Aus der Hochschule

Master of Health Administration

Seit drei Jahren wird an der Universität Bielefeld der viersemestrige interdisziplinäre Weiterbildungsstudiengang "Master of Health Administration" (MHA) angeboten, der sich unter anderem auch an Apotheker richtet.
Haupteingang der Universität Bielefeld.
Foto: Universität Bielefeld

Die Inhalte lassen sich drei Schwerpunkten zuordnen. Das sind einerseits allgemeine Managementtechniken. Dazu zählen Qualitäts-, Wissens- und Projektmanagement wie auch Mitarbeiterführung, Personal- und Organisationsentwicklung.

Der zweite Fokus wird auf allgemeine Gesundheitswissenschaften, Public Health, Statistik, Epidemiologie und Versorgungsforschung gelegt. Der dritte Bereich umfasst Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik sowie Steuerungselemente des Leistungsgeschehens in der Gesundheitsbranche – also von GBA und IQWiG über Krankenkassen, KV und andere Stakeholder bis hin zu Abschlägen und Rabattgesetzen. Darüber hinaus werden auch Strukturen von Gesundheitssystemen, deren Entwicklung und Wandel bis hin zur Entwicklung der Gesundheitswirtschaft als Branche abgedeckt.

Einblick in die verschiedenen Bereiche geben die zahlreichen Dozenten unterschiedlicher Profession. Durch die Kombination aus Lehrbriefen zur Vermittlung theoretischer Grundlagen, die im Eigenstudium erarbeitet werden müssen und auf einer Internetplattform mit den Kommilitonen sowie den jeweiligen Autoren diskutiert werden, und den darauf aufbauenden Vorträgen und Seminaren in den Präsenzphasen wird innerhalb von zwei Jahren eine breite Basis gelegt.

Ein besonderer Reiz ist natürlich, die unterschiedliche Herangehensweise an gesundheitsrelevante Fragestellungen aus dem Blickwinkel diverser Professionen zu erleben. Die etwa 50 Teilnehmer jedes Jahrgangs rekrutieren sich aus Ärzten und Pflegeberufen, aber unter anderem auch aus Logo- und Ergotherapeuten, Naturwissenschaftlern, Gesundheitswissenschaftlern, Betriebswirtschaftlern, Sozialversicherungsfachwirten, Journalisten und Apothekern. Die Arbeitgeber sind nicht weniger vielfältig, und einige Selbstständige runden das Erfahrungsspektrum zusätzlich ab.


Internet


www.uni-bielefeld.de/gesundhw/ studienangebote/mha

Mix aus Präsenzphasen, Lehrbriefen und Internet

Durch den Einsatz von Lehrbriefen und Internet beschränken sich die Präsenzphasen: Insgesamt 22 Mal finden Vorlesungs- und Seminarwochenenden freitagnachmittags und ganztägig samstags statt. Drei Klausuren, das Verfassen einer Hausarbeit, eines Projektplanes und einer Masterarbeit sowie eine mündliche Verteidigung der Masterarbeit sind die Leistungsnachweise, die innerhalb der 24 Monate erbracht werden müssen. Während für die Hausarbeit einige Themen zur Auswahl gestellt werden, müssen die Absolventen für den Projektplan und die Masterarbeit ihre Themen selbst wählen. Hierbei ergeben sich natürlich meist Zusammenhänge mit dem jeweiligen Arbeitsgebiet der Teilnehmer.

Persönliches Engagement notwendig

Natürlich stellt ein berufsbegleitendes Studium nicht nur fachliche Anforderungen an die Absolventen. Ein hohes Maß an Selbstdisziplin, eine gute Organisation des Arbeits- und Lebensumfeldes sind Voraussetzung, um erfolgreich und ohne massive Stressphasen so ein Studium zu durchlaufen. Ein nicht unerheblicher Teil der Freizeit und des Urlaubs müssen dafür aufgebracht werden. Für diese durch die Ärztekammer in Westfalen-Lippe anerkannte und zertifizierte Weiterbildung (Fortbildungspunkte) kann in einigen Bundesländern Bildungsurlaub beantragt werden.

An Kosten kommen neben Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten auf die Teilnehmer je Semester 1540 Euro zu.

Einschätzungen von pharmazeutischen Absolventen

Zwei Apothekerinnen und ein Apotheker – alle nicht in der Offizin tätig, zwei angestellt, einer freiberuflich – haben Erfahrungen im MHA-Studium gesammelt. Alle drei empfinden, dass sich ihre Schnittstellenkompetenz durch das hohe Maß an Interdisziplinarität erweitert hat: "Der geisteswissenschaftliche Ansatz war für mich als Apotheker neu."

Sehr positiv wird auch beurteilt, dass der Patient in den Mittelpunkt gerückt wird, eine Forderung, die ja auch in der Pharmazie in den letzten Jahren mehr und mehr laut wird. Ein weiteres Urteil: "Das Studium bietet einen guten Überblick über den Ist-Zustand des Gesundheitswesens und zeigt Konflikt- und Entwicklungspotenziale auf."

Dass sich die erworbenen Kenntnisse während des Studiums fließend in die tägliche Arbeit integrieren, bestätigen alle drei, so haben sich "viele Kompetenzen verstetigt". Die Arbeitsbelastung wird von allen gesehen, jedoch abhängig von der jeweiligen Lebenssituation – Familie, Kinder, verschiedene Arbeitszeitkonzepte bei Angestellten und Freiberuflern – etwas unterschiedlich beurteilt. Ohne Abstimmung mit dem persönlichen Umfeld und der Bereitschaft, Freizeit, 22 Wochenenden und etwa zehn Urlaubstage für dieses Studium aufzuwenden, ist es berufsbegleitend nicht zu bewerkstelligen. Dennoch steht durchweg "die Abwechslung durch neue Eindrücke im Vordergrund", zumal die klare Struktur, durch die "man sich immer kurzfristige Ziele setzen kann" und die auf zwei Jahre begrenzte Dauer des Studiums ein Durchhalten begünstigen. Natürlich gibt es "Durchhänger-Phasen", die aber durch den Kontakt mit Kommilitonen, gegenseitige Motivation und den – zugegeben – erzieherischen Druck von Klausur- und Abgabeterminen überwunden werden.

Auch wenn sich das Studium sicherlich auf den ersten Blick besonders für Apotheker in Verbänden, Krankenkassen und vergleichbaren Einrichtungen eignet, profitieren – so die Einschätzung der drei MHA-Absolventen – auch an Pharmakoökonomie Interessierte oder Apotheker, die sich in der integrierten Versorgung aus der Apotheke heraus stärker engagieren wollen, von dieser Qualifikation. Als ideal wird die Chance gesehen, für sich selbst ein interdisziplinäres Netzwerk zu schaffen. <


Dr. Constanze Schäfer MHA


Dr. Sigrid Matzick
Foto: Janna Stern

Interview mit Dr. Sigrid Matzick, Koordinatorin und Geschäftsführerin des Weiterbildungsstudiengangs "Master of Health Administration":


DAZ: Wie ist die Universität Bielefeld auf die Idee gekommen, ein solches Studium anzubieten?

Matzick: Wissenschaftliche Weiterbildung ist neben Forschung, Lehre und Studium eine wichtige Aufgabe der Hochschulen, die im Hochschulrahmengesetz und in den verschiedenen Landeshochschulgesetzen festgeschrieben ist. Aufgrund zahlreicher Reformversuche, strukturell veränderter Rahmenbedingungen und veränderter gesundheitspolitischer Zielsetzungen haben sich die beruflichen Tätigkeiten und damit auch die Anforderungen an die unterschiedlichen Berufe im Gesundheitssystem in den letzten Jahren sehr verändert. Um diese Herausforderungen bewältigen und dabei auch den eigenen beruflichen Werdegang gestalten zu können, ist die Nachfrage nach geeigneten Weiterbildungsangeboten in den letzten Jahren hier an der Fakultät erheblich gestiegen.


DAZ: Welche Zielsetzung verfolgt die Universität Bielefeld mit diesem Studienangebot?

Matzick: Ziel ist die Qualifizierung von Berufstätigen für leitende Tätigkeiten auf der mittleren und höheren Managementebene zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen. Aktuelle Ergebnisse aus der Gesundheitsforschung und Gesundheitssystemforschung werden für die Anwendung in der Berufspraxis vermittelt, um damit Impulse für die Systemgestaltung und das Management von Reformentwicklungen im Gesundheitswesen zu geben.


DAZ: Welche Berufsgruppen bzw. Vertreter welcher Berufsfelder fühlen sich durch dieses Studium besonders angesprochen?

Matzick: Vertreten ist mit 20 bis 25 Prozent pro Jahrgang die Gruppe der Ärzte und Apotheker, wobei etwa fünf bis acht Studierende pro Jahrgang in der pharmazeutischen Versorgung tätig sind; stark nachgefragt wird das Studienangebot auch von im Gesundheitswesen beschäftigten Wirtschaftswissenschaftlern (etwa 15 bis 20% pro Jahrgang) und Sozialwissenschaftlern, Psychologen und Pädagogen (ebenfalls etwa 15 bis 20%). Zunehmend steigt die Nachfrage auch von Beschäftigten, die bereits Gesundheitswissenschaften, Pflegemanagement und -pädagogik oder Therapiewissenschaften studiert haben. Etwa zu zehn Prozent sind auch Juristen, Naturwissenschaftler und technische Berufe vertreten.


DAZ: Wie viele Studenten werden pro Jahrgang ausgebildet?

Matzick: In jedem Jahr werden etwa 50 Studienplätze vergeben. Bislang haben zwei Jahrgänge das Studium erfolgreich absolviert: 2009 haben insgesamt 47 und 2010 insgesamt 45 Personen den Mastertitel erworben.

DAZ: Frau Dr. Matzick, wir danken Ihnen für das Gespräch.


Studienmodule im weiterbildenden Fernstudiengang "Master of Health Administration"


1. Grundlagen der Gesundheitswissenschaften

MHA 11 Einführung in die Gesundheitswissenschaften

MHA 12 Ansätze und Konzepte der Gesundheitsförderung und Prävention

MHA 13 Methoden der empirischen Gesundheitsforschung, Gesundheitsberichterstattung und Evaluation

MHA 14 Epidemiologische Untersu-chungen und Forschungsergebnisse

2. Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik

MHA 21 Struktur und Aufbau der Gesundheitsversorgung

MHA 22 Betriebswirtschaftliche Grundlagen

MHA 23 Controlling

MHA 24 Steuerungsprobleme und Management im Gesundheitswesen

MHA 25 Modernisierung durch neue Versorgungskonzepte

3. Anforderungen an das Gesundheitsmanagement

MHA 31 Organisationstheoretische Ansätze

MHA 32 Strategien und Methoden der Organisationsentwicklung

MHA 33 Personalentwicklung und ‑management

MHA 34 Organisationskommunikation und Beratung

4. Projektentwicklung und Qualitätsmanagement

MHA 41 Projektentwicklung und ‑management

MHA 42 Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen

MHA 43 Qualitätsmanagement und innovative Entwicklungen im Gesundheitssystem

5. Gestaltungsmöglichkeiten durch Health Administration

MHA 51 Management in Organisationen

MHA 52 Wissensmanagement im Gesundheitssystem

MHA 53 Marketingkonzepte und ‑strategien

MHA 54 Management in der Gesundheitswirtschaft

6. Studienabschluss

MHA 61– 63 Masterkolloquium I – III

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