Interpharm 2010

Apotheken müssen ihr Profil schärfen

Trotz insgesamt günstiger Rahmenbedingungen stehen die Apotheken in Deutschland vor großen Zukunftsherausforderungen. Nur mit einem klaren Profil lässt sich die Stellung der Apotheken in Deutschland gegen wachsenden Wettbewerbsdruck verteidigen. Diese These vertrat Dr. Andreas Kaapke, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung. Im Zentrum der schwierigen Entscheidungssituation steht laut Kaapke der Apotheker selbst. Vom Inhaber hänge die Zukunft seiner Apotheke ab.

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Die eigenen Stärkenzu erkennen und noch intensiver in den Vordergrund zu rücken ist ein Weg, seine Apotheke ­unverwechselbar zu machen, so Andreas Kaapke.

"Eigentlich sind die Rahmenbedingungen für die Apotheker in Deutschland ideal", forderte Kaapke zu Beginn seines Vortrages seine Zuhörer heraus. Die schwarz-gelbe Bundesregierung verspreche positive Veränderungen und das EuGH-Urteil habe die Position der inhabergeführten Apotheke gestärkt. Zudem seien die wirtschaftlichen Vorgaben günstig: Die Selbstmedikation wächst weiterhin und die demografische Entwicklung verheißt den Apotheken auch in Zukunft Wachstumspotenziale. "Trotzdem kommt kein Frohsinn unter den Apothekern auf", fasste Kaapke seinen Eindruck der Stimmungslage zusammen.

Die Gründe: Die Apotheker befänden sich in einer "Dynaxity-Situation", in einer schwierigen Lage auf dynamischen und komplexen Märkten mit großen Herausforderungen. Der Wachstumsmarkt Apotheke ist ein Grund, warum sich "so viele die Finger nach Ihnen lecken", sagte Kaapke. Ausländische wie inländische Wettbewerber werden nicht darauf verzichten, den deutschen Apothekenmarkt zu knacken. "Haben wir auf ein totes Pferd gesetzt oder geht da noch was?", fragten sich derzeit finanzstarke Investoren mit Blick auf das lukrative deutsche Apothekensystem. Es gehe also nicht nur um den Wettbewerb zwischen den Offizin-Apotheken.

"Aber wie gut sind die Apotheker darauf vorbereitet?", fragte Kaapke rhetorisch in die Runde. Die Antwort des Marktforschers auf die Herausforderungen lautete: "Ohne Profil wird es schwer." Wer kein Profil habe, "der hat im Wettbewerb keine Chance". Zur Stärkung des Profils empfiehlt Kaapke den Apothekern, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und diese noch intensiver in den Vordergrund zu rücken: "Sie sind keine normalen Kaufleute. Sie haben studiert. Sie besitzen eine Approbation." Kaapke weiter: "Diese Karte muss jeden Tag gespielt werden." Der Apotheker ist nicht nur der "bessere Warenautomat".

Dynaxity


Ein Kunstwort aus dem Englischen, das aus den Begriffen dynamics und komplexity zusammengesetzt ist. Es soll die wachsende Komplexität eines Unternehmens gekoppelt mit der zunehmenden Dynamik verdeutlichen.


Marktforschungen haben gezeigt, dass Freundlichkeit und Kompetenz die beiden entscheidenden Grundkriterien für die Apothekenwahl der Kunden sind. Erst auf Platz sieben folgt bei den Antworten die Dienstleistung. Dienstleistungsbereitschaft sei für die Apothekenkunden offenbar eine Selbstverständlichkeit. Genau darin liegt eine große Chance. Dienstleistung und Kundenfreundlichkeit müssten im Apothekenalltag wieder herausgestellt werden und einen "Wow-Effekt" auslösen. So bietet sich die Möglichkeit, im Wettbewerb positive Alleinstellungsmerkmale für die eigene Apotheke zu entwickeln.

Als Beispiel verwies Kaapke auf Bemühungen aus anderen Handelsbereichen wie die Einrichtung von dezenten Beratungsecken, Musikbeschallung oder Kinderbetreuung. Nicht nur die Barrierefreiheit beim Eintritt in die Apotheke spielt eine besondere Rolle. Auch mit kleinen Serviceeinrichtungen wie einer Garderobe kann die Kundenzufriedenheit zum Beispiel im diesjährig besonders kalten Winter gesteigert werden. Jeden Tag müsse sich der Apotheker fragen: "Wo gibt es Barrieren, die einen Verkaufsvorgang verhindern?"

Der Apotheker solle versuchen, sich in die Kunden hineinzuversetzen. "Ähnlichkeit als Erfolgsfaktor" empfahl Kaapke seinen Zuhörern darüber hinaus. Wer einem Vogel etwas verkaufen wolle, müsse sich wie ein Vogel verhalten können. Durchschnittlich sechs Minuten hält sich ein Kunde in der Apotheke auf. Genug Zeit für Kaapke, um aus dem Besuch ein "Erlebnis, ein Event" für den Kunden zu kreieren. Dabei müsse der Apotheker in der Lage sein, sich flexibel auf diffuse Kundenwünsche einzustellen. Kaapke: "Wir haben es mit schizophrenen Kunden zu tun. Dann müssen wir die Schizophrenie bespielen."

Neben den Grundvoraussetzungen Freundlichkeit und Kompetenz geht es darum, dem Kunden das Gefühl besonderer persönlicher Aufmerksamkeit und Hinwendung zu vermitteln. "Mensch und Zusatzdienstleistung" stehen laut Kaapke im Zentrum der Profilbildung jeder Apotheke und bildeten die Erfolgsmerkmale der Zukunft.

lk

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