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Fortbildung
Kleine Patienten brauchen große pharmazeutische Aufmerksamkeit
Prof. Dr. Thomas Jira von der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald freute sich als Vorsitzender der Scheele-Gesellschaft 200 engagierte Apothekerinnen und Apotheker zu begrüßen, die an die Ostsee nach Binz gereist waren, um sich weiterzubilden. Unter dem Motto "Kinder in der Apotheke" beleuchtete die wissenschaftliche Veranstaltung Aspekte der Arzneimittelforschung, Arzneimittelsicherheit und Arzneimittelanwendung bei Kindern. Deutlich wurde: zu viele Arzneistoffe sind noch immer nicht für Kinder zugelassen und werden Off label eingesetzt. Spätestens seit der 2007 in Kraft getretenen EU-Verordnung über kindgerechte Arzneimittel besteht die Hoffnung, dass der Off-label-Gebrauch von Arzneistoffen in der Pädiatrie geringer wird. Doch nach wie vor werden bis zu zwei Drittel aller im Kindesalter verwendeten Medikamente ohne Zulassung und klinische Prüfung eingesetzt, vor allem stationär behandelte Kinder erhalten Arzneimittel, die gar nicht oder nicht für ihre Erkrankung zugelassen sind. Die Ursachen dafür versuchte Dr. Andreas Franken zu zeigen. Auch die Entwicklung von Orphan drugs zur Behandlung seltener Krankheiten geht nur schleppend voran, wie Dr. Matthias Dormeyer ausführte.
Prof. Dr. Jörg Breitkreutz nannte positive Beispiele, wie in der Praxis erfolgreich kindgerechte Arzneizubereitungen und Darreichungsformen entwickelt werden, um den Wirkstoff möglichst vollständig am Wirkort zur Verfügung zu stellen.
Schon das ungeborene Kind muss geschützt werden. Doch das Risikopotenzial von Arzneimitteln bei Schwangeren wird in Fach- und Gebrauchsinformationen oft nicht adäquat abgebildet und eine vergleichende Risikobewertung vom Arzt ist nur selten möglich oder ausreichend. Dr. Christof Schaefer rät Frauen, im gesamten reproduktionsfähigen Alter bevorzugt erprobte Arzneistoffe anzuwenden und Alkohol als das gefährlichste Teratogen nicht zu unterschätzen.
Prof. Dr. Stephanie Läer wies darauf hin, dass die essenzielle Hypertonie der Erwachsenen ihre Wurzeln schon im Kindesalter hat. Ihre Forderung: ab einem Alter von drei Jahren sollte bei allen Vorsorgeuntersuchungen regelmäßig der Blutdruck gemessen werden!
Einen kritischen Umgang mit Stimulanzien in der Behandlung der ADHS forderte Prof. Dr. Frank Häßler. Eine medikamentöse Therapie sollte eingeleitet werden, wenn eine Verhaltenstherapie nicht ausreichend ist, allerdings wird das Ausmaß der unerwünschten Wirkungen oft unterschätzt.
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