Missverstanden

Thomas Müller-Bohn

Prävention in der Apotheke sollte eine Selbstverständlichkeit sein, doch noch immer gibt es Ärzte, die dieses Thema allein für ihre Berufsgruppe in Besitz nehmen möchten. Diese ärztlichen Berufspolitiker haben offenbar nicht verstanden, was Prävention ist – oder wollen es nicht verstehen. Prävention ist keine neue Ziffer in der ärztlichen Gebührenordnung, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Prävention sollte in der Schule anfangen. Lehrer sollten schon den Kindern vermitteln, wie sie ihre Gesundheit erhalten und fördern können. Prävention ist auch eine Aufgabe für Vereine und Unternehmen. Vereine können in ihrem Umfeld für die jeweils sinnvollen Maßnahmen zur Gesunderhaltung werben und Menschen über zeitgemäße Angebote informieren. Arbeitgeber sind aufgerufen, gesundheitlich förderliche Arbeitsbedingungen zu schaffen und Mitarbeiter zu entsprechenden Arbeitsweisen zu motivieren, auch im Interesse der langfristigen Produktivität. Prävention ist eine Herausforderung für das ganze Gesundheitswesen. Da Prävention auf Gesunderhaltung zielt, sind alle diejenigen besonders gefordert, die sich ohnehin professionell mit der Gesundheit beschäftigen. Außer Ärzten sind dies Apotheker, alle nicht akademischen Heilberufe, Krankenkassen und Berufsgenossenschaften. Sie alle sollten nach geeigneten Möglichkeiten suchen, Menschen über Gesunderhaltung, Krankheitsverhinderung und das Erkennen von Krankheiten zu informieren und dafür zu sensibilisieren.

Über ein Präventionsgesetz wird schon lange diskutiert. Es ist bisher an politischen Streitigkeiten und den üblichen Finanzierungsproblemen gescheitert. Doch der Kerngedanke ist unbestritten: Prävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es ist keine dritte rein ärztliche Grundaufgabe neben Diagnose und Therapie. Denn Prävention beginnt lange vor einer Krankheit, sie soll die Krankheit im Idealfall verhindern. Dafür sind auch Ärzte nötig, aber Ärzte allein können dies nicht leisten. Denn die Aufgabe ist viel zu groß. Auch die Apotheken sind gefordert. Ihre niederschwellige Erreichbarkeit, die gesundheitliche Kompetenz der Apothekenteams und das Vertrauen der Bevölkerung in die Apotheken macht sie sogar zu einem idealen Ort für die Prävention – doch auch die Apotheken haben keinen Alleinanspruch auf Prävention.


Thomas Müller-Bohn

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