Gesundheitspolitik

Monopolkommission contra Apotheken

Bekannte Empfehlungen

Berlin (ks). Die Monopolkommission befasst sich in ihrem aktuellen Gutachten erneut mit "Wettbewerbsdefiziten" bei Apotheken. Die Regierungsberater empfehlen, auch bei Rx-Arzneien einen "sanften" Preiswettbewerb zu ermöglichen. Dazu sollen die bestehenden Zuzahlungsregelungen und die fixen Packungspauschalen für Apotheker wegfallen.

"Mehr Wettbewerb, wenig Ausnahmen" lautet der Titel des neuen Gutachtens, das die Kommission am 14. Juli in Berlin vorstellte. Hierin greift sie eine Reihe der Handlungsempfehlungen aus ihrem Hauptgutachten (2004/ 2005) für den Apothekenmarkt in aktualisierter Form erneut auf.

"Ganz bewusst" spricht sich die Kommission nicht für eine vollständige Deregulierung des Einzelhandels mit Arzneimitteln aus. "Gewisse Besonderheiten" gegenüber anderen Einzelhandelsmärkten kann sie durchaus ausmachen. Dennoch kommt sie zu dem Ergebnis, dass der Apotheker im Wesentlichen eine Einzelhandelstätigkeit ausführt. Zwar gebe es hier auch einen Wettbewerb – etwa hinsichtlich des Standortes – dieser sei jedoch weitgehend "indirekt" und sorge nicht dafür, dass der Kunde davon profitiere, sagte der Vorsitzende der Kommission, Justus Haucap. Um einen Anreiz zum Besuch einer günstigen Apotheke zu geben, sollte der Patient nicht an den Gesamtkosten des Arzneimittels, sondern lediglich an den Kosten der Apothekenleistung beteiligt werden, so die Kommission. Dazu empfiehlt sie einen "sanften" Preiswettbewerb – auch bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Geschehen soll dies durch den Wegfall der gesetzlichen Zuzahlung bei GKV-Patienten sowie der Packungspauschale von 8,10 Euro (abzüglich GKV-Rabatt). Dafür soll es ein durch die Apotheke selbst in Grenzen festzulegendes Entgelt für die Dienstleistung der Apotheke geben. Die Obergrenze könnte bei den bekannten 8,10 Euro liegen, um einen Missbrauch, etwa in Notfällen, zu vermeiden, sagte Haucap. Klares Ziel sind damit uneinheitliche Arzneimittelpreise.

Ja zum Fremdbesitz

Darüber hinaus plädiert die Kommission – trotz des EuGH-Urteils zum Fremdbesitz und der klaren politischen Bekenntnisse zur inhabergeführten Apotheke – weiterhin für eine Aufhebung des Fremdbesitzverbots. Aus ihrer Sicht sollte das Betreiben von Apotheken durch Kapitalgesellschaften ermöglicht werden. Vorübergehend sollte aber gleichzeitig die Fusionskontrolle bei Apotheken verschärft werden, um die Herausbildung regionaler Monopolstellungen zu verhindern. Ein Mehrbesitz von Apotheken sollte aus Sicht der Berater auch oberhalb der aktuellen Grenze von vier Apotheken zugelassen werden. Damit wäre eine Kapitalbeteiligung von Nichtapothekern an Apothekenbetrieben möglich und es könnten Apothekenketten von grundsätzlich nicht beschränkter Größe gebildet werden. Wenn "suggeriert" werde, selbstständige Apotheker hätten – im Vergleich zu Apothekenketten – kein Profitinteresse, so sei der Monopolkommission "keine Evidenz dafür bekannt, dass Apotheker in geringerem Maße an wirtschaftlicher Prosperität und Wohlstand interessiert wären als andere Mitbürger", heißt es im Gutachten. Zudem führe Profitstreben im Einzelhandel nicht automatisch zu Fehlverhalten – schon gar nicht, wenn Sanktionen drohten.

Eine weitere erneut aufgegriffene Empfehlung betrifft die Apothekenräumlichkeiten: Aus Sicht der Kommission spricht nichts dagegen, Apotheken in andere Geschäfte zu integrieren. Sie könnten als räumlich unselbstständiger Teil eines Drogeriemarkts oder Kaufhauses betrieben werden. Die Abgabe rezeptpflichtiger und besonders beratungsbedürftiger Arzneimittel müsste allerdings auch hier über den Apothekentisch erfolgen.

Nicht zuletzt empfiehlt die Kommission, das zunächst von der Regierung geplante Pick-up-Verbot nicht umzusetzen. Ein vollständiges Verbot erscheine unverhältnismäßig, heißt es im Gutachten. Pick-up-Stellen ermöglichten dem Versandhandel alternative Vertriebswege und erhöhten so auch den Wettbewerbsdruck für niedergelassene Apotheken. Mittlerweile hat man sich auch in der Regierungskoalition von dem Vorhaben verabschiedet – wenn auch aus verfassungsrechtlichen Gründen und schweren Herzens, wie Gesundheitspolitiker beteuern.

Ob die neuen Vorschläge der Kommission bei der Bundesregierung auf offene Ohren treffen, mag bezweifelt werden. Schon im Frühjahr hatte Haucap erklärt, dass es an "konkreten Signalen" aus der Regierung fehle. Auch vor vier Jahren war die Politik von den nun neu aufgelegten Ideen nicht überzeugt. In ihrer Stellungnahme zum Gutachten hatte die damalige Bundesregierung der Großen Koalition eine Einbindung der Vorschläge in einen sozial- und gesundheitspolitischen Kontext vermisst. Zudem teilte sie nicht die Auffassung der Kommission, dass es sich bei der Tätigkeit der öffentlichen Apotheken im Wesentlichen um eine Tätigkeit des Einzelhandels handele. "Die dargestellten wettbewerblichen und ökonomischen Aspekte können nicht gegen die Anforderungen der Arzneimittelsicherheit und der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung aufgewogen werden. Insoweit wird der Arzneimittel- und Apothekenmarkt auch in Zukunft gewissen Regulierungen unterliegen", heißt es in der Stellungnahme. Damals hatte die Kommission allerdings noch weitgehendere Vorschläge unterbreitet. So hatte sie sich für eine deutliche Lockerung der Apothekenpflicht ausgesprochen. Zudem wollte sie den Zugang zum Apothekerberuf über ein Fachhochschulstudium ermöglichen.

Auch die Bundesapothekerkammer hat für die Ideen der Kommission nichts übrig. BAK-Präsidentin Erika Fink betonte, dass nicht der Geldbeutel darüber entscheiden dürfe, ob jemand vor der Einnahme eines rezeptpflichtigen Medikaments vom Apotheker umfassend informiert wird oder nicht. Patienten entschieden heute selbst darüber, in welcher Apotheke sie ihre Rezepte einlösen. Für viele ältere, chronisch kranke und multimorbide Patienten sei der Service-, Leistungs- und Qualitätswettbewerb der Apotheken innerhalb der gesetzlichen Grenzen von großer Bedeutung. Dieser Wettbewerb der Apotheken untereinander werde von der Monopolkommission erheblich unterschätzt, so Fink. Die Kommission vergesse zudem, dass Preiswettbewerb auch zum unsachgemäßen Mehrkonsum führen könne – dies wollten Apotheker als Heilberufler verhindern.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.