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Apotheker für Leistungswettbewerb

DAMP (tmb). Am 27. und 28. März veranstaltete die Apothekerkammer Schleswig-Holstein erstmals einen Apothekertag. Bereits in vielen Jahren zuvor fand in Damp der bewährte Fortbildungskongress der Kammer statt, der diesmal um einen politischen Teil erweitert wurde. Zentrale politische Aussagen des ersten Schleswig-Holsteinischen Apothekertages waren ein Bekenntnis des Kammerpräsidenten für Wettbewerb in der Leistung und ein auffallend deutliches Votum für die Apotheke vor Ort durch den Vorsitzenden des Patientenombudsvereins. Die anerkennenden und aufmunternden Worte des Patientenschützers trugen wesentlich zur guten Stimmung bei der Veranstaltung bei.

Berufspolitische Diskussionsrunde beim Schleswig-Holsteinischen Apothekertag (v.l.): Dr. Andreas Kaapke, Dr. Klaus G. Brauer, Gerd Ehmen, Prof. Günther Jansen, Thomas Bellartz.

Fotos: tmb

Den Workshop am Samstagvormittag mit dem Titel "Welchen Wettbewerb braucht die Apotheke?" besuchten über 70 Teilnehmer. Bei der anschließenden zweitägigen Fortbildung informierten sich mehr als 200 Apotheker darüber, "was Männer und Frauen krank macht" – so der Titel des Programms. Für die jeweils etwa 40 PTA und PKA wurden eigene Fortbildungen geboten.

Als Einstieg in den berufspolitischen Workshop sprach sich Gerd Ehmen, Präsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, für Wettbewerb in der Leistung aus. "Ich bin davon überzeugt, dass Wettbewerb ein wesentliches Element ist, um die Beratung weiter zu verbessern," so Ehmen. Doch er habe Zweifel, dass Preiswettbewerb zu einer nachhaltigen Verbesserung der Versorgung führe, gefragt sei dagegen Leistungswettbewerb.

Apotheken in intensivem Wettbewerb

Dr. Andreas Kaapke, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung an der Universität Köln, machte deutlich, dass die Apotheken in Deutschland schon lange in einem intensiven Wettbewerb stehen, auch wenn in manchen Medien immer wieder das Gegenteil behauptet werde. Wettbewerb sei weit mehr als nur die Suche nach dem günstigsten Preis.

Dr. Andreas Kaapke appellierte an das Selbstbewusstsein der Apotheker und sorgte mit einem mitreißenden Vortrag für gute Stimmung.

"Es geht um Kundennutzen," so Kaapke, "und der kann sehr vielfältig sein." Wettbewerb sei ein Ordnungsprinzip, das auf Leistungssteigerung ziele und damit auch zur gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrtssteigerung und Freiheitssicherung beitrage. Anbieter erzielen einen Wettbewerbsvorteil, wenn der Kunde einen höheren Nutzen empfindet, sei dieser subjektiv oder objektiv. Ein solcher Vorteil könne in der Bequemlichkeit für den Kunden, im Standort, in der Leistung oder im Preis liegen. Stets sei das Profil aus Sicht der Kunden entscheidend. "Wer kein Profil, der keine Chance", so Kaapke. Befragungen seines Instituts hätten gezeigt, dass die Kunden in Apotheken fachliche Kompetenz und Freundlichkeit als wichtigste Kriterien für die Apothekenwahl einschätzen. Wenn Waren austauschbar sind und sogar das Sortiment durch den Kontrahierungszwang vereinheitlicht ist, entscheide die übrige Leistung. "Der Mensch veredelt die Ware", folgerte Kaapke.

Mit seinem Kurzvortrag traf Kaapke offenbar den Nerv der anwesenden Apotheker. Seine klaren Aussagen zur Positionierung der Apotheken sorgten für gute Stimmung.

Große Anerkennung vom Patientenschützer

Doch auch der Vorsitzende des Patientenombudsvereins, Prof. Günther Jansen, wartete mit anerkennenden und hoffnungsvollen Botschaften für die Apotheker auf. "Der Patientenombudsverein Schleswig-Holstein sieht die flächendeckende und kompetente Versorgung als wichtig an," erklärte Jansen. "Die Patienten erwarten eine freiberufliche Allianz," forderte der ehemalige Sozialminister des Landes mit Blick auf die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern. Jansen würdigte die Entwicklung der Apotheken in den zurückliegenden Jahrzehnten und ihre wichtigen Funktionen in der Compliancesicherung und Beratung. Politik und Krankenkassen sollten sich diese Leistungen genau ansehen, wenn sie Abschläge beim Apothekenhonorar fordern, so Jansen.

"Bespielen Sie Ihr ureigenes Feld. Dann werden Sie nicht bespielt."

Dr. Andreas Kaapke

Auch zur wohnortnahen Versorgung bezog Jansen eine klare apothekerfreundliche Position. "Wir wünschen uns eine feste Beziehung zwischen der örtlichen Fachapotheke und den Patienten," erklärte Jansen. Damit sollten Wechselwirkungen erkannt und die Arzneimitteltherapiesicherheit verbessert werden. Im Interesse einer erfolgreichen Versorgung vor Ort rate er vom Versand verschreibungspflichtiger Arzneimittel ab und empfehle auch für die Selbstmedikation die Apotheke vor Ort, "weil wir davon überzeugt sind," so Jansen. Daher sei er auch erfreut über die jüngsten von Bundesgesundheitsminister Rösler vorgelegten Eckpunkte zur Gesundheitspolitik mit dem geplanten Verbot von Pick-up-Stellen. "Ich will Ihnen Mut machen", rief Jansen den Apothekern zu und sprach sich für einen festen Sitz der Apotheker im Gemeinsamen Bundesausschuss aus, der im Gesundheitswesen immer wichtiger werde. Denn die praktische Erfahrung der Beteiligten aus der Selbstverwaltung sei dort wichtiger als theoretische Gutachten.

Stimmen zum Eckpunktepapier

ABDA-Pressesprecher Thomas Bellartz fragte in der von ihm moderierten berufspolitischen Diskussionsrunde zunächst nach Einschätzungen zu den am Vortag präsentierten gesundheitspolitischen Eckpunkten von Bundesgesundheitsminister Rösler. Für DAZ-Herausgeber Dr. Klaus G. Brauer ist es bemerkenswert, dass die Apotheken nur indirekt vorkommen, und dies sei auch gut so. Rösler habe offenbar erkannt, dass das Kostenproblem bei der Industrie und dort auch nicht bei den Generika, sondern bei den Innovationen liege. Das Eckpunktepapier sehe aber auch neue Spannen für den Großhandel vor, die sich wiederum bei den Apotheken auswirken könnten. Doch erfreulicherweise enthalte das Papier noch keine Zahlen zu einer neuen Preisbildung beim Großhandel. Kammerpräsident Gerd Ehmen sieht in den jüngsten Vorschlägen jedoch nur eine Regelung für höchstens fünf Jahre. Mit Blick auf die Demografie sei aber eine Weichenstellung für über 30 Jahre gefragt. Es müsse langfristig genug Geld für die nötigen Leistungen zur Verfügung stehen. Die Diskussion darüber werde nie enden.

Nicht auf den Preis konzentrieren

Zugleich forderte Ehmen, dass Qualität honoriert werden muss. Die Menschen würden sich keine Gedanken mehr über die Leistung machen und einseitig nur die Preise betrachten. Daher sei ein kultureller Wandel nötig. In diesem Zusammenhang kritisierte Brauer die Freigabe der OTC-Preise als fundamentalen politischen Fehler. Der Preiswettbewerb mache den gesundheitspolitischen Anspruch des Arzneimittels kaputt. Entsprechendes gelte auch für die Industrie. Alle würden sich über Skandale wie die jüngsten Qualitätsmängel bei Clopidogrel aufregen, aber der Preisdruck auf Generika sei enorm.

"Da muss es menscheln. Wer das nicht drauf hat, soll es lassen."

Dr. Andreas Kaapke

Nach Einschätzung von Kaapke spricht eine Positionierung als Fachgeschäft gegen intensiven Preiswettbewerb. Es sei ein Irrglaube, dass der Preis-Mengen-Effekt von Preissenkungen überall funktioniere, denn Arzneimittel könnten nicht substituiert oder gehortet werden. "Wir müssen die Wertigkeit der Beratung in den Vordergrund stellen", so Kaapke. Es gäbe bereits Zeichen, dass viele Menschen der Preisbrecher überdrüssig seien. Doch auch die Industrie sei gefragt, ihre Anreizsysteme zu ändern. Der Marktanteil könne nicht das herausragende Ziel sein. Den Apothekern riet Kaapke unter großem Applaus: "Verknüpfen Sie ihr Selbstwertgefühl mit Selbstbewusstsein. Dann haben Sie gewonnen."

Leistungen der Apotheken

Um den Qualitätsanspruch der Apotheken erfüllen zu können, forderte Ehmen konsequente Fortbildung. Das Wissen müsse ständig erneuert werden. Nach Einschätzung von Jansen ist es als Patient wichtig zu wissen, "dass ich in der Apotheke Hinweise zum Arzneimittel bekomme – und das Vertrauen, dass ich es trotz des Beipackzettels nehmen sollte." Im Interesse der Versorgung verdiene es das System erhalten zu bleiben. Außerdem sollten die Apotheken begleitende Leistungen bieten. Blutdruck-, Cholesterin- und Blutzuckermessungen und andere präventive Leistungen der Apotheken müssten gesetzlich verankert oder vertraglich vereinbart werden. "Denn die Prävention kann den Menschen wirklich helfen", erklärte Jansen. "Ich glaube, die Apotheker gehören da hin," so Jansen weiter. Dies könne außerdem dazu beitragen, die im internationalen Vergleich sehr hohe Zahl der Arzt-Patienten-Kontakte in Deutschland nicht weiter steigen zu lassen. Dies sei auch im Interesse der Ärzte, weil deren Regelleistungsvolumen festliegt.

"Ich bin doch nicht doof. Ich geh' in die Apotheke."

Dr. Andreas Kaapke

Brauer machte deutlich, dass verschiedene Messungen in Apotheken bereits etabliert sind und viele Ärzte ihre Patienten ausdrücklich auf solche Angebote hinweisen. Auch die vor zehn Jahren noch unvorstellbare Anwendung der Aut-idem-Regel sei inzwischen unter dem Druck der Rabattverträge selbstverständlich geworden. Doch sollten die Apotheken ihre pharmazeutische Kompetenz dabei mehr einbringen und das Instrument der pharmazeutischen Bedenken viel stärker einsetzen. Diese Chance gelte es zu nutzen.


Im Tagungszentrum des Ostseebades Damp fanden bereits viele Fortbildungskongresse der Apothekerkammer Schleswig-Holstein statt – und in diesem Jahr der erste Apothekertag des Landes.

Wissenschaftliche Fortbildung

Bei der Eröffnung des wissenschaftlichen Programms verwies Ehmen nochmals auf die Bedeutung der Fortbildung und der pharmazeutischen Leistungen in der Apotheke. Doch müssten diese Leistungen auch bezahlt werden. Daher habe es eine Entscheidung für die Senkung des Kassenrabattes gegeben. Es sei "unerträglich, dass die Krankenkassen dies durch juristische Winkelzüge verzögern oder aushebeln" wollten, so Ehmen. Zugleich dankte der Kammerpräsident den Apothekern für ihr großes Engagement und die Kollegialität bei der Versorgung mit Schweinegrippe-Impfstoff. "Wir haben einen wirklich guten Job gemacht," folgerte Ehmen – und dies werde auch in der Politik gesehen.

Bei der zweitägigen wissenschaftlichen Fortbildung standen geschlechtsspezifische Erkrankungen auf der Tagesordnung. Die Themen umfassten die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs, die Therapie bei Brustkrebs, Menstruationsbeschwerden und Endometriose. Bei den Erkrankungen der Männer ging es um erektile Dysfunktion, das benigne Prostatasyndrom und das Prostatakarzinom.

Die fast 40 PTA konnten in einem Beratungsworkshop die optimale Belieferung eines Rezeptes trainieren. Anhand von Videoaufnahmen mit Rollenspielen demonstrierte Dr. Joachim Framm, Wismar, die entscheidenden Aspekte einer qualitätsgesicherten und leitliniengerechten Beratung. Den PKA wurde ein Kosmetik-Workshop geboten. Eine kleine Industrieausstellung rundete das Programm ab.


Rahmenprogramm

Als Kontrast zum anstrengenden Fortbildungsprogramm diente die Abendveranstaltung, die ebenfalls im Kongresszentrum Damp stattfand. Dabei bot der Vortragssaal am Abend Raum für Bewegung auf der Tanzfläche. Zuvor sorgte bereits der aus dem Fernsehen bekannte, erst zwölfjährige "Wundergeiger" Lucas Wecker für gute Stimmung. So überzeugte der erste Schleswig-Holsteinische Apothekertag durch ein gut abgestimmtes Programm. Ausführliche Berichte über die fachlichen Vorträge finden Sie in der nächsten Ausgabe der DAZ.

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