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Lösung rückt näher
Am 28. Juli veröffentlichte der GKV-Spitzenverband erneut eine Liste der Arzneimittel mit umstrittenem Herstellerrabatt – seit dem 16. Juli bereits die dritte Fassung (siehe AZ 2010, Nr. 30/31, S. 1 und DAZ 2010, Nr. 30, S. 18). Sie enthält noch 510 Positionen von 15 Herstellern. Zusagen kamen kürzlich unter anderem von den Firmen Abbott, Aca Müller/Adag Pharm, Emra-med, Gerke Pharma, Intendis, Kohlpharma und MTK Pharma. In einem Fall gaben allerdings auch die Krankenkassen nach. Für einige Produkte der Firma Genzyme betrachtet der GKV-Spitzenverband die Forderung des Herstellers als gerechtfertigt.
Noch knapp 30 Mio. Euro offen
Alle einvernehmlich geregelten Fälle können über die Apothekenrechenzentren abgewickelt werden. Nach den jüngsten Änderungen belaufen sich die weiterhin umstrittenen Herstellerrabatte gemäß Berechnungen des Norddeutschen Apothekenrechenzentrums (NARZ) auf maximal 30 Mio. Euro. Vor einigen Wochen stand noch der zehnfache Betrag offen.
Bei den Unstimmigkeiten ging es teilweise um die Frage, ob der bisher sechsprozentige Herstellerrabatt oder der zehnprozentige Rabatt für generische Produkte anfällt. Bei einigen verbliebenen Produkten ist jedoch umstritten, ob zehn Prozent oder überhaupt ein Rabatt fällig sind. Denn für austauschbare Festbetragsprodukte beträgt der Herstellerrabatt zehn Prozent. Für Festbetragsartikel ohne austauschbare Wettbewerbsprodukte fällt dagegen nach Interpretation der betroffenen Hersteller überhaupt kein Herstellerrabatt an.
Sonderfall topische Dermatika
Dieses Zuordnungsproblem betrifft in besonderer Weise topische Dermatika. Denn die Einsatzmöglichkeiten und die Wirksamkeit dieser Produkte hängen nicht nur vom Wirkstoff, sondern auch von den Hilfsstoffen und der jeweiligen Formulierung ab. Das Vehikel kann zur Wirkung beitragen oder mit den Wirkstoffen interagieren. Bei Arzneimittelzulassungen müssen daher für wirkstoffidentische topische Dermatika jeweils eigene Nachweise zur Wirksamkeit und Verträglichkeit erbracht werden, auch wenn die Wirkstoffe in gleicher Konzentration enthalten sind. Dieser Solitärstatus ist im Zulassungsrecht auch im Ausland allgemein üblich, wird aber für das Sozialrecht vom GKV-Spitzenverband nicht anerkannt. Die Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) hat vielfach auf diese Problematik aufmerksam gemacht und bei ihrer Mitgliederversammlung im März erneut eine Resolution dazu gefasst (siehe DAZ 2010, Nr. 14, S. 32). Der Grundgedanke der Argumentation ist, dass Produkte mit einem Solitärstatus im Zulassungsrecht nicht als austauschbar betrachtet werden sollten.
Industrie in der Zwickmühle
Daher vertreten einige Dermatika-Hersteller eine harte Linie im Zusammenhang mit der Einstufung ihrer Topika. Sie möchten ihren Rechtsstandpunkt nicht aufgeben, sondern die Einstufung gerichtlich klären lassen, falls der Verhandlungsweg nicht weiterführt. Andererseits soll der Streit nicht auf dem Rücken der Apotheker ausgetragen werden. Karlheinz Adler, der sich im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft der Dermatika-Hersteller engagiert, erklärte gegenüber der DAZ: "Den Herstellern ist nicht daran gelegen, die Apotheken im Regen stehen zu lassen". Daher empfehle er den betroffenen Anbietern, unter Vorbehalt zu zahlen.
Mittlerweile ist aus Kreisen von Almirall Hermal zu hören, dass dieser Hersteller die fraglichen Rabatte unter Vorbehalt auf dem üblichen Weg über die Apothekenrechenzentren abrechnen lassen will. Dies sei die Reaktion auf die jüngste Aufforderung von Seiten des Norddeutschen Apothekenrechenzentrums (NARZ), das Problem im Interesse der Apotheker zu regeln. Allerdings heißt es auch, der Hersteller bleibe bei seiner Einschätzung der Rechtslage.
Wenn sich diese Position durchsetzen sollte, wäre das Problem für die Apotheken gelöst. Doch der Streit zwischen Herstellern und Krankenkassen würde dann weitergehen. Den Herstellern geht es dabei neben der richtigen Einstufung topischer Dermatika auch um die Frage der Verjährungsfristen für die Klärung solcher Einstufungsfragen. Denn die umstrittenen Zeiträume liegen teilweise mehrere Jahre zurück. Für den Fall, dass es doch noch zu Rechnungskürzungen kommen sollte, ist daher aus Herstellerkreisen die Empfehlung an die Apotheker zu hören, die vertraglich vereinbarten Retaxierungsfristen genau zu prüfen.
Hoffnung auf gute Lösung
Doch angesichts der immer kleiner werdenden Zahl der Hersteller, die die Zahlung der fraglichen Rabatte verweigern, wächst die Hoffnung auf weitere Zusagen für die noch umstrittenen Produkte. Damit würde sich auch die Frage erübrigen, wie die Apotheken ihrerseits die Forderungen gegen die Hersteller eintreiben könnten. "Wir sind einen guten Schritt vorangekommen", freut sich Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, über die jüngsten Verhandlungserfolge. Zugleich warnt er davor, die verbliebenen Problemfälle über Rechnungskürzungen und anschließende Einzelabrechnungen der Apotheken lösen zu wollen: "Solche Rechnungskürzungen wären für alle Beteiligten ein Riesen-Verwaltungsaufwand", so Graue. Dies gelte auch für die Krankenkassen, wenn sie die Rechnungen einzelner Apotheken retaxieren.
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