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Fachmedien
Arzneimittelversand – wie denken die Kunden darüber?
In Publikumsmedien wird der Arzneimittelversandhandel vielfach unkritisch als zeitgemäße Alternative zur bewährten Apotheke "um die Ecke" propagiert. Doch wie denken die Verbraucher wirklich darüber und welche Erfahrungen haben sie mit Versandapotheken gemacht? Dieser Frage ist die Juristin Janna K. Schweim im Rahmen einer Masterarbeit für den Studiengang Consumer Health Care nachgegangen, die nun als Buch vorliegt.
Schweim stellt kurz die politischen und rechtlichen Hintergründe des Arzneimittelversandhandels dar. Der empirische Hauptteil geht von der Idee aus, dass internetaffine Verbraucher, die über Erfahrungen mit dem Arzneimittelversandhandel verfügen, vorzugsweise auch im Internet Kommentare dazu hinterlassen. Daher hat Schweim mit Hilfe einer ausgefeilten Technik in Internetforen nach solchen Kommentaren gesucht. Die Aussagen müssen nicht repräsentativ sein, lassen aber Trends erkennen. So ergeben sich Angaben zur Bekanntheit von Internetapotheken, zur Intention der Verbraucher und ungeschminkte Kommentare der Kunden, die teilweise wörtlich zitiert werden und besonders interessante, authentische Eindrücke vermitteln. Schweim ordnet diese Erfahrungen den zuvor genannten Argumenten zum Versandhandel zu. So relativieren sich manche angeblichen Vorteile. Den Preisvorteilen stehen bei etlichen Versendern Mindestbestellwerte und Versandkostenpauschalen gegenüber. Während einige Nutzer die Praktikabilität loben, klagen andere über lange Wartezeiten. In einem zweiten empirischen Abschnitt stellt Schweim bereits vorliegende Arbeiten zu dieser Thematik im Rahmen studentischer Arbeiten und von professionellen Meinungsforschungsinstituten vor. Diese Sammlung bietet eine breitere Datengrundlage und vermittelt eine gute Übersicht über die bisherigen Erkenntnisse.
In der Arbeit verschwimmen mitunter die Grenzen zwischen der Bewertung des legalen Arzneimittelversandes und der illegalen Angebote, die überwiegend aus Übersee stammen. Doch die dargestellten Ergebnisse sprechen dafür, dass auch die Verbraucher dies oft nicht klar trennen. Einige sind primär auf der Suche nach günstigen Angeboten, andere wollen bewusst die Verschreibungspflicht umgehen und ohne Rezept Sucht- oder Potenzmittel erwerben, zeigen dabei aber nicht unbedingt Unrechtsbewusstsein. In diesem Zusammenhang wird auch die Problematik der Arzneimittelfälschungen diskutiert. Letztlich zieht die Autorin ein sehr kritisches Fazit und schlägt vor, den Arzneimittelversandhandel wieder zu verbieten.
Als Anhang enthält das kleine Buch drei Beiträge der Autorin zum Arzneimittelversandhandel, die in der Deutschen Apotheker Zeitung erschienen sind. Sie runden den Hintergrund für die Untersuchung ab. Insgesamt ist die kompakte und schnell lesbare Arbeit sowohl betriebswirtschaftlich als Orientierung für Apotheker mit und ohne Versand als auch politisch und juristisch im Zusammenhang mit der anhaltenden Diskussion über Arzneimittelvertriebswege sehr interessant. Daher ist sie außer für Apotheker insbesondere für politische Entscheidungsträger sehr empfehlenswert.
Apotheker Dr. Thomas Müller-Bohn, Süsel/Holstein
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