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Apotheke und Krankenhaus
BVKA-Stellungnahme zum Referentenentwurf
In einem Arbeitspapier des BMG vom 28.11.2008 für Eckpunkte einer 15. AMG-Novelle ist eine Stärkung der Apotheken beim Medikationsmanagement vorgeschlagen worden. Dass dieser Gesichtspunkt im vorliegenden Referentenentwurf keinen Niederschlag gefunden hat, bedauern wir sehr. Denn aus mehreren Gründen sind hier klare gesetzliche Regelungen notwendig:
Über eine geregelte Einbindung in ein Medikationsmanagement wird die besondere Verantwortung des Apothekers bei der Betreuung gerade multimorbider Patienten gestärkt, zugleich wird die Sicherheit der Arzneimitteltherapie deutlich erhöht. Über Zeitraumverordnungen und tablettengenaues Abrechnen bieten sich außerdem erhebliche Einsparpotenziale für die Kostenträger. Zusätzlich können durch die Neuverblisterung von Arzneimitteln die Prozesskosten im Bereich der ambulanten und der stationären Pflege beim Stellen der Arzneimittel reduziert werden. Um diese Effekte wirkungsvoll realisieren zu können, müssen freilich klare Regelungen im SGB V, im Apothekengesetz (ApoG), in der Apothekenbetriebsordnung (ApoBetrO) und in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) getroffen werden:
- Es sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dass Apotheken für andere Apotheken Arzneimittel verblistern. Eine strukturell vergleichbare Regelung über die Belieferung von Apotheken durch andere öffentliche Apotheken mit anwendungsfertigen Zytostatikazubereitungen gibt es bereits in § 11 Abs. 3 S. 2 ApoG.
- Ferner sollte die Versorgung mit patientenindividuell hergestellten (verblisterten) Arzneimitteln in § 4 Abs. 4 ApoBetrO neben der Zytostatikazubereitung und dem Versandhandel als weitere Ausnahme vom Grundsatz der Raumeinheit aufgenommen werden. Daneben müssen in der AMPreisV klare Regelungen getroffen werden, die den Mehraufwand der Apotheke bei der patientenindividuellen Arzneimittelversorgung honorieren.
- Die Klarstellung in § 21 Abs. 2 Nr. 1b, dass für Apotheken verblisterte Arzneimittel nur bei unveränderter Darreichungsform von der Zulassungspflicht befreit sind, ist begrüßenswert, aber unvollständig. Es fehlt parallel dazu eine Bestimmung, nach der auch bei patientenindividuell hergestellten Blistern, die von Apotheken im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes hergestellt werden, geteilte Arzneiformen (z. B. Tabletten) nur in begründeten Ausnahmefällen eingesetzt werden dürfen.
Verträge zwischen Apotheken und privaten Krankenversicherungen
Art. 6 RefE (§ 5 Abs. 4 S. 2 und Abs. 5 S. 2 AMPreisV)
Die Ausweitung der Kompetenz zum Abschluss von Verträgen über Preisgrundlagen und Zuschläge für Rezepturen auf private Krankenversicherungen und deren Verbände ist in doppelter Hinsicht systemwidrig und nicht praktikabel:
Für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist den Spitzenverbänden der Krankenkassen im Jahre 1998 die Befugnis zum Abschluss von Verträgen über Zuschläge für Rezepturarzneimittel aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten verliehen worden, um auch bei hochpreisigen Rezepturen leistungsgerechte Konditionen sicherzustellen. In diesem Bereich konnte der Gesetzgeber tätig werden, weil er für die Gestaltung der Rahmenbedingungen der GKV zuständig ist (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG). Für die private Krankenversicherung (PKV) gilt dies jedoch nicht. Hier bestehen weder Anlass noch Notwendigkeit, dass der Gesetzgeber die Vorschriften zur einheitlichen Preisbildung (vgl. § 78 Abs. 2 AMG), die in § 5 AMPreisV immerhin gesetzlich festgeschrieben sind, wieder zur Disposition stellt.
Außerdem schafft die vorgesehene Neuregelung Verknüpfungen zwischen den falschen Beteiligten. Anders als im Bereich der GKV stehen die Apotheken zu den privaten Krankenversicherungen in keinerlei Rechtsbeziehung. Ihre Vertragspartner sind allein die privat versicherten Patienten selbst. Schon systematisch ist es daher ausgeschlossen, dass Apotheken über die Konditionen ihrer Arzneimittellieferungen mit (Versicherungs-) Unternehmen, die an der Lieferbeziehung rechtlich überhaupt nicht beteiligt sind, Preisvereinbarungen treffen. Private Krankenversicherungen erstatten lediglich die Kosten der Versorgung ihrer Versicherungsnehmer mit Arzneimitteln. In welchem Umfang sie das tun, richtet sich allein nach den vertraglichen Vereinbarungen, die zwischen diesen Unternehmen und ihren Versicherungsnehmern getroffen werden. Verträge zwischen privaten Krankenversicherern und Apotheken über Preisgrundlagen und Zuschläge wären dagegen rechtssystematische Fremdkörper.
Derartige Vereinbarungen sind auch in der Praxis nicht umsetzbar. Ein Apotheker sieht dem Patienten, den er mit Rezepturarzneimitteln versorgt, nicht an, ob überhaupt und ggf. bei welchem Unternehmen er privat krankenversichert ist. Ebenso wenig kann er die Angaben des Patienten über den Bestand einer privaten Krankenversicherung verlässlich nachprüfen. Gäbe es – womöglich sogar unterschiedliche – Preisvereinbarungen mit privaten Krankenversicherungen, wie sie der Referentenentwurf vorsieht, hätte der Apotheker keine Gewissheit mehr, welchen Preis er dem Patienten im konkreten Fall richtigerweise in Rechnung zu stellen hat.
Die Ausweitung der Vertragskompetenz nach § 5 Abs. 4 und Abs. 5 AMPreisV auf private Krankenversicherungen und deren Verbände ist daher zu streichen.
Preisberechnung auf Basis der "tatsächlich entstandenen Kosten" / Krankenhausapotheken als Vorlieferanten von Zytostatikazubereitungen
Art. 9 Nr. 5 RefE (129 Abs. 5a SGB V)
Nach der geplanten Neufassung des § 129 Abs. 5a SGB V soll der Preis für Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln auf anderer Grundlage als bisher gebildet werden. Dabei gibt die Neuregelung in Satz 2 des § 129 Abs. 5a SGB V zunächst nur die derzeitige Rechtslage wieder, nach der die Preise für solche Zubereitungen nach Vereinbarungen berechnet werden, die die zuständigen Spitzenverbände der Krankenkassen und der Apotheker geschlossen haben. Der anschließende Satz 3 soll die maßgebliche Neuregelung enthalten; er schreibt fest, dass bei der Preisbildung für Fertigarzneimittel in Zubereitungen die "tatsächlich entstandenen Kosten" zu Grunde zu legen sind. Doch diese Regelung verkennt die schon jetzt und auch künftig geltende Rechtslage: Die §§ 78 Abs. 3 AMG und 7 Abs. 1 HWG in Verbindung mit den Bestimmungen der AMPreisV verbieten den öffentlichen Apotheken schon heute die Annahme von Rabatten, die jenseits des vom pharmazeutischen Unternehmer festgelegten Abgabepreises gewährt werden. Lediglich im Umfang des Großhandelshöchstzuschlages dürfen Rabatte gewährt und von den Apotheken – gleichgültig, ob sie lediglich Fertigarzneimittel abgeben oder Zubereitungen herstellen – angenommen werden.
Vor diesem Hintergrund ist die Festlegung auf die "tatsächlich entstandenen Kosten" überflüssig, denn nach geltendem Recht sind diese Kosten längst die Abrechnungsbasis für Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln. Die Neuregelung ergibt nur dann einen Sinn, wenn beabsichtigt ist, die herstellenden Apotheken gegenüber allen übrigen öffentlichen Apotheken gezielt zu benachteiligen und ihnen den bei Fertigarzneimitteln erreichbaren geringfügigen Nachlass auf den Apothekeneinkaufspreis bis maximal zum Herstellerabgabepreis (so genannter Großhandelsrabatt) im Bereich der Zubereitungen streitig zu machen. Doch das kann mit der Regelung im neuen Satz 3 des § 129 Abs. 5a SGB V nicht gemeint sein. Verhielte es sich anders, hätte es insoweit einer Klarstellung bedurft; außerdem wären dann sämtliche Vereinbarungen nach § 129 Abs. 5 S. 3 SGB V überflüssig, weil es zumindest im Bereich der Arzneimittelpreise nichts mehr zu vereinbaren gäbe.
Doch dies ist nicht der einzige Kritikpunkt betreffend die Änderung des § 129 Abs. 5a SGB V: Über die Bezugnahme auf § 129a SGB V in Satz 6 n.F. sollen auch die Krankenhausapotheken an den Preisberechnungsmodus auf der Basis tatsächlich entstandener Kosten gebunden werden. Damit fördert der Gesetzgeber jedoch eine Situation, die schon seit einiger Zeit zu massiven Wettbewerbsverzerrungen zwischen Krankenhausapotheken und öffentlichen Apotheken führt.
Im Jahre 2002 ist den Krankenhausapotheken und den öffentlichen Apotheken mit § 11 Abs. 3 ApoG die Befugnis eingeräumt worden, andere Apotheken mit anwendungsfertigen Zytostatikazubereitungen zu beliefern. In dieser Funktion als "Vorlieferanten" agieren beide Arten von Apotheken freilich unter ganz unterschiedlichen Voraussetzungen: Die Krankenhausapotheke ist eine unselbständige Teileinheit des Krankenhauses, welches aus Steuermitteln der Länder finanziert wird; sie trägt keinerlei unternehmerisches Risiko. Die Krankenhausapotheke unterliegt nicht den Regelungen der AMPreisV, kann also ihre Einkaufspreise frei aushandeln und kann auch die Abgabepreise selbst vertraglich gestalten.
Auch bei der Belieferung anderer Apotheken setzt die Krankenhausapotheke zwangsläufig solche Arzneimittel ein, die ihr von den pharmazeutischen Unternehmen zu besonderen (Klinik-) Konditionen zur Verfügung gestellt worden sind. Die öffentliche Apotheke ist dagegen ein selbständiges Unternehmen mit allen damit verbundenen Risiken; sie ist in ihrer Existenz auf die Erträge aus Arzneimittellieferungen angewiesen. Die öffentliche Apotheke ist sowohl beim Einkauf als auch bei der Abgabe von Arzneimitteln an die Regelungen der AMPreisV gebunden. Rabatte darf sie nur in sehr begrenztem Umfang annehmen, und für Rezepturarzneimittel muss sie die vorgeschriebenen Zuschläge berechnen.
Diese Gesamtkonstellation bewirkt schon seit Jahren eine massive Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der öffentlichen Apotheken. Bei ihrer Betätigung als Vorlieferanten für Zytostatikazubereitungen sind den Krankenhausapotheken ohne erkennbaren Grund Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, die den öffentlichen Apotheken verwehrt bleiben. Das führt zu einer wettbewerbswidrigen Verschiebung von Marktanteilen und Erträgen. Überdies können die Krankenhausapotheken auf diese Weise Gewinne generieren, die nicht der Versichertengemeinschaft, sondern den Krankenhausträgern zufließen. Nicht nur wettbewerbspolitisch, sondern auch verfassungsrechtlich (Art. 3, 12 GG) ist dies höchst bedenklich. Abgesehen davon erfolgt die Privilegierung der Krankenhausapotheken ohne Not: Die Versorgung von Apotheken mit Zytostatikazubereitungen aus Krankenhausapotheken mag zu Beginn dieses Jahrzehnts noch erforderlich gewesen sein. Inzwischen haben sich die Verhältnisse aber komplett gewandelt. In Deutschland steht flächendeckend eine (mehr als) ausreichende Zahl von öffentlichen Apotheken zur Verfügung, die solche Rezepturarzneimittel nach anerkannten Standards zeit- und ortsnah herstellen und liefern können – und dies häufig sogar auf höherem Niveau als manche Krankenhausapotheke.
An den geschilderten Missständen wird sich mit der 15. AMG-Novelle in der Fassung des Referentenentwurfs jedoch nichts ändern. Zwar sollen nun auch die Krankenhausapotheken bei der Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte in der ambulanten Versorgung an die Preisberechnungsmethode auf der Grundlage tatsächlicher Einkaufspreise gebunden werden (§ 129 Abs. 5a S. 6 SGB V neue Fassung in Verbindung mit § 129a SGB V). Doch dies beseitigt die gegebene Wettbewerbsverzerrung und die Verletzung des verfassungsmäßigen Gleichheitssatzes in der genannten Konstellation nicht, sondern zementiert beides weiter. Die Neufassung begünstigt sogar den gegenteiligen Effekt: Um in der Ambulanzversorgung weiterhin Erträge auf ähnlichem Niveau für die Krankenhausträger generieren zu können, werden sich die Krankenhausapotheken genötigt sehen, im verstärktem Umfang als Vorlieferanten tätig zu werden. Dies kann in der Praxis soweit gehen, dass die Versorgung der eigenen Ambulanz einer öffentlichen Apotheke übertragen wird, für die die Krankenhausapotheke dann herstellt. Das kann nicht sinnvoll sein – und führt zudem zu höheren Kosten.
Aus den vorgetragenen Gründen sollte die Neuregelung in § 129 Abs. 5a S. 3 SGB V komplett gestrichen werden.
Als rechtlich und wettbewerbspolitisch unbedenkliche Lösung bietet sich an, die in § 11 Abs. 3 ApoG den Krankenhausapotheken eingeräumte Möglichkeit zur Belieferung anderer Apotheken mit anwendungsfertigen Zytostatikazubereitungen zu streichen.
Abrechnung unter Angabe der PZN von Rezepturbestandteilen
Art. 9 Nr. 8 RefE (§ 300 Abs. 1 SGB V)
In § 300 Abs. 1 SGB V neue Fassung wird die Verpflichtung der Apotheken statuiert, bei der Arzneimittelabrechnung gegenüber den Krankenkassen auch für Fertigarzneimittel, aus denen Zubereitungen hergestellt werden, das sog. Arzneimittelkennzeichen (= Pharmazentralnummer "PZN") anzugeben. Diese Regelung ist u.a. mit Blick darauf, dass nun auch Zubereitungen dem Herstellerrabatt unterworfen werden sollen (Art. 9 Nr. 4 RefE, § 130a Abs. 1 SGB V), durchaus verständlich. Sie ist aber in der Praxis aus einer ganzen Reihe von Gründen, von denen hier nur einige genannt werden sollen, nicht umsetzbar:
Das zur Abrechnung einzusetzende Rezeptformular "Muster 16" stellt für den Aufdruck der PZN maximal drei bis vier Zeilen zur Verfügung. Bei Zytostatikazubereitungen und anderen parenteral applizierten Rezepturarzneimitteln müssen aber in fast allen Fällen deutlich mehr Abrechnungsposten genannt werden. Soweit es sich dabei um Fertigarzneimittel handelt, ist die Verpflichtung zum Aufdruck der PZN nicht erfüllbar. Das Formular Muster 16 ist daher für eine Abrechnung nach neuem Recht ungeeignet.
Unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten ist die Apotheke verpflichtet, bei der Herstellung von Zytostatikazubereitungen Teilmengen aus Bündelpackungen einzusetzen. Sie setzt also Teile eines Fertigarzneimittels für mehrere Zubereitungen ein. Für solche Teilmengen existiert aber überhaupt keine Fertigarzneimittel-PZN, die im Zuge der Abrechnung verwendet werden könnte. Hier gibt es keinen Ausweg: Wenn jeweils die PZN der Rezepturbestandteile aufgedruckt werden müssen, lassen sich Teilmengen aus Bündelpackungen auf dem Rezept schlechterdings nicht darstellen. Würde die Apotheke aber auf die Darstellung der Teilmenge verzichten und bei jeder Abrechnung die PZN der Fertigarzneimittel nennen, von denen sie Teilmengen eingesetzt hat, müsste das betroffene pharmazeutische Unternehmen den Herstellerrabatt letztlich mehrfach gewähren. Das ist zweifellos nicht gewollt.
Angesichts dieser und weiterer Hindernisse wird auch aus dem Bereich der Apothekenrechenzentren bereits eindeutig signalisiert, dass die vorgesehene Regelung weder kurzfristig noch auf längere Sicht umgesetzt werden kann.
Die in Art. 9 Nr. 8 des Referentenentwurfs vorgesehene Verpflichtung muss daher gestrichen werden.
BVKA – Bundesverband klinik- und heimversorgender Apotheke e. V.Dr. Klaus Peterseim, Vorsitzender
ImpressumApotheke und Krankenhaus Informationen des Bundesverbandes klinik- und heimversorgender Apotheker (BVKA e. V.) zur Klinik und Heimversorgung Herausgeber: Klaus Grimm, Wesseling im Auftrag des BVKA e. V. Redaktion: Dr. Doris Uhl, Stuttgart BVKA-Geschäftsstelle: Ursula Grasy Hans-Lorenser-Str. 89079 Ulm/Donau Tel. (07 31) 40 15-9 55 E-Mail: U.Grasy@sanacorp.de |
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