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Gesundheitspolitik
Analgetika-Großpackungen auf Rezept?
Mit der Unterstellung von Paracetamol-Großpackungen unter die Verschreibungspflicht wurde die Forderung laut, auch die rezeptfrei erhältlichen Packungsgrößen anderer Analgetika zu begrenzen. So hatte das Mitglied des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht, Prof. Dr. Dr. Kay Brune, in einem Gespräch mit der Deutschen Apotheker Zeitung (DAZ 2009, Nr. 21, S. 56) für Acetylsalicylsäure (ASS) eine maximale Tagesdosis von 2 g und rezeptfrei erhältliche Packungsgrößen von maximal 10 g ASS gefordert. Er hatte dafür plädiert, alle Analgetika mit Packungsgrößen, die den Bedarf von sieben Tagen überschreiten, der Verschreibungspflicht zu unterstellen. Brune begründete seine Forderungen unter anderem mit der Toxizität von ASS und der Notwendigkeit einer ärztlichen Abklärung bei länger anhaltenden Schmerzen. Die Begrenzung auf kleine Packungsgrößen sollte zudem das Risikobewusstsein der Patienten schärfen.
Am 12. Januar 2010 hat nun der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht beschlossen, dem Gesetzgeber eine Packungsgrößenbegrenzung der rezeptfrei erhältlichen Stoffmengen für folgende Analgetika nach folgender Maßgabe vorzuschlagen:
- Acetylsalicylsäure bis zu maximal 10.000 mg (z. B. 20 x 500 mg)
- Diclofenac bis zu maximal 500 mg (z. B. 20 x 25 mg)
- Ibuprofen bis zu maximal 8000 mg (z. B. 20 x 400 mg)
- Phenazon bis zu maximal 10.000 mg (z. B. 20 x 500 mg)
- Propyphenazon bis zu maximal 10.000 mg (z. B. 20 x 500 mg)
Das Bundesministerium für Gesundheit kann nun den Empfehlungen des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht folgen und sie mithilfe einer Änderungsverordnung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) umsetzen. Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) weist darauf hin, dass diese Änderungsverordnung der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Sie werde voraussichtlich zum 1. Juli 2010 in Kraft treten, gegebenenfalls mit Übergangsregelungen. Im Vorfeld der Diskussion hatte der BAH Zweifel an der Sinnhaftigkeit einer Begrenzung der Packungsgrößen geäußert und dem Verbraucher einen verantwortungsbewussten Umgang mit rezeptfreien Analgetika attestiert. Vor diesem Hintergrund und der tatsächlich vorhandenen Risikosituation hatte er für eine pragmatische Haltung plädiert. Zur Abstimmung kamen zwei Vorschläge, einer des BfArM und einer der Hersteller, vorgetragen von BAH-Geschäftsführer Eberwein (s. Stellungnahme). Nach dem etwas weniger restriktiven Vorschlag des BAH wäre eine 50er ASS-Packung nicht unter die Verschreibungspflicht gefallen. Brune zeigte sich gegenüber der AZ mit dem jetzt empfohlenen BfArM-Vorschlag einverstanden, er hätte auch mit dem anderen leben können. Allerdings sieht er die Gefahr, dass vonseiten des Gesetzgebers eine vergleichende Risikobewertung zur Begründung der Einschränkung der Packungsgrößen gefordert wird. Die Risiken älterer Analgetika wie ASS, Phenazon und Propyphenazon seien jedoch nie zur Zulassung zum rezeptfreien Verkauf analysiert worden. Sie seien quasi in die Rezeptfreiheit hineingeboren worden. Wenn heute entsprechende Risikoanalysen durchgeführt würden, müsse damit gerechnet werden, dass einige oder alle diese Wirkstoffe ganz in die Rezeptpflicht überführt werden.
Wenn der Gesetzgeber Arzneistoffe unter die Verschreibungspflicht stellen will, muss er die Vorschriften des § 48 AMG beachten. So kann er Stoffe, die häufig missbräuchlich verwendet werden, der Verschreibungspflicht unterstellen, wenn damit eine Gesundheitsgefährdung verbunden ist. Ob bei den betroffenen Analgetika tatsächlich von einem nennenswerten Missbrauch auszugehen ist, ist umstritten. Nach Ansicht des BAH belegen Studien das Gegenteil. Dr. Bernd Eberwein, Geschäftsführer des BAH und ebenfalls Mitglied des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht hatte für eine weniger restriktive Begrenzung der Packungsgrößen auf zehn Tagesdosen plädiert, konnte sich aber mit diesem Vorschlag nicht durchsetzen (s. Stellungnahme).
Stellungnahme des BAH:
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