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Mikronährstoffe
Vitamin D3 verbessert die Wirksamkeit von Atorvastatin
Das fettlösliche Vitamin D3 ist ein Secosteroid, das durch Hydroxylierung über die Zwischenstufe 25-Hydroxy-Vitamin D3 (Calcidiol) in die biologisch aktive Form, das 1,25-Dihydroxy-Vitamin D3 (Calcitriol), überführt wird. Diese aktive Form wird auch als Vitamin-D-Hormon bezeichnet; es entfaltet seine physiologischen Wirkungen durch Bindung an Vitamin-D-Rezeptoren, die in zahlreichen Geweben (z. B. Herzmuskel) vorkommen. Nach aktuellen Studien dürfte ein unzureichender Vitamin-D-Status (Calcidiol im Serum ≤ 75 nmol/l) nicht nur die allgemeine und kardiovaskuläre Mortalität erhöhen, sondern auch ein wichtiger ätiologischer Faktor bei der Pathogenese zahlreicher chronischer Erkrankungen sein (z. B. Alzheimer, Diabetes mellitus, multiple Sklerose, Krebs) [3, 8, 11, 12].
Versorgungslage schlecht
Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung ist nur unzureichend mit Vitamin D3 versorgt. Ein Maß zur Einschätzung des individuellen Vitamin-D-Status ist der Calcidiol-Serumspiegel. Legt man unter präventiven Aspekten einen guten Vitamin-D-Status anhand der Calcidiol-Serumspiegel von > 80 nmol/l (> 32 ng/ml) fest, so dürften in Deutschland bis zu 90% der Bevölkerung unterversorgt sein, insbesondere im Herbst und Winter. Eine gezielte Verbesserung des Vitamin-D-Status könnte nach aktuellen Berechnungen der Ruhr-Universität mit Einsparungen im deutschen Gesundheitssystem von bis zu 37,5 Mrd. Euro pro Jahr einhergehen [3, 11].
Vitamin D3 und Herzfunktion
Vitamin D3 hat einen regulierenden Einfluss auf die Herzmuskelleistung, die myokardiale Calcium-Homöostase und den Blutdruck; so wirkt es einer myokardialen Hypertrophie und einer koronaren Herzkrankheit (KHK) entgegen.
Vitamin D3 reguliert die Aktivierung des Renin-Angiotensin-Systems herunter und senkt erhöhte Parathormon- und Triglyceridspiegel. Der Vitamin-D-Status korreliert (wie auch der Magnesiumstatus) invers mit zwei kardiovaskulären Risikoparametern, hs‑CRP (hochsensitives C-reaktives Protein) und NT-pANP (N‑terminales pro-atriales natriuretisches Peptid), und schützt dadurch den Herzmuskel (s. Kasten "Kardioprotektive Eigenschaften von Vitamin D3") [2, 5 – 8, 11, 13].
Tab. 1: Einfluss des Vitamin-D-Status (Calcidiol im Serum) auf die Serumlipidspiegel-modulierende Wirkung von Atorvastatin bei Patienten mit akutem Herzinfarkt (n = 63): Veränderung der Cholesterin- und Triglyceridspiegel (jeweils mg/dl) im Laufe von zwölf Monaten. (Die Atorvastatin-Dosis war jeweils gleich.) [9] | ||||||
Calcidiol | < 30 nmol/l (n =13) | 30 – 50 nmol/l (n = 34) | > 50 nmol/l (n = 16) | |||
Lipide | vorher | nachher | vorher | nachher | vorher | nachher |
Gesamt-Cholesterin | 173 ± 47 | 164 ± 51 | 177 ± 49 | 157 ± 31* | 202 ± 43 | 163 ± 25*** |
Triglyceride | 151 ± 49 | 177 ± 94 | 154 ± 121 | 114 ± 55 | 157 ± 61 | 110 ± 37**** |
HDL -Cholesterin | 34 ± 6 | 45 ± 9 | 36 ± 11 | 49 ± 13** | 41 ± 8 | 50 ± 10***** |
LDL -Cholesterin | 111 ± 48 | 92 ± 45 | 112 ± 42 | 86 ± 31 | 114 ± 29 | 89 ± 26 |
* p = 0,021 ** p = 0,001 *** p = 0,003 **** p = 0,0001 ***** p = 0,008
In einer aktuellen Studie des Herzzentrums Ludwigshafen mit 3299 KHK-Patienten wurde der Einfluss des Vitamin-D-Status auf die kardiovaskuläre Mortalität über einen Zeitraum von 7,7 Jahren verfolgt. Dabei zeigte sich, dass der Vitamin-D-Status mit dem Schweregrad der Herzinsuffizienz und mit einer schlechten linksventrikulären Ejektionsfraktion invers korreliert. Ein Vitamin-D-Mangel (Calcidiol < 25 nmol/l bzw. 10 ng/ml) war im Vergleich zu einem guten Vitamin-D-Status (Calcidiol ≥ 75 nmol/l bzw. 30 ng/ml) mit einem 2,8-fach erhöhten Risiko für Tod durch Herzversagen und 5-fach erhöhten Risiko für plötzlichen Herztod assoziiert [1, 10].
Vitamin D3 und Cholesterinsynthese
In experimentellen Studien interagieren Vitamin D3 und seine hydroxylierten Metaboliten (25-OH-D3 und 1,25-(OH)2-D3) mit der HMG-CoA-Reduktase, sodass die Aktivität dieses Cholesterinsynthese-Enzyms dosisabhängig herunterreguliert und die Cholesterinsynthese gehemmt werden (Abb. 1) [4].
Kardioprotektive Eigenschaften von Vitamin D3Antiinflammatorische Wirkung: Inhibierung der Produktion der über den redoxsensitiven Transkriptionsfaktor NFκB gebildeten proinflammatorischen Zytokine (z. B. TNFα) Endothel: Hemmung der Zellproliferation über Wechselwirkung mit Vitamin-D-Rezeptoren in Endothelzellen Herzmuskel: Stärkung der Herzmuskelkraft (positiv inotrop) Blutdrucksenkende Wirkungen: Hemmung der Aktivierung des Renin-Aldosteron-Angiotensin-Systems; Aktivitätserhöhung der Adenylatcyclase wirkt intrazellulärer Calciumbelastung entgegen und verringert die Gefäßreaktivität Parathormon: Suppression von Parathormon (PTH-Spiegel > 250 pg/ml sind mit 2-fach erhöhtem kardiovaskulärem Risiko verbunden)
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Darüber hinaus kann 25-OH-Vitamin D3 die Aktivität des Enzyms Lanosterin-14α-Demethylase (CYP 51A1) hemmen, welches ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Cholesterinsynthese spielt (Abb. 1) [9].
Synergie mit Atorvastatin
In einer aktuellen Studie an 63 hospitalisierten Patienten mit akutem Herzinfarkt (40 Männer, 23 Frauen) wurde nun der Einfluss des Vitamin-D-Status (Calcidiol im Serum) auf die Lipidspiegel-modulierende Wirkung von Atorvastatin untersucht, insbesondere auf die Reduktion des Gesamt-Cholesterins und der Triglyceride (Tab. 1) [9].
Die Cholesterin- und Triglyceridspiegel-senkende Wirkung von Atorvastatin war bei einem suboptimalen (Calcidiol 30 bis 50 nmol/l) und einem optimalen Vitamin-D-Status (Calcidiol > 50 nmol/l) signifikant stärker als bei einem ausgeprägten Vitamin-D-Mangel (Calcidiol < 30 nmol/l).
Die Ergebnisse dieser Studie lassen vermuten, dass ein normaler Vitamin-D-Status notwendig ist, damit die Statine ihre Lipidspiegel-modulierende Wirkung ausreichend entfalten können. Generell sollte bei kardiovaskulären Risikopatienten, die mit Lipidsenkern therapiert werden, der Vitamin-D-Status kontrolliert und gegebenenfalls durch gezielte Supplementierung optimiert werden [2].
Literatur [1] Dobnig H, et al. Independent association of low serum 25-hydroxyvitamin D and 1,25-dihydroxy vitamin D levels with all-cause and cardiovascular mortality. Arch Intern Med 2008;168: 1340 – 1349. [2] Ginde AA, et al. Prospective study of serum 25-hydoxyvitamin D level, cardiovascular disease mortality and all-cause mortality in older U.S. adults. J Am Geriatr Soc 2009;57:1595 – 1603. [3] Gröber U. Vitamin D3 – ein altes Vitamin im neuen Licht. Med Monatsschr Pharm 2010;33(10):376 – 383. [4] Gupta AK, et al. Effect of vitamin D3 derivates on cholesterol synthesis and HMG-CoA reductase activity in cultured cells. J Lipid Res, 1989;30(3):379 – 386. [5] Kim DH, et al. Prevalence of hypovitaminose D in cardiovascular disease (from the National Health and Nutrition Examination Survey 2001– 2004). Am J Cardiol 2008;102:1540 – 1544. [6] Lee JH, et al. Vitamin D deficiency an important, common, and easily treatable cardivascular risk factor? J Am Coll Cardiol 2008;52:1949 – 1956. [7] Martins D, et al. Prevalence of cardiovascular risk factors and the serum levels of 25-(OH) D in the United States. Arch Intern Med 2007;167(11):1159 – 1165. [8] Melamed ML, et al. 25-(OH) D levels and the risk of mortality in the general population. Arch Intern Med 2008;168(15):1629 – 1637. [9] Perez-Castrillon JL, et al. Vitamin D levels and lipid response to atorvastatin. Int J Endocrinol 2010;2010:320721. [10] Pilz S, et al. Association of vitamin D deficiency with heart failure and sudden cardiac death in a large cross-sectional study of patients referred for coronary angiography. J Clin Endocrin Metab 2008;93:3927 – 35. [11] Zittermann A. The estimated benefits of vitamin D for Germany. Mol Nutr Food Res 2010;54:1164 – 71. [12] Zittermann A, Grant WB. 25-hydroxyvitamin D levels and all-cause mortality. Arch Intern Med 2009;169(11):1075 – 1076. [13] Zittermann A, et al. Low Vitamin D Status: a contributing factor in the pathogenesis of congestive heart failure? J Am Coll Cardiol 2003;41:105 – 112.
Autor
Uwe Gröber
Akademie & Zentrum für Mikronährstoffmedizin
Zweigertstraße 55, 45130 Essen
Literaturtipp
Uwe Gröber
MikronährstoffeMetabolic Tuning – Prävention – Therapie
3. Auflage. 624 S., 27 farb. Abb., 134 Tab. Flex. 36,– Euro
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