Interpharm 2010

Diskussion legte unterschiedliche Standpunkte offen

Qualitätsmanagement – Pflicht oder Kür? Nur in einem Punkt waren sich die Experten in der Diskussionsrunde einig: Verdeckte Testkäufe sind ein geeignetes Mittel, um die Beratungsqualität in Apotheken zu überprüfen. In allen anderen Fragen der umstrittenen Einführung von QM-Systemen in den Apothekenalltag gingen die Meinungen von Thomas Preis von der Kölner Alpha-Apotheke und stellvertretender Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein sowie von René Graf, Inhaber der Hirsch-Apotheke in Beckum und Vizepräsident der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, weit auseinander.

Inhaltsverzeichnis: Interpharm 2010

Freiwilligkeit Thomas Preis lehnt eine Änderung der Berufsordnung für Apotheker ab.

Während sich Graf die Aufnahme von Qualitätsmanagement sogar in die Berufsordnung der Apotheker vorstellen kann, lehnt Preis jede Pflicht zum Einsatz von QM-Instrumenten kategorisch ab.

Preis: QMS freiwillig einsetzen

"Wir müssen als Freiberufler alle dagegen sein", sagte Preis in der Diskussionsrunde "und die Kirche im Dorf lassen". Die Approbation der Apotheker garantiere bereits die Fähigkeit zur Führung einer Apotheke. Die Approbation garantiere zudem hohe Sicherheit und Qualität bei der Arzneimittelversorgung. Neue Regelungen seien nicht nötig. "Wir sollten uns dieses Joch nicht auch noch auferlegen und nicht nach noch mehr Staat rufen." QM-Systeme sind ein Mittel zur betriebswirtschaftlichen Führung einer Apotheke und daher nur auf freiwilliger Basis und "nicht von oben" einsetzbar. "Die pharmazeutische Qualität steht auf einem anderen Papier." Jede Änderung der Berufsordnung für Apotheker lehnte Preis vehement ab.

Dem freiwilligen Einsatz von Qualitätsmanagementsystemen steht Preis jedoch offen gegenüber: "Das ist eine gute Sache, soll aber Kür bleiben." Seine eigene Apotheke in Köln hat Preis bereits zertifiziert. Dies sei "sehr hilfreich, um eine Apotheke wie ein Unternehmen zu führen". Für kleinere Apotheken mit einem Jahresumsatz unter einer Million Euro sieht Preis jedoch hohe wirtschaftliche Hürden für ein QM-System. "Die schreiben doch kaum schwarze Zahlen. Die dürfen wir durch neue Bürokratie nicht ersticken."

Ein weiterer Grund spricht laut Preis jedoch für den freiwilligen Einsatz von Qualitätsmanagementsystemen: Bei den Vertragsverhandlungen mit den Krankenkassen spielt der Nachweis des Einsatzes von QM-Systemen eine immer größere Rolle. Preis verwies als Beispiel dabei auf den jüngsten Versorgungsvertrag zwischen Apotheken und BarmerGEK über die Lieferung von Hilfsmitteln. Die Forderung der Kassen nach QM-Systemen bei den lieferwilligen Apotheken sei nicht verhandelbar gewesen.

Aufgabe der Apothekenverbände ist es daher nach Auffassung von Preis, die Mitglieder auf diese Entwicklung intensiver als bisher hinzuweisen. Preis: "Die Verbände sollten Qualitätsmanagementthemen aktiv angehen, weil die Krankenkassen das in Zukunft stärker einfordern werden." Offen lassen sollten die Apothekerverbände jedoch die Art der Zertifizierung, ob nach ISO-Norm oder nach anderen Systemen. Klar sprach sich Preis für eine Trennung von QM-Qualifizierung durch die Apothekerverbände und Zertifizierung durch die Apothekerkammern aus.

Ein bundesweit einheitliches Qualitätssiegel wünscht sich René Graf.

Graf: QMS verpflichtend einführen

Apotheker René Graf von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe sieht in der Apothekerschaft ebenfalls nur geringe Akzeptanz für die verpflichtende Einführung von QM-Systemen. Jedoch sollte man den Apothekern "empfehlen, es sich selbst zur Pflicht zu machen". Das Argument höheren Bürokratieaufwandes wollte Graf in der Diskussion nicht gelten lassen. Qualitätsmanagement ermöglicht in der Apotheke vielmehr die "Feinabstimmung" der Abläufe und kann die Effizienz der Arbeit steigern: "Gelebtes Qualitätsmanagement soll zu einem Abbau von Bürokratie führen", glaubt Graf: "Ich sehe darin die Lösung." Außerdem kann Qualitätsmanagement bei strittigen Fragen und der Klärung von Fehlern eine "Lebensversicherung" für den betroffenen Apotheker sein.

Daher sprach sich Graf für eine verpflichtende Einführung von Qualitätsmanagementsystemen in die Apotheken über die Betriebsordnung aus: "Ich würde dies empfehlen." Eine freiwillige Lösung birgt die Gefahr, dass sich in der öffentlichen Wahrnehmung sonst "gute und schlechte" Apotheken mit und ohne Zertifizierung entwickelten. Das sei insgesamt schädlich für die Marke Apotheke. Aus diesem Grund forderte Graf ein bundesweit einheitliches Siegel für QM-Zertifizierung: "Ich würde mir wünschen, dass der ganze Berufsstand damit werben kann."

lk

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