Gesundheitspolitik

Nicht kostendeckend

Arzneimittelpreisverordnung: Im GKV-Markt keine Kostendeckung / Von Klaus G. Brauer und Uwe Hüsgen

Bei der Versorgung von GKV-Patienten mit verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln (Rx-FAM) erwirtschaften Apotheken über die Zuschlagsregelung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) seit Jahren nicht einmal ihre steuerlich abzugsfähigen Kosten. Eine eigentlich ebenso notwendige Kompensation auch der kalkulatorischen Kosten – Honorierung des Arbeitseinsatzes des Apothekenleiters, Eigenkapitalverzinsung etc. – kommt damit nicht einmal in Sichtweite. Ohne Einkaufsrabatte und Quersubventionierungen wäre die Versorgung von GKV-Patienten mit Rx-FAM deshalb schon seit Längerem zusammengebrochen.

Die in der Arzneimittelpreisverordnung geregelten Zuschläge haben – unter Berücksichtigung auch des gesetzlichen Rabattes zugunsten der GKV – bewirkt, dass in den Jahren 2004 bis 2009 die Apothekenroherträge aus der Versorgung von GKV-Patienten mit Rx-FAM in Prozenten des Umsatzes um 2,2%-Punkte (von 17,9% auf 15,7%) gesunken sind. Die Belastung der GKV durch die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel ist im gleichen Zeitraum um 2,2%-Punkte (von 13,8% auf 16,0% des Umsatzes) gestiegen.

Schon 2004, mit Beginn der Umstellung der Arzneimittelpreisverordnung auf einen Fixzuschlag (8,10 € abzüglich Kassenrabatt) und auf einen prozentualen Aufschlag von 3% (kaufmännische Komponente), reichte der Rohertrag nach AMPreisV (17,9% des Umsatzes) nicht aus, um die steuerlich abzugsfähigen Kosten zu decken. Obwohl der Anteil der steuerlich abzugsfähigen Kosten deutlich abgesenkt wurde (von 18,2% des Umsatzes in 2004 auf 16,9% in 2009) nahm die Unterdeckung (das Minus im steuerlichen Betriebsergebnis) wegen des hohen Rohertragsverfalls deutlich zu (von 0,2% in 2004 auf 1,2% in 2009). Der leichte Rückgang des prozentualen Fehlbetrages beim Vergleich 2008/2009 (von -1,4% auf -1,2%) kam durch die kurzzeitige Absenkung des Kassenrabattes je abgegebenem Rx-FAM von 2,30 € auf 1,75 € zustande. Von 2006 auf 2007 war der Fehlbetrag zuvor durch eine Erhöhung des Kassenrabattes von 2,00 € auf 2,30 € von 0,8% auf 1,4% des Umsatzes hochgeschnellt. Für 2010 (endgültige Zahlen liegen noch nicht vor) ist aufgrund eines geringen Zuwachses an abgegebenen Packungen und eines etwa zehnmal so großen Umsatzzuwachses mit einem erneuten Rückgang des prozentualen Rohertrages auf das Niveau von 2008 zu rechnen. Bedingt durch die Anhebung des Kassenrabattes von 1,75 € auf 2,05 € je zulasten der GKV abgegebenem Rx-FAM in 2011 ist mit einem weiteren Anstieg der Unterdeckung zu rechnen; gerade angesichts der aktuell erfolgten Tarifvereinbarung könnten 2,0% des Umsatzes erreicht werden.

Dass die Versorgung der GKV-Patienten mit Rx-FAM trotz dieser ernüchternden Zahlen – bisher – möglich blieb, hat mehrere Gründe.

  • Ein Blick auf die Entwicklung der steuerlich abzugsfähigen Kosten zeigt, dass die Apotheken gerade in den letzten Jahren deutliche Rationalisierungserfolge verbuchen konnten.

  • Mindestens ebenso wichtig waren die durch Rationalisierung erzielbaren und erzielten Einkaufsvorteile, die übrigens – mit Blick auf die Unterdeckung – zum größten Teil der GKV/ den GKV-Versicherten zugutekamen. Insbesondere die Rabatte sind allerdings immer mehr unter Druck geraten – zunächst durch eine Verschärfung der Vorschriften in § 7 des Heilmittelwerbegesetzes (Verbot von Naturalrabatten, Beschränkung von Barrabatten) mit dem AVWG 2006, jetzt aktuell durch das AMNOG, das über eine Reduzierung der Großhandelsmarge (in 2011, verschärfend in 2012) im Ergebnis die Konditionen der Apotheken weiter verschlechtert.

  • Zur Kompensation der Fehlbeträge bei der Versorgung von GKV-Patienten mit Rx-FAM musste auf Erträge aus dem PKV- und Selbstmedikationsmarkt zurückgegriffen werden. Dieser Weg der Kompensation kommt allerdings zunehmend unter Druck – z.B. durch die gerade im OTC-Bereich überproportionalen Verluste an den Versandhandel und durch die politische Agonie im Zusammenhang mit der Pick-up-Stellen-Problematik.


Korrespondenzadresse:
Dipl.-Math. Uwe Hüsgen, Unternehmensberater, Bremerstr. 30, 45239 Essen,
E-Mail: uwe.huesgen@web.de



AZ 2011, Nr. 3, S. 2

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