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Arzneimittel und Therapie
Begrenzte Packungsgrößen für alle rezeptfreien Analgetika?
Brune: Wir haben im Bereich der apothekenpflichtigen Analgetika ein Ungleichgewicht in der Regulierung. So gibt es für die älteren apothekenpflichtigen Analgetika Acetylsalicylsäure, Salicylsäure, Propyphenazon und Phenazon keine Festlegung für eine maximale Einzel- und Tagesdosis und auch keine Beschränkung der Packungsgröße. Für orale Darreichungsformen von rezeptfreiem Ibuprofen sind maximale Einzeldosen (bis 400 mg) und Tageshöchstdosen (1,2 g) festgelegt. Diclofenac ist in einer maximalen Einzeldosis von 25 mg und einer maximalen Tagesdosis von 75 mg von der Verschreibungspflicht freigestellt. Hier gibt es auch eine Festlegung der maximalen Therapiedauer: zur Fiebersenkung darf rezeptfreies Diclofenac drei und bei Schmerzen vier Tage eingesetzt werden. Es gibt aber weder für Diclofenac noch für Ibuprofen eine Beschränkung der Packungsgröße. Grundsätzlich sollten wir für alle apothekenpflichtigen Analgetika maximale Einzel- und Tagesdosen sowie maximale Packungsgrößen festlegen.
DAZ Warum sehen Sie denn beispielsweise bei Acetylsalicylsäure so großen Handlungsbedarf?Brune: Handlungsbedarf besteht vor allem deshalb, weil Paracetamol und Acetylsalicylsäure diejenigen apothekenpflichtigen Analgetika sind, die bei Überdosierung zum Tode führen können. Für Paracetamol hat man daher eine entsprechende Begrenzung der Packungsgröße eingeführt. Für Acetylsalicylsäure gibt es keinerlei Begrenzung. In der Öffentlichkeit entsteht der Eindruck, dass all das, was unbegrenzt zur Verfügung steht, entsprechend ungefährlich ist. Das Gegenteil ist der Fall!
DAZ Wie sollte denn dann die Begrenzung für Acetylsalicylsäure aussehen?Brune: Zunächst einmal ist meiner Meinung nach in der Schmerztherapie kein Platz mehr für Acetylsalicylsäure, da die analgetische Wirkung begrenzt und kurzzeitig ist, die Einschränkung der Blutgerinnung aber – auch bei niedriger Dosierung – tagelang anhält. Das wird zu heftigen Diskussionen führen. Aber eine Herausnahme von Acetylsalicylsäure aus dem Katalog der apothekenpflichtigen Analgetika ist zurzeit wohl kaum durchsetzbar. Was jedoch wenigstens geschehen sollte, ist eine klare Begrenzung der Packungsgröße für den rezeptfreien Gebrauch. Ein Kompromiss wäre eine maximale Tagesdosis von 2 g und eine Unterstellung von Acetylsalicylsäure unter die Verschreibungspflicht ab einer Packungsgröße, die 10 g überschreitet.
DAZ Laut Tagesordnung soll auch ein Konzept für Ibuprofen und Diclofenac erarbeitet werden. Wo würden Sie hier die Grenze für die Selbstmedikation ziehen?Brune: In der Selbstmedikation ist für Diclofenac zur Zeit die maximale Tagesdosis auf 75 mg festgesetzt, für den verschreibungspflichtigen Bereich liegt sie bei 150 mg/Tag. Ich meine, eine Begrenzung der Packungsgröße auf sieben Tagesdosen wäre sinnvoll. Auch für Ibuprofen sollte die Packungsgröße auf den Sieben-Tagesbedarf begrenzt werden. Hier gilt wie schon erwähnt eine Tageshöchstdosis von 1,2 g. Diese Mengen sollten sowohl für eine Selbsttherapie mit Ibuprofen als auch mit Diclofenac ausreichen. Ist das nicht der Fall, dann ist sowieso ein Arztbesuch zur Abklärung angezeigt.
DAZ Wie sieht es mit weiteren rezeptfreien Analgetika wie Naproxen aus?Brune: Auch das rezeptfrei erhältliche Naproxen muss diskutiert werden. Im Gegensatz zu den anderen Wirkstoffen wird Naproxen nur langsam eliminiert. Es kumuliert also beim mehrtägigen Gebrauch. Die heute erlaubte Tagesdosis in der Selbstmedikation von 750 mg erscheint eindeutig zu hoch. In dieser Dosierung bewirkt Naproxen eine nachhaltige Hemmung der Blutplättchenfunktion. 500 mg/Tag erscheinen ungefährlicher. Die Packungsgröße sollte wieder auf sieben Tagesdosen begrenzt werden.
DAZ Jede dieser Beschränkungen ist allerdings durch Kauf in mehreren Apotheken zu umgehen ...Brune: Natürlich! Es geht bei einer Neuregelung der Packungsgrößen auch darum, das Risikobewusstsein der Kunden zu schärfen und alte Vorurteile – wie erprobt oder bewährt – zu korrigieren.
DAZ Herr Professor Brune, vielen Dank für das Gespräch! Prof. Dr. med. Dr. h.c. Kay Brune,Doerenkamp-Stiftungsprofessur, Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, FAU Erlangen Nürnberg, Fahrstr. 17, 91054 ErlangenDas Gespräch führte Dr. Doris Uhl, Stuttgart
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