er das Anliegen des Kunden ernst nehmen und im Gespräch abklären, ob es dem Kunden auch wirklich ernst ist. Denn an den Anfang einer Therapie gehört eine klare Entscheidung für ein rauchfreies Leben. Die meisten Raucher sind hier jedoch ambivalent. Liegt ein eindeutiges "Ja" vor, wäre es wichtig zu wissen, ob der Kunde bereits eine Vorstellung davon hat, welche Unterstützung er braucht. Hat er womöglich schon etwas ausprobiert? Die Nicotinersatztherapie mit Pflastern, Kaugummis oder Lutschtabletten kann ihm den Ausstieg erleichtern. Zusammen mit einer guten Anleitung verdoppelt sie die Chancen, beim Start in ein rauchfreies Leben erfolgreich zu sein. Funktionieren kann sie jedoch nur mit dem festen Willen zum Rauchstopp.
DAZ: Wie sucht der Apotheker das passende Nicotinersatzpräparat heraus?
Kröger: Welche Form der Nicotinersatztherapie in Frage kommt, richtet sich nach der Anzahl der bisher gerauchten Zigaretten. Für starke Raucher, die mehr als 20 Zigaretten am Tag rauchen, ist das Nicotinpflaster mit der Dosierung von 52,5 mg am Tag geeignet, nach drei bis vier Wochen wechseln sie auf die mittlere Stärke und nach weiteren drei bis vier Wochen auf die geringste Stärke mit 17,5 mg pro Tag. Nicotinkaugummis oder Nicotinlutschtabletten sind vor allem für Gelegenheitsraucher geeignet. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, sie auch zusätzlich zu den Pflastern zu kauen, falls zwischendurch das Verlangen nach einer Zigarette besonders stark ist. Diese Kombination ist in Deutschland so noch nicht zugelassen.
DAZ: Welche Empfehlung kann das Apothekenteam dem Kunden sonst noch mitgeben?
Kröger: Wenn sich ein Raucher für ein rauchfreies Leben entschieden hat, dann sollte er es richtig machen. Apotheker sollten ihrem Kunden vermitteln, dass er kein heldenhaftes Verhalten an den Tag legen sollte. Eine Entwöhnung nach dem Motto "Ich halte das schon aus und lasse immer mal einen Kaugummi weg oder fange erst mal mit dem niedriger dosierten Pflaster an" – wie man das vielleicht bei einer Schmerztablette macht – führt zu unnötiger Unzufriedenheit in Form von Entzugserscheinungen und letztlich meist zum Abbruch der Therapie. Die Nicotinersatztherapie ist sehr gut verträglich und vielfach erprobt. Es besteht also keine Veranlassung, eine zu niedrige Dosis zu wählen. Dem Käufer sollte genau erläutert werden, wie die Produkte anzuwenden sind. Bei Kaugummis oder Lutschtabletten sollte man zum Beispiel darauf hinweisen, dass nicht zu lange gekaut oder gelutscht wird. Denn nur bei fehlenden Pausen kann es zu einem unangenehmen Gefühl im Magen kommen.
DAZ: Gibt es psychische Tricks, die dem Entwöhnungswilligen sein Vorhaben erleichtern?
Kröger: Wichtig ist, dass er den ersten Tag des Rauchstopps gut plant, sich einen Tag aussucht, an dem beispielsweise wenig Stress zu erwarten ist. Am besten einen typischen Routinetag, an dem er nicht ausgeht und keinen "Risiken" wie dem Konsum von Alkohol ausgesetzt ist, bei dem viele Ex-Raucher besonderes Verlangen nach einer Zigarette verspüren.
DAZ: Was sollte der Kunde bei einem Rückfall tun?
Kröger: Auch bei einer Rückfall-Zigarette sollte er die Therapie fortsetzen! Man braucht das Pflaster nicht abzureißen, denn es kommt dadurch nicht zu einer Überdosierung. Wichtig ist die Regel: Nicht eine gerauchte Zigarette macht den Rückfall aus, sondern die zweite, dritte und vierte.
DAZ: Kann man mit dem Rauchen auch schrittweise aufhören, also einzelne Zigaretten durch einen Nicotinkaugummi ersetzen?
Kröger: Die Reduktionsmethode ist für Raucher geeignet, die sich noch nicht 100-prozentig sicher sind, ob sie den Schritt in ein rauchfreies Leben wirklich gehen wollen. Der Raucher kann so einzelne Zigaretten durch einen Nicotinkaugummi ersetzen und dadurch schrittweise zum Nichtraucher werden. Für den Erfolg wäre es hilfreich, einen Reduktionsplan zu erstellen, auf dem er die Schritte zur Verringerung des Zigarettenkonsums fixiert. Einem fest entschlossenen Raucher sollte man empfehlen, von einem Tag auf den anderen aufzuhören.
DAZ: Was kann der Apotheker dem Kunden raten, der schon mehrere erfolglose Versuche hinter sich hat?
Kröger: Der Kunde kann sich Unterstützung in einem Nichtrauchercoaching suchen. Hier wird der Patient unter fachmännischer Anleitung auf seinen Schritt in das rauchfreie Leben vorbereitet.
DAZ: Was kommt da auf den Raucher zu?
Kröger: Die Seminare sind unterhaltsam und die meisten Raucher sind überrascht und sehr zufrieden damit. Sie erfahren, warum man raucht, warum Rauchen befriedigend ist und warum es so schwer ist, damit aufzuhören. Das schlechte Gewissen, das viele wegen der erfolglosen Aufhörversuche plagt, wird relativiert, die Motivation und die Zuversicht werden gesteigert und Hilfestellungen beim Weg in das rauchfreie Leben werden gegeben. Wir arbeiten dabei auch mit der Nicotinersatztherapie. Zusätzlich werden die Teilnehmer unterstützt mit Tipps und Tricks wie man den Alltag meistert und welche Alternativen es für kritische Situationen gibt. Wie zum Beispiel verhalte ich mich bei einem plötzlichen starken Rauchdrang? Hier ist es wichtig zu wissen, dass so eine Attacke nur etwa fünf bis zehn Minuten dauert und dass es Tricks gibt, wie man diese Zeit überbrücken kann. Zum Beispiel durch das Kauen auf einem Stück Chili, Nelke oder einem Nicotinkaugummi. Zu den psychischen Ablenkungsmanövern gehören Gedankenspiele. Gemeinsam mit dem Coach werden Gründe für das Nichtrauchen herausgearbeitet und unterstützt, aber auch Zukunftsvisionen für das rauchfreie Leben erstellt.
DAZ: Welche Gründe können das sein?
Kröger: Oft sind das gesundheitliche Gründe, entweder weil bereits eine Erkrankung vorliegt oder weil man gesundheitliche Schäden, die durchs Rauchen entstehen, verhindern möchte. Die Gründe können auch im gesellschaftlichen oder familiären Umfeld liegen: also ein Rauchstopp den Kindern oder dem Partner zuliebe. Für andere ist es eine Frage des Selbstwertgefühls. Sie sind stolz, wenn sie ihren Alltag auch ohne Zigaretten meistern können.
DAZ: Einige Nicotinkaugummis haben einen Zahnweiß-Effekt. Könnte dies Raucher zusätzlich motivieren, aufzuhören?
Kröger: Ja, auch kosmetische Aspekte zählen zu den Gründen, warum manche mit dem Rauchen aufhören möchten.
DAZ: Wie lange dauert so ein Coaching?
Kröger: Ein Nichtrauchercoaching streckt sich über drei bis sieben Termine, also etwa zwei bis sechs Wochen.
DAZ: Gerade zum neuen Jahr sind die Zeitungen voll mit Anzeigen zu Entwöhnungskursen. Wie findet man einen seriösen Coach?
Kröger: Von Angeboten, die einen Erfolg garantieren, sollte man Abstand nehmen. Einen Erfolg kann niemand sicher versprechen. Es gibt Datenbanken, die eine Liste seriöser und getesteter Coaches veröffentlichen – zum Beispiel die der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, vom Rauchfrei-Programm des IFT oder der Krankenkassen.
DAZ: Wie teuer sind solche Seminare?
Kröger: Sie kosten etwa zwischen 150 und 250 Euro.
DAZ: Herr Dr. Kröger, vielen Dank für das Gespräch!
Literaturtipp: Slow Rauchen
Es ist eine weit verbreitete Annahme, dass man mit dem Rauchen nur von "jetzt auf gleich" Schluss machen kann. Auch wenn es zweifellos Menschen gibt, die das schaffen – die Zahl der Rückfälligen, die nach einer gewissen Zeit doch wieder zur Zigarette greifen, ist ziemlich hoch. Mit jedem Misserfolg schwindet das Selbstvertrauen, die Betroffenen stehen als "willensschwach" da. Hier setzt das "Slow-Rauchen" als Alternative an: Ziel ist das bewusste Rauchen von nur einigen wenigen Zigaretten täglich. Der Weg dorthin führt über das Erkennen der eigenen Abhängigkeit, das bewusste Anschauen des persönlichen Rauchverhaltens und das Erlernen von Alternativ-"Techniken".
Marc Rainer Favre
Slow RauchenVII, 112 S., 4 s/w Abb. Kartoniert 18,00 Euro
S. Hirzel Verlag 2003.ISBN 978-3-7776-1234-8
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