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- DAZ 13/2010
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Aus Kammern und Verbänden
FI-Workshop in Berlin
In seiner Begrüßungsansprache betonte der FI-Vorsitzende Ronald Schreiber, dass Pharmazeutische Betreuung in der Praxis machbar sei und von den Patienten begrüßt werde. Zudem könne es mit Pharmazeutischer Betreuung gelingen, "nicht nur am, sondern mit dem Arzneimittel zu sparen". Dies sei vor dem Hintergrund, dass in jeder bisherigen wie auch in der jetzigen Gesundheitsreform die Arzneimittelpreise ein zentrales Thema seien, besonders hervorzuheben. Schreiber rief dazu auf, sich der Pharmazeutischen Betreuung noch stärker als bisher zu widmen, da sie ein "Alleinstellungsmerkmal" für die Apotheke sei.
Mehr als Beratung
Prof. Dr. Martin Schulz, Berlin, betonte in seinem Vortrag, dass pharmazeutische Betreuung mehr sei als Beratung. Sie verstehe sich als ein ergebnisorientierter, kontinuierlicher Prozess, in dem die Arzneitherapie durch das Erkennen und Lösen arzneimittelbezogener Probleme optimiert wird. Systematische Dokumentation und Monitoring seien dabei unerlässlich. Letztendlich soll Pharmazeutische Betreuung die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten verbessern helfen.
Dass Pharmazeutische Betreuung machbar ist, zeigten beispielsweise die Ergebnisse der von der FI in den vergangenen zwölf Jahren in fast allen Bundesländern geförderten Studien, z. B. Studien mit Asthmapatienten in Hamburg und Trier oder mit Schmerzpatienten in Sachsen. Als Höhepunkt der bisherigen Arbeit sah Schulz die Tatsache, dass die Apotheker von den Ärzten eingeladen wurden, an der Erarbeitung der Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL) Asthma mitzuwirken. Dies bedeute aber auch eine zunehmende Verantwortung für die Apotheker.
Ziele der FI Pharmazeutische BetreuungAnliegen des eingeschriebenen Vereins "Förderinitiative Pharmazeutische Betreuung" ist es, die Umsetzung der Pharmazeutischen Betreuung bundesweit zu unterstützen. Mitglied können Einzelpersonen, Verbände, Institutionen und Firmen werden, für Einzelmitglieder beträgt der Jahresbeitrag derzeit 50 Euro. |
Nutzenbewertung häufig schwierig
Prof. Dr. Marion Schaefer, Berlin, wies in ihrem Referat darauf hin dass der Nachweis des Nutzens der Pharmazeutischen Betreuung häufig schwierig sei. Das Ziel – die Verbesserung der Lebensqualität – sei als Ergebnismaß nur bedingt geeignet, und die Studienzeiträume seien oft nur kurz. Nicht zu unterschätzen sei der Selektionsbias der dadurch zustande kommt, dass Patienten an den Studien teilnehmen, die sowieso schon kooperativ sind. Auch der Aufbau von Kontrollgruppen sei problematisch. Nicht zuletzt komme es während einer Studie manchmal zu Motivationsverlusten bei Apothekern und Patienten.
"Pharmazeutische Betreuung ist die Kernkompetenz der Apotheker und unerlässlich für die Zukunftssicherung." Prof. Dr. Marion Schaefer |
Schaefer betonte, dass diese Erkenntnisse in die Planung zukünftiger Studien einfließen sollten. So sei eine Studie nur dann sinnvoll, wenn darin eine konkrete Intervention klar beschrieben werden kann. Erfolgen gleichzeitig mehrere Interventionen, so sei die Ergebnisbewertung erschwert. Auch sollten die Interventionseffekte vergleichsweise schnell auftreten. Daher sei nicht das gesamte Krankheitsspektrum für die Nutzenbewertung der Pharmazeutischen Betreuung geeignet.
Pharmazeutische Betreuung in Nachbarländern
Prof. Dr. Kurt Hersberger, Leiter der "Pharmaceutical Care Research Group" an der Universität Basel, berichtete über Projekte zur Umsetzung der Pharmazeutischen Betreuung an öffentlichen Apotheken in der Schweiz. Ein Instrument, das in Kürze implementiert werden soll, ist der von ihm und seinen Mitarbeitern entwickelte Polymedikations-Check. Es handelt sich dabei um ein einseitiges, klar strukturiertes Protokoll, in das der Apotheker gemeinsam mit dem Patienten alle Medikationsdaten (Dosierungsregime der verordneten Arzneimittel, Präparate der Selbstmedikation usw.) einträgt. Vermerkt wird z. B. auch, ob der Apotheker eine "Dosette" ausgegeben oder ausführlich zu Neben- und Wechselwirkungen beraten hat. Der Patient unterschreibt die Checkliste und erhält eine Kopie. Gedacht ist der Polymedikations-Check für Patienten, denen über mindestens drei Monate vier oder mehr Arzneimittel verschrieben wurden.
Auch in den Niederlanden gewinnt die Pharmazeutischen Betreuung immer mehr an Bedeutung ("shift from product to care"), berichtete Prof. Marcel Bouvy, Utrecht. An der "Apotheek Stevenshof" in Leiden, einer von einer Stiftung getragenen öffentlichen Apotheke, werden z. B. diverse Anstrengungen unternommen, um die Arzneitherapie eines Patienten nach der Klinikentlassung möglichst reibungslos fortzuführen. So erhält die Apotheke von der Klinik die Entlassungsmedikation zugeschickt und hat zusätzlich die Möglichkeit, ausgewählte Teile der Krankenakte (z. B. Laboranalysen) einzusehen. Palliativpatienten haben in der Apotheke einen konkreten Ansprechpartner. Beim Compliance-Monitoring (z. B. von Osteoporose-Patienten unter Bisphosphonat-Therapie) werden die Patienten regelmäßig von der Apotheke angerufen.
Am nächsten Tag setzten die rund 50 Teilnehmer der Veranstaltung die Diskussionen in den drei Arbeitsgruppen "Forschung", "Implementierung" und "Visionen" fort. Es ist geplant, die Ergebnisse in der Fachpresse zu publizieren.
Apothekerin Dr. Claudia Bruhn
KontaktFörderinitiative Pharmazeutische Betreuung e. V. Dr. Christiane Eickhoff Zentrum für Arzneimittelinformation und Pharmazeutische Praxis der ABDA Deutsches Apothekerhaus Jägerstraße 49/50, 10117 Berlin Tel. (0 30) 4 00 04-2 42, -2 44, Fax (0 30) 4 00 04-2 43 |
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