DAZ aktuell

2009 – Apotheke im Wandel

STARNBERG (diz). Vor etwa einem Jahr gründete der Apotheker Dr. Stefan Hartmann den Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK). Der Verband, der sich als Dachverband der Kooperationen versteht, will sich für den Erhalt der inhabergeführten Apotheke einsetzen und bemüht sich u. a. um einen Erfahrungsaustausch unter den angeschlossenen Apothekenkooperationen. Am 6. Februar 2009 veranstaltete er in Starnberg seinen ersten Kongress. Vertreter der Kooperationen, aus Pharmaindustrie, Marketing- und Beratungsfirmen diskutierten über die sich abzeichnenden Bewegungen im Apothekenmarkt.
FDP-Gesundheitspolitiker Bahr: Der Apotheker ist Heilberufler, der ökonomisch denken muss.

Vor rund 130 Kongressteilnehmern machte der BVDAK-Vorsitzende Hartmann deutlich, welche Ziele sein Verband verfolgt. Zu den Grundideen des BVDAK gehört es, so Hartmann, dass Kooperationen und angeschlossene Apotheken selbstständig bleiben wollen. Der Mittelstand und die Vielfalt im Arzneimittelmarkt sollen gestärkt werden. Er warnte vor einer möglichen Vertikalisierung des Marktes. Dies schwäche den Mittelstand und führe zu einem Rückgang der Angebotsvielfalt.

Auf seiner Mitgliederversammlung am Vortag des Kongresses hatte der BVDAK einen 11-Punkte-Maßnahmenkatalog beschlossen, aus dem die Ziele des Kooperationsverbands hervorgehen (siehe Kasten). Ebenso verabschiedete der Verband zwei Resolutionen. Mit der einen Resolution drückt der Verband seine Hoffnung aus, der Europäische Gerichtshof (EuGH) möge dem Schlussantrag des Generalanwalts zum Fremd- und Mehrbesitz folgen. Die Resolution zu den Pick-up-Stellen ist hier im Wortlaut abgedruckt. Für den Fall, dass das Fremdbesitzverbot fällt, werde man ein Konzept erarbeiten. Außerdem ist daran gedacht, ein Qualitätssiegel für Apothekenkooperationen zu erarbeiten.

Als Fazit hielt Hartmann fest, dass die inhabergeführte Apotheke und damit das Patientenwohl eine Chance haben, wenn die Mitglieder des BVDAK bereit sind, den Systemwandel als Herausforderung zu begreifen und diesen aktiv gestalten. Die Politik sollte der inhabergeführten Apotheke eine Chance geben. Er hoffe darauf, dass sich möglichst viele gleichgesinnte Kooperationen und Marktteilnehmer dem BVDAK anschließen.

Kooperationen müssen Mehrwert bieten

Auch wenn nach den Ausführungen des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs, Yves Bot, der Zukunftspessimismus unter Apothekern geringer geworden ist, könne man sich noch lange nicht zurücklehnen, so Dr. Ulrich Krötsch, Präsident der Bundesapothekerkammer, in seinen Grußworten. Die endgültige Entscheidung des Gerichts über das Fremd- und Mehrbesitzverbot steht noch aus. Unverständlich sei, dass die Europäische Kommission erst vor kurzem auch gegen Frankreich in dieser Angelegenheit Klage eingereicht hat – warum warte man nicht die Entscheidung ab, fragte Krötsch.

70 Prozent der Apotheken sind einer Kooperation beigetreten, dies habe sich für die meisten als sinnvoll bestätigt, so der BAK-Präsident. Zu den Zielen der Bundesapothekerkammer gehört es, den bisherigen Weg fortzusetzen und dafür einzutreten, dass der Apotheker keine Ware, sondern ein wertvolles Gut verkauft. Krötsch: "Wir sind ein Heilberuf, der gewerblich abrechnen muss." Die BAK setzt auf eine Qualitätsoffensive: Qualitätsmanagementsystem, Fort- und Weiterbildung, Qualitätskontrollen, Ausbau der Versorgungsforschung und der Prävention. Ziel sei es, von den Krankenkassen als Gesundheitsberater anerkannt zu werden. Kooperationen können hier nicht nur Vorteile beim Einkauf bieten, sondern auch einen Mehrwert.

Resolution

Gegen Pick-up-Stellen

Der BVDAK warnt mit aller Schärfe vor der Einrichtung und dem Betrieb so genannter Pick-up-Stellen für Arzneimittel. Diese Abholpunkte für vorher bestellte Arzneimittel könnten in keiner Weise auf ihre Qualität und Zuverlässigkeit hin kontrolliert werden. Auch sei nicht zu überprüfen, auf welchem Weg die dort ausgegebenen Arzneimittelpackungen zu der Pick-up-Stelle gelangten und wie sie gegebenenfalls gelagert wurden. Ein sensibles Gut wie Arzneimittel muss mit professioneller Sorgfalt und Zuverlässigkeit hergestellt, transportiert und gelagert werden, um dann in fehlerfreiem Zustand an die Patienten und Kunden ausgehändigt werden zu können. Ein einwandfreies Arzneimittel ist die Voraussetzung für den Therapieerfolg. Dazu gehört auch die sachkundige Beratung, die Pick-up-Stellen in keiner Weise vorsehen.

Wo die Reise hingeht

Die Finanzkrise habe deutlich gezeigt, wie brüchig die Welle des Zeitgeistes war. Als stabiles Element in der Krise erweist sich nun der Mittelstand, so Karl-Heinz Resch, Geschäftsführer Wirtschaft und Soziales der ABDA, der auf dem BVDAK-Kongress herausstellte, wie richtig und wichtig die Unabhängigkeit der deutschen Apotheke ist. In Zukunft werde die Apotheke noch stärker in die Betreuung der Patienten eingebunden (Hausapotheke), ins Medikationsmanagement, in Versorgungsprogramme (Disease-Management-Programme). Nach seiner Auffassung kann der Apotheker mit Selbstbewusstsein in die Zukunft gehen als Heilberuf mit wirtschaftlicher Verantwortung. Resch: "Die Zukunft wird pharmazeutisch entschieden."

Ziele des BVDAK

Stärkung unabhängiger Kooperationsformen
Sicherstellung der Vollversorgung
Etablierung eines Qualitätsstandards für Apotheken
Beibehaltung der Apothekenpflicht
Beibehaltung der freien Apothekenwahl
Beibehaltung des Fremdbesitzverbots
Schutz vor Arzneimittelfälschungen
Elektronische Gesundheitskarte: Terminals nur in Arztpraxen und Apotheken
Einheitlicher Abgabepreis bei Rx-Arzneimitteln
Absenkung der Mehrwertsteuer
Förderung eines gesunden Wettbewerbs

Pick-ups sindbrandgefährlich

Obwohl im Zusammenhang mit dem Gesundheitswesen das Wort "Wettbewerb" in allen Parteiprogrammen vorkommt, habe der Gesundheitsfonds nur wenig mit Wettbewerb zu tun, so Daniel Bahr, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, in seinen Grußworten zum Kongress. Der Gesundheitsfonds sei der Einstieg in die Einheitskasse.

Die Politik habe den Apotheker in den letzten Jahren als Spielball gesehen, mal als Heilberufler, mal als Kaufmann. Eine deutliche Linie sei nicht zu erkennen. Nach Bahr muss ein Apotheker heute in der Tat Heilberufler sein, aber er muss auch ökonomisch und kaufmännisch denken, "sonst ist er nicht erfolgreich".

Der FDP-Politiker begrüßte den Schlussantrag des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof. Yves Bot habe klar die heilberufliche Komponente des Apothekerberufs herausgestellt. Der Schlussantrag sei allerdings kein Grund sich zurückzulehnen, es könnten auch noch Überraschungen kommen.

Der Arzneimittelmarkt wird heute von einer Vielzahl an Reglementierungen beherrscht, die zum Teil widersprüchlich sind oder nicht mehr zusammenpassen. Bahr erinnerte an die Rabattverträge und die Bestimmungen zur Förderung der Importe. Deshalb müsse es nach der nächsten Wahl Aufgabe der Gesundheitspolitiker sein, die Überreglementierungen im Arzneimittelmarkt auf ein normales Maß zurückzuführen.

Die Pick-up-Stellen und die damit verbundenen Ausfransungen des Apothekenrechts bezeichnete Bahr als "brandgefährlich". Bis heute gebe es keine offizielle Stellungnahme der Bundesregierung zum Pick-up-Problem. FDP-Position ist, dass ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln heute politisch nicht erreichbar sei. Ein solches Verbot würde zudem das Problem der Pick-up-Stellen nicht lösen. Vielmehr sollte im Gesetz präzisiert werden, was man genau unter dem Arzneimittelversandhandel versteht, um auf diesem Weg Pick-up-Stellen auszuschließen. Bahr: "Wer glaubt, Kriterien für Pick-up-Stellen formulieren zu können, ist auf dem Holzweg." Er sehe hier die Entstehung von "Apotheken light". Er setze sich auch weiterhin für weniger staatlichen Zentralismus ein, um die Freiheitsgrade im Markt für Apotheken zu erhalten.

Kooperationskonzepte heute

Discount-Konzepteca. 200, z. B. DocMorris, farmaplus, easy
Regionale Konzepteca. 670, z. B. 1-A Gesund, VitaPlus
Fachkonzepteca.
Einkauf- und Marketing-Konzepteca. 15.000
Dachmarken-Konzepteca.

Kongressprogramm

Neben den Grußworten und den politischen Statements bot der Kongress mehrere Vorträge zu Marketing- und Management-Themen, beispielsweise zur Frage, was Apotheken von Kooperationen erwarten können, was der Begriff Franchise bedeutet, wo die Erfolgsfaktoren der Apotheke liegen oder zum Megatrend Seniorenmarketing.

BVDAK-Mitglieder

Derzeit hat der BVDAK 13 Kooperationen als ordentliche Mitglieder, außerdem 5 Unternehmen sowie 13 Fördermitglieder aus dem Großhandel, der Pharmaindustrie und Marketing (siehe auch die Internet-Seite www.bvdak.de).

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