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Wenn Angst zum Problem wird

Angststörungen werden immer häufiger diagnostiziert, Psychopharmaka immer häufiger verordnet. Dabei bleibt offen, ob diese Erkrankungen öfter vorkommen oder das Bewusstsein der Ärzte für diese Diagnosen zugenommen hat. Doch ist Furcht keineswegs krankhaft, sondern sogar ein lebensnotwendiger Schutzmechanismus, der die Energie für eine nötige Flucht oder einen Kampf bereitstellt. Krankhaft wird die Furcht, wenn sie unangemessen ist und häufig wiederkehrt.
Jan Richter
Foto: DAZ/tmb

Phobien

Dipl.-Psychologe Jan Richter aus dem Arbeitskreis von Prof. Dr. Alfons Hamm vom Institut für Psychologie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, stellte zunächst die weit verbreiteten Phobien vor. Etwa 4 bis 12 Prozent der Menschen entwickeln in ihrem Leben eine soziale Phobie, 6 bis 15 Prozent eine spezifische Phobie. Letztere ist eine ausgeprägte und anhaltende Furcht, die durch einen spezifischen Reiz ausgelöst wird. Die Patienten erkennen das Problem selbst, können es aber nicht regulieren und reagieren mit einem Vermeidungsverhalten, das zu sozialen Einschränkungen führen kann. Typische Auslöser sind bestimmte Tiere, Naturkatastrophen, enge Räume, Höhe oder Flüge. Ausgefallenere Beispiele sind die Hydrargyophobie, die Furcht vor Arzneimitteln, und die Iatrophobie, die Furcht vor dem Arzt.

Ohne Behandlung nehmen solche Phobien oft einen ungünstigen Verlauf. Die psychotherapeutische und die medikamentöse Behandlung unterscheiden sich nicht nur in den Mitteln, sondern gehen von verschiedenen Krankheitsmodellen aus. Die Psychoanalyse unterstellt einen unbewussten pathologischen Konflikt, der aufgedeckt und gelöst werden muss. Bei der kognitiven Verhaltenstherapie soll sich der Patient mit seinem abnormen krankhaften Denken auseinandersetzen, um es zu überwinden. Dagegen legt die Vorstellung eines korrigierbaren Ungleichgewichts zwischen den Neurotransmittern den Einsatz von Arzneimitteln nahe, typischerweise Antidepressiva oder Anxiolytika. Insbesondere Benzodiazepine wirken schnell. Arzneimittel sind individuell dosierbar und im Gegensatz zu psychotherapeutischer Behandlung gut verfügbar. Nachteilig sind die unerwünschten Arzneimittelwirkungen, insbesondere die Toleranzentwicklung, die Abhängigkeitsgefahr und mögliche kognitive Störungen bei Benzodiazepinen. Diese sollten daher nach Einschätzung von Richter nur befristet eingesetzt werden, um schwer betroffene Patienten überhaupt einer Psychotherapie zugänglich zu machen. Als weiteren Nachteil der Arzneitherapie sieht er die passive Veränderungserwartung. Die Patienten verlassen sich zu sehr auf das Arzneimittel.

Panikstörungen

Ebenfalls weit verbreitet sind Panikstörungen. Bei Panikattacken verspüren die Betroffenen plötzlich eine intensive Angst, die sich schnell zur Todesangst steigern kann. Auslöser sind meist geringe körperliche Veränderungen wie erhöhter Puls. Dies wird als gefährlich bewertet und löst eine Furchtreaktion aus, die zu weiteren körperlichen Symptomen führt, sodass ein Teufelskreis entsteht. Da die Patienten primär über die somatischen Symptome berichten, dauert die Diagnose im Durchschnitt sieben Jahre. Richter warnte davor, solche Probleme durch Vermeidungsverhalten zu umgehen, weil dies die korrigierende Erfahrung verhindert. Stattdessen sollten sich die Patienten im Sinne der kognitiven Verhaltenstherapie in Expositionsübungen ihrer Angst stellen. So können sie lernen, dass die befürchteten Folgen nicht eintreten. tmb

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