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Aus Kammern und Verbänden
Symposium zu Ehren von Professor Schilcher
Nachdem Dr. Olaf Kuhnke, Präsident des ZAEN, und Prof. Dr. Fritz Kemper, langjähriger Präsident der Gesellschaft für Phytotherapie, das Lebenswerk Schilchers gewürdigt hatten, beleuchteten sechs Referenten verschiedene Aspekte der Phytotherapie und spannten einen Bogen von den regulatorischen Anforderungen an die pharmazeutische und medizinische Qualität von Phytopharmaka bis zu ihrer Anwendung in der allgemeinmedizinischen Praxis und in der Klinik.
Priv.-Doz. Dr. Werner Knöss vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ging auf die gesetzlich geforderten Qualitätsstandards von Phytopharmaka ein, über deren Einhaltung die Behörden wachen. Prof. Dr. Volker Schulz, Berlin, schlug die Brücke von der pharmazeutischen zur medizinischen Qualität und verwies auf einige Erfolge der Phytotherapie wie z. B. die Anwendung von Ginkgo-Spezialextrakten bei Demenzen; gerade dies Beispiel zeige jedoch, wie schwierig es ist, den Nutzen von Phytopharmaka im Vergleich zu chemisch definierten Arzneistoffen (in diesem Fall: Acetylcholinesterasehemmer) in klinischen Studien nachzuweisen. Schulz meinte angesichts eines für die Ginkgopräparate ungünstigen Cochrane-Review über Antidementiva von 2006, unter den Kriterien der evidenzbasierten Medizin könnten Phytopharmaka den Wettlauf mit Synthetika nicht gewinnen. Anstatt hier Kräfte zu vergeuden sei es aussichtsreicher, die traditionelle Rolle der Phytopharmaka in der Erfahrungsmedizin zu stärken.
Prof. Dr. Dieter Loew, Wiesbaden, wies auf generelle Probleme der Pharmakotherapie bei älteren Personen hin und zeigte tendenzielle Vorteile der Phytotherapie gerade bei dieser Patientengruppe auf. Gegenüber jüngeren Personen, bei denen in der Regel die klinischen Arzneimittelprüfungen stattfinden, sind im Alter viele pharmakokinetische Parameter verändert. Das Fettgewebe nimmt zu (etwa von 15 auf 30%), der Hämatokrit steigt, das Resorptionsvermögen nimmt ab, ebenso der First-pass-Metabolismus, die Plasmaeiweißbindung von Wirkstoffen (weil weniger Albumin im Blut ist) und die Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance). Vor diesem Hintergrund haben fast alle Phytopharmaka den großen Vorteil, dass sie wasserlösliche Extrakte sind und relativ problemlos resorbiert werden. Außerdem sind von Phytopharmaka keine toxischen Metaboliten bekannt, die im Organismus kumulieren könnten. Mit Ausnahme von Wacholderöl sei kein Phytopharmakon nephrotoxisch.
Naturheilkunde im Krankenhaus
Priv.-Doz. Dr. Andre-Michael Beer, Leiter des Lehrbereichs für Naturheilkunde und Gesundheitsprävention an der Ruhr-Universität Bochum, stellte das in acht Krankenhäusern der Bundesrepublik laufende Projekt "Stationäre Naturheilkunde" vor, das von der GKV anerkannt ist und unterstützt wird, sodass die Behandlungen auch bei GKV-Patienten erstattet werden. Beer leitet als Chefarzt die entsprechende Abteilung in der Klinik Blankenstein in Hattingen. Seiner Meinung nach ist die Phytotherapie bei chronischen Krankheiten wie Polyarthritis, Diabetes oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen der konventionellen Therapie überlegen. Seine Abteilung verfügt über 60 Betten; die Patienten sind zu 90% weiblich, der Altersdurchschnitt beträgt 50 Jahre. Eine Studie zum Behandlungserfolg ergab unter anderem, dass 60% der Patienten nach einem Jahr noch die im Krankenhaus erhaltenen Phytopharmaka anwenden, obwohl sie sie selbst bezahlen müssen. Dies sei ein klares Indiz für die (subjektive) Wirksamkeit der im Krankenhaus erprobten Therapien.
Dr. Martin Adler, Siegen, berichtete von den Erfolgen der Phytotherapie in seiner allgemeinärztlichen Praxis, die er zum Teil auch wissenschaftlich dokumentiert hat. So hat Adler federführend an einer retrolektiven Studie teilgenommen, in der bei Patienten mit Arthrose die Wirksamkeit eines Präparates mit Extrakten aus Pappelrinde, Eschenrinde und Echtem Goldrutenkraut (STW 1, Phytodolor®) im Vergleich zu Diclofenac und Ibuprofen geprüft wurde. Sowohl hinsichtlich der Symptomatik als auch des gemessenen Laborparameters (C‑reaktives Protein als Schmerzkorrelat) war das Phytopharmakon den Synthetika überlegen und verursachte zudem weniger unerwünschte Wirkungen.
Der Kinderarzt Dr. Michael Hadulla, Heidelberg, stellte die homöopathischen Arzneimittelbilder der drei als "Hexenkräuter" berüchtigten Solanaceen Belladonna, Hyoscyamus und Stramonium vor, die sich – trotz ihrer ähnlichen Wirkstoffzusammensetzung auf der Grundlage der Alkaloide Atropin und Hyoscyamin – stark voneinander unterscheiden. Zur Musik des Erlkönigs von Franz Schubert erläuterte er die Symptome, starkes Herzklopfen, Angst und Halluzination. Laut Hadulla eignet sich Belladonna 200 zur Therapie der Schweinegrippe bei Kindern.
60 Jahre Beschäftigung mit der Phytotherapie
Abschließend hielt der Jubilar Rückschau auf seine 60-jährige Beschäftigung mit der Phytotherapie und Homöopathie. Er rief einige Meilensteine am Wege zur Qualitätssteigerung und -sicherung modernen Phytopharmaka in Erinnerung, so die Entwicklung aussagekräftiger Analysenmethoden wie der Dünnschichtchromatographie, die Etablierung von Qualitätsmarkern wie Leitsubstanzen, Wirkstoffen und wirksamkeitsmitbestimmenden Inhaltsstoffen, aber auch die Mitarbeit in der Kommission E des früheren Bundesgesundheitsamtes auf der Grundlage des 2. Arzneimittelgesetzes von 1976. Schilcher plädierte dafür, die damals anerkannten drei besonderen Therapierichtungen nicht durch exotisch-ethnomedizinische Richtungen wie die traditionelle chinesische Medizin oder den Ayurveda zu erweitern.
In das volle Glas der Erfolge Schilchers waren auch einige Wermutstropfen gemischt. So bedauerte Schilcher, dass viele seiner Publikationen heute in Vergessenheit geraten sind und auch bei Recherchen oft nicht gefunden werden, denn heutzutage beschränkt sich die Recherche meistens auf das Internet, in dem die früheren Publikationen nicht auftauchen. In vielen Fällen könnten auch frühere Arbeiten heute noch fruchtbar sein und zu neuen Forschungen anregen.
cae
InternetStationäre Naturheilkunde |
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