Arzneiporträt

Cineol bei akuter Rhinosinusitis

Ergebnisse einer doppelblinden Vergleichsstudie

Der chemisch definierte Naturstoff Cineol besitzt in reiner Form sowohl bei oraler als auch bei inhalativer Anwendung ausgeprägte entzündungshemmende, sekretolytische, sekretomotorische und leicht spasmolytische Eigenschaften. Zusammen mit den ebenfalls nachgewiesenen antibakteriellen Effekten bringt Cineol damit beste Voraussetzung für die Behandlung einer Sinusitis mit. In einer unlängst publizierten Studie mit Sinusitis-Patienten wurde die Wirksamkeit von reinem Cineol mit derjenigen eines häufig eingesetzten Referenzpräparates verglichen. Dabei zeigte sich Cineol insgesamt und in allen Einzelsymptomen dem Referenzpräparat überlegen [1].

Die akute Stirn- und Nebenhöhlenentzündung ist eine typische Folgeerscheinung einfacher viraler Infekte der oberen Atemwege. Die entzündliche Anschwellung der Schleimhäute und die Bildung großer Mengen von zähem Sekret führen zur Verschleimung der Atemwege und zu dem typischen Druckkopfschmerz. Das Sekret ist ein guter Nährboden für Bakterien. Superinfektionen der Nebenhöhlen erfordern zumeist den Einsatz von Antibiotika. Dies kann durch rechtzeitiges Eingreifen effektiv verhindert werden. Therapeutische Maßnahmen zielen darauf auf,

  • die lokale Entzündung der Schleimhäute zu bekämpfen,
  • die Schwellung der Schleimhäute, und damit auch die Verlegung der Atemwege zu verringern,
  • die übermäßige Sekretbildung zu reduzieren und
  • zähes Sekret zu verflüssigen und rasch abzuleiten.

Wirkspektrum von Cineol

Cineol, der wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoff des Eucalyptusöls, findet in Reinform bereits seit Langem Einsatz in der Therapie von entzündlichen Atemwegserkrankungen und Erkältungen. Wirksamkeit und Sicherheit bei der Behandlung von Bronchitis und Sinusitis sind in umfangreichen klinischen Studien nach aktuellem Standard belegt [2].

Gut untersucht und am Menschen hinsichtlich ihrer Relevanz bestätigt sind auch die Wirkmechanismen. Cineol weist dabei ein für die Behandlung von Sinusitis und Bronchitis geradezu ideales Wirkspektrum auf:

  • Es wirkt sekretolytisch und fördert so die Verflüssigung von zähem Schleim [3].
  • Es wirkt zusätzlich sekretomotorisch, steigert die Tätigkeit der Zilien und trägt damit zum erleichterten Abtransport des Sekrets bei [4].
  • Es wirkt bronchospasmolytisch. Die Relevanz des Effektes wurde in einer kontrollierten Studie an Asthmapatienten bewiesen [5].
  • Es wirkt antibakteriell [6]. Da es nach oraler Anwendung unter anderem über die Lungen ausgeschieden wird [7], kommt es in direkten Kontakt mit den Keimen auf den Schleimhäuten der Atemwege. Damit ist auch von einem klinisch relevanten Wirkaspekt auszugehen.
  • Es hemmt entzündliche Vorgänge, was ein Bekämpfen der Ursachen der Schleimhautreaktion – Ödembildung und Hypersekretion – ermöglicht. Dieser Effekt ist nicht nur im pharmakologischen Modell nachgewiesen, sondern auch an Patienten mit entzündlichen Atemwegsbeschwerden wie Asthma [5, 8 – 10].

Klinische Studien

Placebokontrollierte und randomisierte Doppelblindstudien gelten als Goldstandard für den Nachweis der Wirksamkeit von Arzneistoffen. Sie geben aber keine Auskunft über die relative Einordnung gegenüber anderen etablierten Therapien: Ein Stoff kann wirksamer sein als Placebo, muss deswegen aber nicht unbedingt besser wirken als eine etablierte alternative Medikation.

Die Antwort auf solche Fragestellungen geben Vergleichsstudien. So wurden in einer Vergleichsstudie, die am Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf durchgeführt wurde, Patienten mit akuter, nicht eitriger Rhinosinusitis sieben Tage lang entweder mit der empfohlenen Tagesdosis von Cineol (dreimal täglich 200 mg, Prüfpräparat: Soledum®) oder mit der empfohlenen Tagesdosis eines pflanzlichen Arzneimittels* behandelt [1]. Wegen der unterschiedlichen Anwendungsformen kam die "Double-dummy"-Technik zum Einsatz: die Patienten erhielten jeweils ein Verum des einen Präparates und ein Placebo des anderen Präparates. Mithilfe dieser Vorgehensweise können auch unterschiedliche galenische Formulierungen verglichen werden. In der hier vorgestellten Studie wurden insgesamt 150 Patienten mit akuter Rhinosinusitis randomisiert auf die beiden Gruppen verteilt; jede Gruppe bestand aus 75 Patienten.

* Inhaltsstoffe des Vergleichspräparates (3 × täglich 1 Tablette): 36 mg Eisenkraut, 12 mg Enzianwurzel, 36 mg Gartensauerampferkraut, 36 mg Holunderblüten, 36 mg Schlüsselblumenblüten mit Kelch.

Vergleichsstudie

Für den Vergleich der beiden Arzneimittel wurde ein Summenscore aus der Ausprägung der relevanten Sinusitis-Einzelsymptome gebildet, darunter Druckkopfschmerz, frontaler Kopfschmerz, Druckempfindlichkeit am Trigeminus, Allgemeinbefinden, verstopfte Nase, Nasenlaufen, Menge und Viskosität des Nasensekrets sowie Fieber. Dieser Score konnte maximal 25 Punkte erreichen; Bedingung für die Teilnahme an der Studie war ein Score von mindestens 10 Punkten. Die Objektivierung der Symptome erfolgte durch rhinoskopische Messungen und Ultraschalluntersuchung der Stirn- und Nebenhöhlen.

Ergebnisse der Studie

Zu Beginn der Studie war der Summenscore der Beschwerden in beiden Gruppen gleich stark ausgeprägt, mit durchschnittlich 15,4 ± 2,7 Punkten in der Cineolgruppe und 15,3 ± 2,8 Punkten in der Referenzgruppe (Abb. 1). Bereits nach vier Tagen waren zwischen den Gruppen sehr deutliche Unterschiede zu beobachten, die auch nach sieben Tagen noch statistisch hochsignifikant waren (p < 0,0001): In der Cineolgruppe war der Summenscore nach vier Tagen um 6,7 ± 3,4 Punkte, und nach sieben Tagen um 11,0 ± 3,3 Punkte zurückgegangen. Dies entsprach einer Besserung der Symptomatik um 43,5% am vierten Tag und um 71,4% am siebten Tag. Auch in der Referenzgruppe verbesserten sich die Beschwerden signifikant gegenüber dem Ausgangswert, wenn auch bei Weitem nicht im gleichen Maße wie in der Cineolgruppe: Hier betrug der Rückgang nach vier Tagen 3,6 ± 2,8 Punkte (23,5%) und nach sieben Tagen 8,0 ± 3,0 Punkte (52,3%).

Die Verwendung von Xylometazolin-Nasenspray hatte auf die Betrachtung der Ergebnisse keinen verzerrenden Einfluss: In beiden Gruppen hatten jeweils 45 von 75 Patienten dieses Nasenspray eingesetzt. Auch andere Faktoren wie zum Beispiel das Alter und Körpergewicht der Patienten sowie die Dauer des Bestehens der Beschwerden zu Therapiebeginn waren in beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich.

Der gleiche Vorteil für Cineol fand sich auch bei Betrachtung der Einzelsymptome. So hatte Cineol einen frühzeitig einsetzenden und sehr ausgeprägten Effekt auf Druckkopfschmerz beim Bücken und frontalen Kopfschmerz. Die Einzelsymptome, insbesondere die Menge und Viskosität des Nasensekrets und die Verlegung der Atemwege, deuteten auf eine signifikant raschere Entleerung der Nebenhöhlen unter Cineol hin. Die Referenzmedikation hatte innerhalb der ersten vier Tage keinen Einfluss auf die Viskosität des Nasensekrets, und folgte damit für diesen Aspekt dem Heilungsverlauf, der für unbehandelte Patienten typisch ist (Abb. 2).

Die raschere Entleerung des Sekrets aus den Nebenhöhlen unter Cineol war auch sonographisch nachweisbar. So ging die Verlegung der Atemwege in der Cineolgruppe innerhalb von sieben Behandlungstagen um 93,3% zurück, während der Rückgang in der Referenzgruppe 58,6% betrug (Abb. 3). Der Unterschied war statistisch hochsignifikant (p < 0,0001).

Verträglichkeit

Die Verträglichkeit beider Medikationen erwies sich als sehr gut: In beiden Gruppen berichteten jeweils zwei Patienten über milde gastrointestinale Beschwerden, ein weiterer Patient der Referenzgruppe erwähnte Kopfschmerzen.

Fazit

Die Studienergebnisse belegen erneut den hohen Stellenwert von Cineol in der Therapie der akuten Sinusitis. Der Wirkstoff braucht dabei den Vergleich mit anderen therapieüblichen Zubereitungen nicht zu scheuen. Als vorteilhaft erwiesen sich die ausgeprägten und rasch eintretenden Effekte gegen Symptome, die mit der Verschleimung der Nebenhöhlen im Zusammenhang stehen: das Abschwellen der Schleimhäute sowie die Verflüssigung und der Abtransport von zähem Sekret. Diese Ergebnisse bestätigen erneut das günstige Zusammenspiel der entzündungshemmenden, sekretolytischen und sekretomotorischen Effekte von Cineol an den Schleimhäuten der Atemwege – bei gleichzeitig sehr guter Verträglichkeit.

Kaum ein medizinisch genutzter Naturstoff verfügt über eine ähnlich gute klinisch-pharmakologische Datenlage wie Cineol. Cineol ist u. a. zugelassen zur Behandlung der akuten Bronchitis und Sinusitis. Aufgrund des breiten Wirkspektrums, der klinisch mehrfach belegten Wirksamkeit und der sehr guten Verträglichkeit erhielt Cineol (enthalten in Soledum® Kapseln / - forte) als bisher einziges rezeptfreies Arzneimittel die Indikationserweiterung zur Zusatztherapie chronisch entzündlicher Atemwegserkrankungen. Hierzu gehören COPD und Asthma.


Literatur

[1] Tesche S, Metternich F, Sonnemann U, Engelke JC, Dethlefsen U. The value of herbal medicines in the treatment of acute non-purulent rhinosinusitis: Results of a double-blind, randomised, controlled trial. Eur Arch Otorhinolaryngol 2008;265:1355 – 1359.

[2] Kehrl W, Sonnemann U, Dethlefsen U. Therapy for acute nonpurulent rhinosinusitis with cineole: results of a double-blind, randomized, placebo-controlled trial. Laryngoscope 2004;114(4):738 – 742.

[3] Habich G, Repges R. Chronisch-obstruktive Atemwegserkrankungen. Cineol als Medikation sinnvoll und bewährt. Therapiewoche 1994;44(6):326 – 365.

[4] Kaspar P, Repges R, Dethlefsen U, Petro W. Sekretolytika im Vergleich. Änderung der Ziliarfrequenz und Lungenfunktion nach Therapie mit Cineol und Ambroxol. Atemwegs Lungenkrankheiten 1994;20(11):605 – 614.

[5] Jürgens UR, et al. Anti-inflammatory activity of 1.8-cineol (eucalyptol) in bronchial asthma: a double-blind placebo-controlled trial. Respir Med 2003;97(3): 250 – 256.

[6] Pattnaik S, et al. Antibacterial and antifungal activity of aromatic constituents of essential oils. Microbios 1997;89(358):39 – 46.

[7] Saller R, Hellstern A, Hellenbrecht D. Klinische Pharmakologie und therapeutische Anwendung von Cineol (Eucalyptusöl) und Menthol als Bestandteile etherischer Öle. Internist Prax 1988;28(2):355 – 364.

[8] Jürgens UR, et al. Antiinflammatory effects of eucalyptol (1.8-cineole) in bronchial asthma: inhibition of arachidonic acid metabolism in human blood monocytes ex vivo. Eur J Med Res 1998;3(9):407 – 412.

[9] Jürgens UR, Stöber M, Vetter H. Inhibition of cytokine production and arachidonic acid metabolism by eucalyptol (1.8-cineole) in human blood monocytes in vitro. Eur J Med Res 1998;3(11):508 – 510.

[10] Zhou JY, et al. Inhibitory effect of 1,8-cineol (eucalyptol) on Egr-1 expression in lipopolysaccharide-stimulated THP-1 cells. Acta Pharmacol Sin 2007;28(6):908 – 912. 


 

Autor

 

Dr. med. Uwe Sonnemann, Facharzt für Hals- Nasen- Ohrenheilkunde, Hermann-Ehlers-Weg 4, 25337 Elmshorn

 

Stellungnahme der Firma Bionorica

Zur hier vorgestellten Studie, bei der es um Soledum ® vs. Sinupret ® geht, baten wir den Hersteller von Sinupret ® , die Firma Bionorica AG, um eine Stellungnahme. Diese lautet wie folgt:

 

1. Die Studie wird zwar als doppelblind bezeichnet und ist mit ihrem Double-dummy-Design theoretisch auch so angelegt. Es kann jedoch bezweifelt werden, dass eine saubere Verblindung erreicht wurde bei dem Vergleich einer Ätherisch-Öl-Komponente (Soledum®) mit einem Ätherisch-Öl-freien Arzneimittel (Sinupret®). Denn selbst wenn Verum- und Placebo-Form im Augenblick der Einnahme organoleptisch ununterscheidbar sind, wie in der Publikation beschrieben, so ist doch bereits kurz nach der Einnahme das Cineol in der Atemluft wahrnehmbar und kann dem Patienten den subjektiven Eindruck einer "spürbaren Wirkung" vermitteln. Auch der beurteilende Arzt kann diesen Geruch wahrnehmen und somit in seiner Bewertung der Symptome beeinflusst werden.

Falls das Cineol-Placebo ein anderes ätherisches Öl enthielt, um diesen Effekt zu minimieren, so wirft dies weitere methodische Probleme auf.

2. Der verwendete Symptomenscore entspricht weder aktuellen Guidelines noch erscheint er schlüssig. Die Schwachpunkte: "Impairment of Condition" (reduziertes Allgemeinbefinden) ist ein Quality-of-Life-Parameter, der in derartige Scores nicht aufgenommen werden sollte. Fragen zur (krankheitsbezogenen) Lebensqualität sollten grundsätzlich getrennt vom Symptomenscore untersucht werden. Die Empfindlichkeit der Druckpunkte des Trigeminus-Nervs ist kein üblicher Parameter bei der akuten Rhinosinusitis und weder in den aktuellen HNO-Leitlinien zur Rhinosinusitis noch in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) als Symptom beschrieben. Die Publikation lässt offen, wie die Parameter "Sekretmenge" und "Sekretviskosität" bestimmt wurden. Möglicherweise kommen hier subjektive Eindrücke ins Spiel, die darüber hinaus auch Redundanz aufweisen mit dem Parameter "Rhino-secretion".

Dies bedeutet, dass insgesamt vier der acht Parameter des Symptomenscores fragwürdig sind und somit das Hauptzielkriterium der Untersuchung relativieren.

3. Die Anwendung abschwellend wirkender Xylometazolin-Sprays wurde in beiden Vergleichsgruppen bei je 45 von 75 Patienten dokumentiert, also bei 60% aller Patienten. Es bleibt jedoch unklar, wann, wie lange und in welchem Ausmaß dies geschah und ob diesbezüglich Unterschiede in den Behandlungsarmen zu verzeichnen waren.

Xylometazolin beeinflusst direkt die nasale Obstruktion und damit mittelbar auch den Gesichtsdruck, den zunehmenden Druckschmerz beim Vorbeugen und die Nasensekretion – also die Hälfte aller Parameter des Symptomenscores. Daher ist grundsätzlich fragwürdig, dass Xylometazolin als Co-Medikation gestattet war, denn es bleibt unklar, ob die Verbesserung der genannten Symptome auf Xylometazolin oder die Studienmedikation zurückzuführen ist. Eine denkbare unterschiedlich intensive Nutzung der Sprays würde daher die Werte für das Haupt-zielkriterium deutlich beeinflussen. Leider kommt, wie bereits gesagt, dieser wesentliche Gesichtspunkt in der Publikation nicht zum Ausdruck.

4. Tabelle 4 in der zitierten Erstpublikation [1] ist nicht stimmig: Der erreichbare Maximalwert für jeden Einzelparameter beträgt laut Legende 3 Punkte. Bei Therapiebeginn wurden für die Parameter "Schleimhautschwellung" und "Ödem" aber Durchschnittswerte von 3,1 bis 3,3 erreicht. Demnach lägen die Durchschnittswerte über dem möglichen Maximalwert.

Angesichts dieser Schwächen der Untersuchung lassen die Ergebnisse keine eindeutige Schlussfolgerung bezüglich des Wirksamkeitsunterschiedes der beiden Prüfpräparate zu. Bei der Bewertung ist auch zu bedenken, dass es sich hier um das singuläre Ergebnis einer einzigen Studie handelt, die per se der Überprüfung durch mindestens eine zweite Untersuchung bedarf. Dies umso mehr, als es sich um eine Studie der Phase IV – also eine marketingorientierte Untersuchung – mit methodischen Schwächen handelt.

In den 90-er Jahren haben wir eigene Untersuchungen zur Wirksamkeit von Sinupret bei akuter und chronischer Sinusitis mit aktiven Kontrollen durchgeführt, unter anderem auch im Vergleich mit einem Ätherisch-Öl-Präparat. Im Ergebnis erwies sich Sinupret als mindestens gleichwertig mit der Vergleichsmedikation mit einer (statistisch nicht signifikanten) Tendenz zur Überlegenheit von Sinupret. Diese Daten sind allerdings nicht publiziert.

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