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DAZ aktuell
Hilfe bei Rabattverträgen und Kassenabschlag erbeten
Der LAV-Vorsitzende Fritz Becker gab den anwesenden Politikern zunächst einen Überblick über die Entwicklung der baden-württembergischen Apotheken und die Ausgabenentwicklung für Arzneimittel im Jahr 2009. Ein besonderes Augenmerk legte er auf den Streit um den Apothekenabschlag. Nachdem die Schiedsstellen-Entscheidung, derzufolge der Abschlag rückwirkend für 2009 von 2,30 Euro auf 1,75 Euro pro Packung abgesenkt werden sollte, vom GKV-Spitzenverband juristisch angegriffen wurde, hängen die Apotheker in der Luft. Denn mit der Klage ist die Umsetzung der Entscheidung blockiert. Becker betonte, dass die von Gesundheitsminister Philipp Rösler vorgelegten Eckpunkte für den Arzneimittelsektor im Zusammenhang mit Schiedsstellenentscheidungen immer wieder betonen, dass eine gegen sie gerichtete Klage keine aufschiebende Wirkung habe. "Wir wollen gleich behandelt werden", forderte der LAV-Vorsitzende. Möglichst schnell müsse eine Regelung gefunden werden, die eine schnelle Umsetzung der Entscheidung der Schiedsstelle ermögliche.
Rabattverträge: Apotheken in der Klemme
Die meisten Maßnahmen des Eckpunktepapiers des Gesundheitsministeriums finden die Untersützung Beckers. Insbesondere das Bekenntnis zu den Festbeträgen, das geplante Pick-up-Verbot und die versprochene Deregulierung. Auch die angekündigte "Verstetigung" bei den Rabattverträgen sieht er positiv. Darunter verstehe er aber auch, dass die Laufzeiten der Verträge möglichst lang sind und für jeden Wirkstoff mehrere Anbieter zur Verfügung stehen. Im Streit der baden-württembergischen Apotheker mit der AOK um die Auslegung der Begriffe "gleicher Indikationsbereich" und "identische Packungsgröße" bei der Substitution von Rabatt-Arzneien bat Becker die Politik um Hilfe. Hier sei dringend eine Klärung nötig. Grundsätzlich, auch das machte Becker deutlich, halten die Apotheker jedoch eine Wirkstoffverordnung verbunden mit einem Zielpreismodell gegenüber den Rabattverträgen für vorzugswürdig.
Arzneimittelfälschungen bleiben ein Problem
Der Präsident der Landesapothekerkammer, Dr. Günther Hanke, erläuterte anschließend eingehend das Problem der Arzneimittelfälschungen. Die Globalisierung der Märkte und der Versandhandel haben das lukrative Geschäft für Kriminelle interessant gemacht. Die Warnungen diverser Behörden und Organisationen vor Fälschungen sind allgegenwärtig. Den besten Schutz vor Fälschungen böten die inhabergeführten Apotheken, betonte Hanke. Nur hier sei der Distributionsweg gesetzlich geregelt und sicher. Die bestehende Apothekenstruktur sei nicht zuletzt aus diesem Grunde durch die Politik zu stärken. Darüber hinaus verwies der Kammerpräsident auf das Pilotprojekt zur Authentifizierung von Arzneimittelpackungen, in dem sich Apotheker gemeinsam mit Herstellern und Großhändlern engagierten. Angesichts der wachsenden Gefahren fragte Hanke bei den anwesenden Vertretern der Fraktionen nach, wie sie gegen Arzneimittelfälschungen vorgehen wollen.
Politik setzt auf europäische Regelung
Die Antworten blieben jedoch wenig konkret. Michael Hennrich (CDU) bekräftigte seine Unterstützung für die EU-Initiativen – sobald hier Vorgaben vorliegen, werde die Regierung diese schnell umsetzen. Ansonsten sieht er den Spielraum des nationalen Gesetzgebers begrenzt – so seien etwa Internetsperren problematisch. Seine Fraktion baue jedoch auf Rückverfolgbarkeit und Dokumentation und setze auf die bestehenden Apothekenstrukturen. Wichtig sei zudem, die Apothekenpflicht für Arzneimittel beizubehalten. Der FDP-Abgeordnete Erwin Lotter setzt ebenfalls auf ein besseres Controlling der Apotheken und begrüßte ausdrücklich das Pilotprojekt zur Authentifizierung von Arzneimittelpackungen. "Wir brauchen die Apotheken als Unterstützer", sagte er. Zudem müsse die Bevölkerung besser über die Risiken von Fälschungen aufgeklärt werden. Lotter verwies darauf, dass auch schon einiges geschehen sei: So seien etwa die Strafen für Fälscher angehoben worden.
Die SPD-Gesundheitspolitikerin Hilde Mattheis hob ebenfalls auf das EG-Pharmapaket ab, das sich dem Problem der Arzneimittelfälschungen annimmt. Zudem rufe die SPD zum Arzneimittelkauf in der Apotheke vor Ort auf und setze sich für eine Aufklärung der Verbraucher ein. Auch Biggi Bender (Grüne) sieht das Problem – das vor allem die Entwicklungsländer betreffe – durch die Ausweitung des Internets in Europa und Deutschland angekommen. Durch die Zulassung des Versandhandels für Arzneimittel sei es jedoch nicht verschärft worden, denn die zugelassenen Versandapotheken hätten die gleichen Bezugswege wie die Apotheken vor Ort. Das Problem sei hier "überschaubar", mit den "track and trace"-Bemühungen sei man auf dem richtigen Weg. Das Beispiel Österreich zeige, dass ein Land trotz Versandverbotes mit Fälschungen zu kämpfen habe.
Allzu viel gesetzgeberische Tatkraft in Sachen Fälschungsbekämpfung ist somit nicht zu erwarten. Die Apotheken werden vor allem selbst beweisen müssen, dass sie der beste Verbraucherschützer sind.
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