Feuilleton

Rückblick auf 2009

2009 war das Jubiläumsjahr dreier großer Komponisten und vieler bemerkenswerter Menschen, die vor 80 Jahren geboren wurden. Hinzu kamen weitere Gedenktage: Erinnern Sie sich?

… 10 Jahren hat uns die Europäische Währungsunion den Euro beschert.

… 20 Jahren fiel die Mauer in Berlin.

… 30 Jahren kehrte der Schiitenführer Khomeini in den Iran zurück und proklamierte die Islamische Republik.

… 40 Jahren gelang die erste bemannte Mondlandung.

… 50 Jahren gab es in der Bundesrepublik weniger Arbeitslose als offene Stellen.

… 60 Jahren trat das Grundgesetz in Kraft.

… 70 Jahren begann der Zweite Weltkrieg.

… 80 Jahren war der Jahrgang 1929; damals wurden – neben anderen – 28 bemerkenswerte Menschen geboren, von denen 16 bereits gestorben sind (s. u.).

… 90 Jahren führte Deutschland das Frauenwahlrecht ein und gründeten W. Gropius, L. Feininger, J. Itten und andere das "Staatliche Bauhaus" in Weimar.

… 100 Jahren konnten sich die ersten Frauen an der Universität Marburg einschreiben.

Jahrgang 1929

  • Jacqueline Bouvier († 1994), Ehefrau von John F. Kennedy und Aristoteles Sokrates Onassis
  • Jacques Brel († 1978), französischer Chansonnier
  • Ralf Darendorf († 2009), FDP-Politiker, Kosmopolit
  • Christoph von Dohnányi, deutscher Dirigent und Intendant
  • Michael Ende († 1995), deutscher Schriftsteller ("Momo", "Die unendliche Geschichte")
  • Hans Magnus Enzensberger, deutscher Schriftsteller
  • Anne Frank († 1945 KZ Bergen-Belsen), berühmt durch ihr Tagebuch
  • Jürgen Habermas, deutscher Philosoph
  • Nikolaus Harnoncourt, österreichischer Dirigent
  • Hassan II. († 1999), König von Marokko
  • Audrey Hepburn († 1993), US-amerikanische Schauspielerin ("Frühstück bei Tiffany")
  • Grace Kelly († 1982), US-amerikanische Schauspielerin, Fürstin Gracia Patricia von Monaco
  • Walter Kempowski († 2007), deutscher Schriftsteller
  • Martin Luther King († 1968), US-amerikanischer Pfarrer, Bürgerrechtskämpfer, jüngster Preisträger des Friedensnobelpreises
  • James Last, deutscher Bandleader
  • Sergio Leone († 1989), italienischer Filmregisseur (Italo-Western)
  • Peter Lilienthal, deutscher Filmregisseur und Drehbuchautor
  • Heiner Müller († 1995), deutscher Schriftsteller und Dramatiker
  • Friedrich Nowotny, deutscher Journalist ("Bericht aus Bonn")
  • John Osborne († 1994), englischer Dramatiker ("Blick zurück im Zorn")
  • Hermann Prey († 1998), deutscher Sänger (Bariton)
  • Liselotte Pulver, schweizerische Schauspielerin, Komödiantin
  • Hermann Josef Roth, Emeritus für Pharmazeutisch-Medizinische Chemie*
  • Günter Strack († 1999), deutscher Schauspieler
  • Nadja Tiller, österreichische Schauspielerin
  • Hans Traxler, deutscher Illustrator und Cartoonist
  • Christa Wolf, deutsche Schriftstellerin
  • Klaus-Jürgen Wussow († 2007), deutscher Schauspieler ("Prof. Brinkmann").

Runde Geburts- oder Todestage

Bernhard Grzimek (1909 –1987) , Zoologe, Sonderling und Medienstar, verstand es, in seinen TV-Sendungen mit der Assistenz von Tieren Jung und Alt für die Tierwelt zu begeistern und kämpfte sein ganzes Leben für den Naturschutz und die Erhaltung der Lebensräume von Wildtieren. Weltweite Beachtung fand sein Film "Serengeti darf nicht sterben".

HAP Grieshaber (1909 – 1981) erneuerte nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges den Holzschnitt und entwickelte ihn zur Drucktechnik von Großformaten, was schließlich zur Monumentalisierung des Holzschnitts für Bilder in öffentlichen Bauten führte. Sein Hauptwerk trägt den Titel "Totentanz von Basel" und besteht aus 40 Farbholzschnitten.

Golo Mann (1909 – 1994) , ein Sohn von Thomas Mann, wurde als Historiker und Publizist bekannt, verfasste u. a. die "Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts" und erhielt 1968 den Georg-Büchner-Preis.

Margarete Steiff (1847 – 1909) erkrankte als Kleinkind an Kinderlähmung. Nach einer Schneiderlehre eröffnete sie ein Filzkonfektionsgeschäft, in dem sie u. a. Nadelkissen in Tierform (Elefant) verkaufte. Daraus entwickelte sie die Produktion von Spielzeugtieren und begründete eines der traditionsreichsten Spielwarenunternehmen.

Alexander Freiherr von Humboldt (1769 – 1859) , Naturforscher und Geograph, Bruder des Gelehrten und preußischen Politikers Wilhelm v. H., erforschte Süd- und Mittelamerika, reiste später über das Baltikum und Moskau bis zur chinesischen Grenze. Mithilfe exakter Messinstrumente schuf er die ökologische Landschaftsforschung (genaue Ortsbestimmungen, Höhenmessungen, Temperaturmessungen). Nach ihm wurde die vor der Westküste Südamerikas nach Norden verlaufende Meeresströmung benannt (Humboldtstrom).

Benny Goodman (1909 – 1986) , amerikanischer Jazzmusiker und herausragender Klarinettist. Mit seiner 1934 gegründeten Big Band war er der Begründer und Exponent der Swingepoche des Jazz. Um einen Eindruck seiner musikalischen Qualitäten zu erhalten, sollte man sich Mozarts Klarinettenkonzert A-Dur (KV 622) mit ihm als Solisten anhören.

Eugène Ionesco (1909 – 1994) , französischer Dramatiker rumänischer Herkunft, ist einer der Hauptvertreter des absurden Theaters. In seinen frühen Stücken stellte er die Banalität des Alltäglichen bloß, in seinen späten Dramen thematisierte er die existenziellen menschlichen Probleme.

Marion Gräfin Dönhoff (1909 – 2004) , Publizistin, war Chefredakteurin, später Herausgeberin und zuletzt Mitherausgeberin der Wochenzeitung "Die Zeit". 1971 erhielt sie den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Bettina von Arnim (1785 –1859) , Schriftstellerin, Enkelin von Sophie La Roche (Schriftstellerin), Schwester von Clemens Brentano (Schriftsteller), verheiratet mit Achim von Arnim (Schriftsteller), schuf mit ihren Briefsammlungen romantisierende Dichterbilder (z. B. "Goethes Briefwechsel mit einem Kinde") und wurde von ihren Zeitgenossen als emanzipierte, unkonventionelle Frau geachtet.

Sir Arthur Conan Doyle (1859 – 1930) , englischer Schriftsteller, schuf die Gestalten des Meisterdetektivs Sherlock Holmes und seines Freundes Dr. Watson. 1902 erschien sein Roman "Der Hund von Baskerville".

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 – 1847). Heute werden er und seine Musik von (fast) allen Menschen geliebt. Zu seiner Zeit war kein anderer Komponist so umstritten wie er, was auch nach seinem frühen Tod durch widersprüchliche, verzerrende und ketzerische Diskussionen fortgesetzt wurde. Mendelssohn war eingebunden in die ästhetischen, politischen und natürlich auch musikalischen Denkkategorien des 19. Jahrhunderts. Diskutiert wird heute immer noch, wie weit seine ältere Schwester Fanny Hensel an seinen Werken beteiligt war.

Klemens Wenzel Lothar Fürst von Metternich (1773 – 1859) , österreichischer Gesandter, Botschafter, Außenminister, Haus-, Hof- und Staatskanzler, betrieb führend auf dem Wiener Kongress von 1814/15 die Neuordnung Europas und sicherte Österreich die Vormachtstellung im Deutschen Bund. Durch strenge Polizeiherrschaft unterdrückte er alle liberalen Strömungen.

Knut Hamsun (1859 – 1952) , norwegischer Literaturnobelpreisträger (Roman "Segen der Erde"), gestaltete oft das Irrationale im Handeln seiner Personen, später den Wandel der bäuerlichen Gesellschaft zur modernen Zivilisation. Er begrüßte die Besetzung Norwegens durch die Deutschen (1940) und wurde wegen Landesverrats verurteilt.

Edgar Allan Poe (1809 – 1849) , aus der Militärakademie West Point (USA) wegen Aufsässigkeit entlassen, freier Schriftsteller, periodischer Alkoholiker, Kritiker, Lyriker, Erzähler, Literaturtheoretiker, Wegbereiter der von der Romantik ausgehenden Literatur des 19. Jahrhunderts, entwickelte die Kriminalliteratur weiter.

Abraham Lincoln (1809 –1865) war der 16. Präsident der USA und wurde im Amt ermordet. Sein politischer Grundsatz war die Chancengleichheit aller Bürger. Seine Wahl zum Präsidenten führte 1860 zur Sezession der Südstaaten, auf die der Sezessionskrieg folgte. Nach der Kapitulation der Südstaaten veröffentlichte er die "Reconstruction", ein Aufbau- und Aussöhnungsprogramm.

Charles Robert Darwin (1809 – 1882) ist der Begründer der modernen Evolutionstheorie. Er studierte zuerst Medizin und dann Theologie. Zum Naturforscher wurde er während einer Weltreise auf dem Vermessungsschiff "Beagle". Nach seiner Rückkehr begann er systematisch mit den Arbeiten zu seinem Hauptwerk "Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl", das einen Wendepunkt in der Geschichte der Biologie darstellt.

Joseph Haydn (1732 – 1809). Sein Werk war das Fundament, auf dem Mozart und Beethoven aufbauten. Mit seiner Instrumentalmusik entwickelte er eine europäisch verbindliche Sprache, die sich auch Komponisten zu eigen machten, die seine Musik für überholt hielten, beispielsweise Robert Schumann.

Heinrich Hoffmann (1809 –1894) war Nervenarzt und Schriftsteller. Als Direktor der Städtischen Nervenanstalt in Frankfurt am Main errichtete er als Erster eine Abteilung für nervenkranke Kinder. Berühmt und unvergessen wurde er durch seine selbst illustrierten Kinderbücher, von denen der "Struwwelpeter" das bekannteste ist.

Georg Friedrich Händel (1685 – 1759). Denkt man an Händel, muss man an Europa denken. Der herausragende deutsche Komponist, der in England lebte und dort seine Opern und Oratorien schuf, hat in weiten Bereichen das kulturelle Leben Europas und der ganzen Welt bereichert und geprägt.

Friedrich Schiller (1759 –1805) wurde vor vier Jahren, anlässlich seines 200. Todestages, schon so sehr bejubelt, dass an dieser Stelle weitere Bemerkungen über den deutschen Dichterfürsten unterbleiben können.

"Orpheus britannicus" wurde der wohl bedeutendste englische Komponist Henry Purcell (1659 – 1695) genannt, der leider schon im Zenit seines Schaffens mit 36 Jahren die barocke Welt verlassen musste und von seinen Zeitgenossen und Kollegen, so auch von G. F. Händel (s. o.), sehr geschätzt wurde.

Abraham a Santa Clara (1644 – 1709) war ein Augustiner-Barfüßer, Priester, Kanzelredner und Volksschriftsteller. Bekannt wurde er durch seine volkstümlichen Predigten, die mit drastischen und witzigen Wortspielen, Zitaten aus Geschichte und Sage und satirischen Sittengemälden gewürzt waren. Gepredigt hat er vor allem in Augsburg, Graz und Wien.

Wer in seiner Jugend die Geschichte eines gestrandeten Seemanns gelesen hat, der mehrere Jahre auf einer Insel verbringen musste (wie man es manchem überfütterten Zeitgenossen gönnen würde), wird immer an deren Autor Daniel Defoe (1659 –1731) denken, wenn er dem Namen Robinson Crusoe begegnet.

Paul Fleming (1609 – 1640) , der Sohn eines Pastors, ist uns heute nicht mehr so präsent, doch wurde zu seinen Lebzeiten u. a. seine Liebeslyrik wegen ihrer Frische und Gefühlstiefe sehr geschätzt. In der Literaturgeschichte besitzt er einen beachtlich hohen Stellenwert.

Um die Richtigkeit eines Rechenergebnisses zu betonen, wird immer noch gerne die Redewendung "nach Adam Riese" verwendet. Adam Ries (1492 –1559) , wie er richtig hieß, gilt als der Vater des modernen Rechnens und hat – abweichend von seinen wissenschaftlich ausgewiesenen Zeitgenossen – seine Werke nicht in lateinischer, sondern in deutscher Sprache verfasst, wodurch er einen großen Leserkreis erreichte.

Johannes Calvin / Jean Cauvin (1509 – 1564) , französisch-schweizerischer Reformator, musste von Paris nach Basel flüchten, war Prediger in Genf, wurde ausgewiesen, lebte als Seelsorger der französischen Flüchtlingsgemeinde in Straßburg, wo er P. Melanchthon begegnete, und führte nach seiner Rückkehr in Genf eine strenge Kirchenordnung ein.


Autor

Prof. Dr. rer. nat. Dr. h.c. Hermann J. Roth, Friedrich-Naumann-Str. 33, 76187 Karlsruhe, www.h-roth-kunst.com, info@h-roth-kunst.com

Henry Purcell Porträt von John Clostermann.
Quelle: wikipedia
Felix Mendelssohn Bartholdy Porträt von Eduard Magnus.
Jubiläen 2009
Vor 100 Jahren 1909

HAP Grieshaber * 15.02.
Golo Mann * 27.03.
Bernhard Grzimek* 24.04.
Margarete Steiff † 09.05.
Benny Goodman* 30.05.
Eugène Ionesco* 13.11.
Marion Gräfin Dönhoff* 02.12.
Vor 150 Jahren 1859
Bettina v. Arnim† 20.01.
Alexander v. Humboldt† 06.05.
Sir Arthur Conan Doyle* 22.05.
Klemens Fürst Metternich† 11.06.
Knut Hamsun* 04.08.
Vor 200 Jahren 1809

Edgar Allan Poe * 19.01.
Felix Mendelssohn Bartholdy * 03.02.
Abraham Lincoln * 12.02.
Charles Robert Darwin * 12.02.
Joseph Haydn † 31.03.
Heinrich Hoffmann * 13.06.
Vor 250 Jahren 1759
Georg Friedrich Händel† 14.04.
Friedrich Schiller* 10.11.
Vor 300 Jahren 1709
Abraham a Santa Clara† 01.12.
Vor 350 Jahren 1659

Daniel Defoe* ?*
Henry Purcell* 10.09.
Vor 400 Jahren 1609

Paul Fleming * 05.10.
Vor 450 Jahren 1559
Adam Ries(e)† 30.03.
Vor 500 Jahren 1509

Johannes Calvin* 10.07.
* Genaues Geburtsdatum nicht bekannt
Medienstar Bernhard Grzimek mit "Assistent". Quelle: wikipedia

Literaturtipp

Alexander von Humboldt war ein Universalgelehrter, der mit vielen Geistesgrößen unterschiedlicher Disziplinen in Verbindung stand. In seinen Werken verband er wissenschaftliche Exaktheit mit sprachlicher Ausdruckskraft. Ein Beispiel dafür sind seine "Ansichten der Natur", die er nach seiner mehrjährigen Reise durch Mittel- und Südamerika 1808 herausgab.

Apotheker Dr. Thomas Richter gibt einen Abriss von Humboldts Leben, schildert seine wissenschaftliche Arbeitsweise und verfolgt den Einfluss, den sein Werk z. B. auf die Entwicklung der Pflanzengeographie ausübte. Zudem vergleicht er interdisziplinär die "Ansichten der Natur" mit der schöngeistigen Literatur der Weimarer Klassik. Dabei arbeitet er wichtige ideengeschichtliche und wissenschaftshistorische Aspekte in Humboldts Werk heraus.

Thomas Richter

Alexander von Humboldt: "Ansichten der Natur" – Naturforschung zwischen Poetik und Wissenschaft

Tübingen 2009. 265 S., 12 Abb., kart. 44,50 Euro

ISBN 978-3-86057-168-2
Dieses Buch können Sie einfach und schnell bestellen unter der Postadresse:
Deutscher Apotheker Verlag Postfach 10 10 61, 70009 Stuttgart

oder im Internet unter: www.dav-buchhandlung.de
oder per Telefon unter: (07 11) 25 82 - 3 41 oder- 3 42

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.