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DAZ aktuell
Werbung für Medizinprodukte – eine Gratwanderung
Norbert Pahne, Vorstandsvorsitzender von Integritas, ging auf relevante regulatorische Neuerungen im abgelaufenen Jahr ein und beklagte in erster Linie, dass es im Heilmittelwerbegesetz nach wie vor nicht zu einer nennenswerten Weiterentwicklung gekommen ist. Vor allem hinsichtlich der von der Industrie erhofften Liberalisierung der "Patienteninformation" für rezeptpflichtige Arzneimittel tritt der europäische Gesetzgeber immer noch auf der Stelle. Als bedeutsam im Rahmen der 15. AMG-Novelle führte Pahne die Zweifelsfallregelung für die Auslegung des Arzneimittelbegriffs an. Hiernach steht zu befürchten, dass Medizinprodukte demnächst vermehrt als Arzneimittel einzustufen sein könnten.
Nach einer Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) haben sich die Firmen zudem mit einer "Schwarzen Liste" geschäftlich unzulässiger Handlungen auseinander zu setzen. Darüber hinaus wirft die Umsetzung der europäischen Claims-Verordnung praktische und rechtliche Probleme auf. Die Europäische Kommission hat bereits einige Teil-Listen mit für Lebensmittel, d. h. auch für Nahrungsergänzungsmittel zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben bekannt gemacht, weitere sollen in 2010 und 2011 folgen, wonach diejenigen Produkte, die den zugelassenen Claims nicht entsprechen, nur noch in einem Übergangszeitraum in den Verkehr gebracht werden dürfen.
Medizinprodukte, eine heikle Gruppe
Die Frage der Abgrenzung von Arzneimitteln und Medizinprodukten im Lichte der 15. AMG-Novelle und der jüngsten Rechtsprechung beleuchtete Marc L. Holtorf, Düsseldorf. Da die regulatorische Messlatte für Medizinprodukte nicht so hoch ist wie für Arzneimittel, streben die Inverkehrbringer, vor allem von Grenzprodukten, in der Regel eine Einstufung der Präparate als Medizinprodukte an. Diese beruht wesentlich auf der Wirkungsweise, die weder pharmakologisch, noch immunologisch noch metabolisch sein darf. In der Werbung für Medizinprodukte wird jedoch meistens lediglich auf die Wirkung abgehoben und nicht auf die Wirkungsweise, weshalb in der jüngeren Rechtsprechung auch tatsächliche Medizinprodukte wegen ihrer "Präsentation" dem Arzneimittelbereich zugeordnet wurden, eine Interpretation, die aus Holtorfs Sicht, so nicht haltbar ist.
Erschwerend kommt hinzu, dass der Begriff der "pharmakologischen Wirkung" derzeit in der Rechtsprechung einen Wandel im Sinne einer Einengung durchzumachen scheint, was die Sachlage neben der Grenzziehung in Abhängigkeit von dem akzeptablen Risiko eines Produktes und der Dosierung zusätzlich verkompliziert. Holtorf empfiehlt vor diesem Hintergrund den Herstellern, um nicht in Abgrenzungsprobleme zu geraten, in der Werbung für ein Medizinprodukt klar auf dessen Wirkungsweise abzuheben, und soweit die Dosierung maßgeblich ist, deutlich unterhalb der Arzneimittel-Dosierung zu bleiben.
Der Bio-Wert-Trend
Einen spannenden Einblick in die moderne Welt des Lebensmittel-Marketings vermittelte Nicole Hanisch, Köln. In einem hektischen, von allumfassender Machbarkeit geprägten Lebensumfeld, in dem scheinbar niemand zu altern braucht, hat dieses schon lange nicht mehr nur mit Ernährung zu tun. Feste Mahlzeiten wurden weitgehend abgelöst durch eine "Nebenbeiverkostung" – gegessen und getrunken wird ständig und überall. Marken- und Produktkategorien im Lebensmittelsektor verschwimmen zusehends. Auf der Suche nach Orientierung konzentrieren sich die Verbraucherzum einen aus Angst vor dem Dickwerden immer mehr hin zu Light-Produkten, zum anderen aber auch wegen eines erhofften Mehrwertes des Essens auf solche, die mit Natürlichkeit, Wellness und althergebrachten Werten in Verbindung gebracht werden.
Auf diese Weise, so meint Hanisch, haben sich letzten Endes die Kehrseiten der Spaß-Gesellschaft auch im Lebensmittel-Marketing niedergeschlagen. Werbeslogans für Essbares haben deshalb heute viel mit so elementaren Begriffen wie Leben und Liebe zu tun. Das Endergebnis ist der Bio-Wert-Trend. Bio steht dabei nicht mehr für ökologische Vernunft-Askese, sondern für vollen Geschmack, Genuss-Intensivierung und Sinnlichkeit. Letzten Endes erklärt Hanisch hiermit auch den großen Bedarf an Functional-Food und OTC-Arzneimitteln, die dem Verbraucher ein stärkeres Gefühl der Selbstkontrolle und des optimalen Versorgtseins vermitteln.
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