DAZ aktuell

GKV-Finanzierungsgesetz bleibt umstritten

BERLIN (ks). Die geplante Finanzreform der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geht nach Ansicht von Sozialverbänden und Gewerkschaften dauerhaft zulasten der Versicherten. Auch die Arbeitgeber – die grundsätzlich einer Abkoppelung der Gesundheits- von den Arbeitskosten offen gegenüberstehen – haben ihre Probleme mit den Plänen der Regierungskoalition. Dies zeigte sich bei der öffentlichen Anhörung zum GKV-Finanzierungsgesetz am 25. Oktober im Gesundheitsausschuss des Bundestages.

Nach dem Gesetzesentwurf sollen künftige Verteuerungen bei der Gesundheit allein durch Zusatzbeiträge der Versicherten finanziert werden, deren Höhe nach oben offen ist. Zuvor soll der Beitragssatz Anfang 2011 von 14,9 auf 15,5 Prozent steigen. Der Beitragssatz der Arbeitgeber soll bei 7,3 Prozent eingefroren werden. Übersteigt der durchschnittlich von allen Kassen benötigte Zusatzbeitrag zwei Prozent des Einkommens eines Kassenmitglieds, erhält es die Differenz durch einen Ausgleich aus Steuermitteln zurück.

Zudem sieht der Gesetzentwurf Kostendämpfungsmaßnahmen vor: 2011 sollen Einsparungen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro erzielt werden, im Jahr 2012 in Höhe von 4 Milliarden Euro. Darin enthalten sind die erwarteten Ausgabensenkungen aufgrund des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) in Höhe von knapp 2 Milliarden Euro. Darüber hinaus sollen Hausärzte 500 Millionen Euro und Kliniken 450 Millionen Euro einsparen. Zahnärzte müssen im kommenden Jahr auf 20 Millionen Euro und im Jahr 2012 auf 40 Millionen Euro verzichten. Die Regierung plant weiterhin, dass die Verwaltungskosten der Krankenkassen in den Jahren 2011 und 2012 im Vergleich zu diesem Jahr nicht steigen. Das soll Einsparungen von pro Jahr 300 Millionen Euro bringen.

Arbeitgeber warnen vor zu viel Bürokratie

Der Versicherungsexperte der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), Volker Hansen, betonte in der Anhörung, die Arbeitgeber sähen es noch als offen an, ob der Arbeitgeberanteil bei den Beiträgen tatsächlich wie geplant auf Dauer festgeschrieben wird. Die vorgesehenen einkommensunabhängigen Zusatzbeiträge bezeichnete er dagegen als "wichtig für den Wettbewerb". Er bedauerte aber, dass diese erst vom Jahr 2012 an erhoben würden. Eine echte Entkopplung der Krankheitskosten von den Löhnen bleibe aus. Hansen warnte zudem vor mehr Bürokratie, weil alle 3,5 Millionen Betriebe für die Abwicklung des Sozialausgleichs verantwortlich werden sollten. Der jetzt vorgesehene Ausgleich sei "ähnlich ineffizient und ungerecht" wie das bisherige Beitragsverfahren – nötig sei eine Einbeziehung weiterer Einkommensarten.

Auch die Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche Rentenversicherung Bund kritisierten einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand sowie Personalkosten für den Aufbau des Ausgleichssystems und für dessen spätere Durchführung. Der Sozialverband VdK monierte die aus seiner Sicht fehlende Belastungsgerechtigkeit, weil der Sozialausgleich nicht auf Basis aller Einkommensarten berechnet werden soll, sondern nur auf Basis des Lohneinkommens. Sozial Schwächere würden weiter belastet. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) wandte sich generell gegen den Ausbau der Zusatzbeiträge mitsamt Sozialausgleich. Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Annelie Buntenbach, bemängelte, mit dem Einfrieren des Arbeitgeberbeitragssatzes würden sämtliche Kostensteigerungen in Zukunft "bei den Versicherten abgeladen".

GKV: Einsparungen nicht ausreichend

Die Chefin des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, bestätigte auf Nachfragen der Unions- und der FDP-Fraktion zwar, dass mit dem GKV-Finanzierungsgesetz ein flächendeckender Zusatzbeitrag bereits im kommenden Jahr sowie die Insolvenz einzelner Krankenkassen vermieden werden könnten. Zugleich betonte sie jedoch, dass die Beitragssatzerhöhung geringer hätte ausfallen können, wenn auf der Ausgabenseite mehr getan worden wäre. Pfeiffers Stellvertreter, Johann-Magnus von Stackelberg, ergänzte im zweiten Teil der Anhörung, der sich mit den geplanten Kostendämpfungsmaßnahmen befasste, dass die im Gesetzentwurf enthaltenen Honorar- und Einnahmezuwächse bei den Leistungserbringern nicht ausreichten: "Wir hätten uns gewünscht, dass es eine Nullrunde bei den Ärzten gibt."

Der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und den Ärzteverbänden gehen die geplanten Kostendämpfungen dagegen zu weit. DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum appellierte an die Abgeordneten, das Sparvolumen aus der Grundlohnratenbegrenzung im kommenden Jahr auf 150 Millionen Euro zu begrenzen und einen Ausnahmetatbestand für tariflich bedingte Personalkostensteigerungen aufzunehmen.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.