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Leichter Einstieg, schneller Aufstieg – mit Lena-Faktor

Peter Ditzel

Wer heute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für seine Apotheke sucht, wird feststellen, dass dies nicht so einfach ist. Das Angebot hält sich in Grenzen. Ein latenter Mangel an Arbeitskräften ist bereits seit einigen Jahren festzustellen. Der Bedarf in den Apotheken wächst: Rabattverträge, Dienstleistungen, Beratung – Anforderungen an eine moderne Apotheke, die personalintensiv sind. Selbst mit dem Einsatz von Kommissionierautomaten lässt sich keine PKA oder PTA einsparen, wie anfangs gerne gegengerechnet, im Gegenteil. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass vor allem die Zahl der PTAs kontinuierlich gestiegen ist, während die Zahl der Apothekerinnen und Apotheker nur langsam zugenommen hat und von 2008 auf 2009 sogar leicht rückläufig ist. Die Zahl der Pharmazeuten im Praktikum ist seit 2005 sogar im Sinkflug begriffen, von rund 1534 auf 1287 in 2009.

Grund für die ABDA, sich des Themas Nachwuchsförderung anzunehmen. Der Tag der Apotheke 2010 am 17. Juni ist Start für eine Nachwuchsoffensive, die auf den derzeitigen und prognostizierten Arbeitskräftebedarf in den öffentlichen Apotheken aufmerksam machen soll.

Heute und in den kommenden Jahren werden immer mehr Apothekerinnen und Apotheker gesucht und gebraucht, nicht nur in der Apotheke, sondern als "Übersetzer des pharmazeutischen Fortschritts in vielen Bereichen des Gesundheitssystems" – darauf machte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf unlängst aufmerksam. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollen mit dieser Kampagne für die Pharmazie und die spannenden Berufsmöglichkeiten begeistert werden. "Die Zukunft der Apotheke ist die Pharmazie und damit die Betonung des Heilberufs", so Wolf.

Mit der Kampagne soll den angehenden Heilberuflern eine Perspektive aufgezeigt werden, die, wenn man als Nicht-Pharmazeut die Berichte in den Medien über Apotheken und die Pharmazie verfolgt, sicher so nicht leicht zu sehen ist. Was draußen ankommt, sind Schlagwortsätze wie Apotheken beraten nicht, unzureichend, schlecht, Apotheker wollen mehr Geld, es gibt zu viele Apotheken, Apotheker klagen über Arzneisparmaßnahmen, Rabattverträge und Bürokratie. Das macht nicht gerade Lust auf den Apothekerberuf. Schade, denn der Beruf hat trotz aller meist durch die Politik provozierten Nachteile seine schönen Seiten. Vor allem: kaum Risiken und Nebenwirkungen, wie der "Stern" in der letzten Ausgabe in seiner "Jobampel" schreibt. Und die steht bei der Pharmazie auf Grün. Die Pharmazie bietet leichten Einstieg, schnellen Aufstieg und ist zukunftssicher. Jedes Jahr gehen 1600 Pharmazeuten in Rente – der Nachwuchs deckt diesen Bedarf zurzeit nicht. Mit der Approbation in der Tasche stehen vielfältige Tätigkeitsgebiete offen, nicht nur in der Vor-Ort-Apotheke, auch im Krankenhaus, in der Industrie, bei Bundeswehr und Behörden, an Hochschulen und bei Medien.

Unter dem Motto "Pharmazie – genau mein Ding" will die Kampagne junge Menschen ansprechen, die vor der Berufswahl stehen. Tipp für die öffentlichen Apotheken: Bieten Sie zum Tag der Apotheke jungen Menschen, die gerade am Ende der Schulzeit stehen, an, einen Blick hinter die Kulissen der Apotheke zu werfen. Das kann Interesse und Lust an diesem Beruf wecken. Wolf hofft, dass sich von der Kampagne junge Menschen angesprochen fühlen, die das, was sie tun werden, mit Empathie tun wollen. Das kann man nur unterstreichen.

Das Studium der Pharmazie verlangt viel, aber die Hürde ist für die meisten, die es wollen, zu schaffen. Nach meiner Meinung offenbart sich allerdings ein Schwachpunkt in der Ausbildung. Vollgepackt mit pharmazeutischem Wissen geht es in die Praxis – ran an den Patienten, hinein in die Beratung. Und da stehen sie am HV-Tisch, die junge Pharmazeutin, der junge Pharmazeut, und wissen nicht, wie man den Patienten und Kunden anspricht, wie man auf ihn zugeht, wie man dessen Bedürfnisse erkennt, wie man sein Wissen ein- und übersetzen kann. Nicht jeder hat den "Lena-Faktor" mit in die Wiege bekommen, das zielstrebige, freundliche, offene und einnehmende Wesen von Lena, der Gewinnerin des Eurovision Song Contests. Dass hier bei den sogenannten soft skills (den Fähigkeiten, seine soziale Kompetenz auszudrücken) Nachholbedarf besteht, zeigen auch immer wieder die Apothekentests. Ich bin sicher, dass die meisten ihr Handwerkszeug gut gelernt haben und sich fortbilden. Aber sie können ihr Wissen nicht richtig an den Kunden, an den Patienten ranbringen. Auf gut deutsch: Sie machen den Mund nicht auf. Mein Fazit daraus: Man sollte darüber nachdenken, fürs praktischen Jahr zwei bis drei Kurse vorzuschreiben, in denen die Pharmazeuten im Praktikum mit den Grundlagen der Kundenansprache und dem Aufbau eines Beratungsgesprächs vertraut gemacht werden. Davon profitieren nicht nur die Kunden, sondern auch die Apotheken und letztlich die junge Pharmazeutin, der junge Pharmazeut selbst. So wird die Pharmazie genau zum "eigenen Ding", der Beruf des Apothekers macht noch mehr Freude. Eine gute Ausbildung, engagierte Fortbildung, soziale Kompetenz multipliziert mit dem Lena-Faktor: das sind unsere Apothekerinnen und Apotheker der Zukunft.


Peter Ditzel

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