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- DAZ 49/2009
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Selbstmedikation
Wieder befreit durchatmen
Bei einem akuten grippalen Infekt setzen sich die verschiedenen Erkältungsviren (meist Rhinoviren) zunächst in den Schleimhäuten der oberen Atemwege fest und lösen eine Rachenentzündung aus. Die dadurch stark gerötete und geschwollene Schleimhaut führt zu einem Brennen und Kratzen im Hals. Außerdem kommt es hauptsächlich im Rachen zu einer Reizung von Hustenrezeptoren, woraus ein trockener Reizhusten resultiert. Dieser trockene Husten hält zwei bis drei Tage an und ist ohne Auswurf. Danach lösen Entzündungsprozesse eine Schädigung der Schleimhaut in den Atemwegen aus, was eine bronchiale Sekretstörung zur Folge hat. Dadurch wird vermehrt dickflüssiger, zäher Schleim gebildet, der nur schwer abgehustet werden kann. Der Husten ist produktiv geworden.
Natürliche Reinigung der Atemwege
Normalerweise produziert eine gesunde Atemwegsschleimhaut ständig Sekret, das aus zwei Lagen besteht: einer dünnflüssigen Sol- und einer darüber liegenden zähen Gel-Schicht. Daneben wird in den Alveolen der körpereigene Schutzstoff Surfactant gebildet, der sich zwischen der Sol- und Gelphase befindet. Surfactant verhindert als grenzflächenaktive Substanz das Ankleben von Sekret an Zelloberflächen. Es sorgt somit dafür, dass sich das klebrige Sekret samt anhaftendem Schmutz besser transportieren lässt, indem es als Gleitschicht die dünnflüssige Sol- von der klebrigen Gel-Schicht des Bronchialschleims trennt. In der dünnflüssigen Sol-Schicht auf der Schleimhaut schlagen zudem winzige Flimmerhärchen (Zilien) ständig mit hoher Frequenz hin und her. Mit ihren Spitzen ragen sie bis an die Gel-Schicht und bewegen diese und auf ihr klebende Fremdstoffe in Richtung Rachen, wo sie durch Verschlucken unschädlich gemacht werden. Dieser Abtransport von gesundem Schleim dient der biologischen Reinigung und der gesamte Mechanismus wird mit dem Begriff "mukoziliäre Clearance" zusammengefasst.
Husten als Ersatzreinigungsmechanismus
Bei einem akuten grippalen Infekt entzünden sich die Schleimhäute in den Atemwegen, wodurch sich das Sekret in seiner Zusammensetzung und Menge verändert. Es resultiert eine vermehrte Bildung (Hyperkrinie) von klebrigem, zähem Schleim (Dyskrinie), bei dem die Sol-Schicht zu schmal und die Gel-Schicht zu breit ist. Beides führt dazu, dass die Zilien den Abtransport des Hustenschleims in Richtung Rachen nicht mehr bewältigen können. Damit ist der natürliche Selbstreinigungsmechanismus in den Atemwegen gestört und Husten wird als ein Ersatzreinigungsmechanismus in Gang gesetzt.
ErkältungshustenEin viral bedingter Erkältungshusten dauert in der Regel acht bis 14 Tage. Wurde die Infektion durch Adenoviren oder Mykoplasmen ausgelöst, kann es jedoch zu einer Hyperreagibilität der Hustenrezeptoren kommen, so dass der Husten noch wochenlang anhalten kann. Patienten mit solch einem postinfektiösen Husten sollten zum Arzt geschickt werden, damit dieser inhalative Corticosteroide oder Beta-2-Adrenergika verordnet. Der Gang zum Arzt wird auch erforderlich, wenn ein trockener Husten nach zwei bis drei Tagen nicht produktiv wird, sondern als Reizhusten persistiert. Dann kann davon ausgegangen werden, dass kein Erkältungshusten vorliegt. Vielmehr muss die Ursache geklärt und entsprechende Therapien eingeleitet werden. |
Therapie des Reizhustens
Trockener Husten wird vor allem mit Antitussiva behandelt, wobei zwischen peripher und zentral wirksamen Wirkstoffen unterschieden werden muss. Als Hustenstiller bezeichnet man die zentral am Hustenzentrum angreifenden Substanzen, welche die Signale afferenter Neuronen im Hustenzentrum der Medulla oblongata unterdrücken. Als Goldstandard gelten die verschreibungspflichtigen Opiate Codein und Dihydrocodein. Für die Selbstmedikation stehen Dextromethorphan (z. B. Hustenstiller ratiopharm®) und Pentoxyverin z. B. Sedotussin® Hustenstiller, Silomat® gegen Reizhusten) zur Verfügung, wobei Pentoxyverin auch eine periphere Wirkkomponente zugeschrieben wird.
Periphere Antitussiva wirken hustenreizlindernd. Man geht davon aus, dass sie die Reizschwelle der Hustenrezeptoren in der Luftröhre und den Bronchien erhöhen. Neben dem verschreibungspflichtigen Levodropropizin (z. B. Quimbo®) finden als chemisch definierte hustenreizlindernde Wirkstoffe Dropropizin (z. B. Larilyn® Hustenstiller) und Benproperin (z. B. Tussafug®) rezeptfrei Verwendung.
Daneben werden pflanzliche Zubereitungen eingesetzt. Reizlindernde Schleimdrogen wie Eibisch, Isländisch Moos, Malve oder Spitzwegerich sind besonders gut bei einer entzündeten Schleimhaut wirksam. Zudem existieren lokal reizdämpfende Zubereitungen, die lokal im Rachen den Hustenreiz lindern, indem sie die Rezeptoren quasi umhüllen und so deren Ansprechbarkeit vermindern. Sie werden als Demulenzia oder Linderungsmittel bezeichnet und wirken höchstens 30 Minuten. Wirksames Agens ist Zucker, der in Hustensäften, Gurgellösungen, Lutschtabletten, Hustenbonbons und Honigzubereitungen enthalten ist.
Einer Reizung der Hustenrezeptoren kann auch mit Lokalanästhetika begegnet werden. So reduzieren Lidocain und Ambroxol den Hustenreiz durch eine Dämpfung der Rezeptoren im Pharynx. Voraussetzung dafür ist, dass die Wirkstoffe lange im Rachenraum einwirken können. Gewährleistet wird dies mit Lutschtabletten. Eine Verabreichung als Saft ist auch möglich, wobei dieser nicht sofort hinuntergeschluckt werden sollte.
Begleitmedikation bei Reizhusten abklären!
Bei einem andauernden Reizhusten sollte immer auch an eine unerwünschte Arzneimittelwirkung gedacht werden und gezielt nach der Medikation des Patienten gefragt werden: ACE-Hemmer führen in 5 bis 15% aller regelmäßigen Einnahmen zu einem trockenen, unproduktiven Hustenreiz. Ursache ist eine pulmonale Akkumulation von Bradykinin und/oder Prostaglandin bei vermindertem Abbau. Dieser Husten ist reversibel und kann jederzeit nach Einnahmebeginn auftreten. Wird über einen längeren Zeitraum der ACE-Hemmer eingenommen, so kann es schwierig sein, einen Zusammenhang herzustellen. Wird – nach ärztlicher Absprache – der ACE-Hemmer abgesetzt, so verschwindet der Husten innerhalb von zwei Wochen.
Therapie des produktiven Hustens
Hustenlöser haben in Deutschland traditionell die größte Bedeutung bei der Behandlung eines akuten Erkältungshustens. Beliebt sind beispielsweise pflanzliche Zubereitungen mit Primel, Efeu, Thymian, Eukalyptus und Myrtol. Saponinhaltige Drogen wirken reflektorisch durch Stimulation afferenter parasympathischer Fasern. Ätherische Öle regen die Bronchialsekretion direkt an. Von den chemischen Expektoranzien spielen Acetylcystein (ACC® Hexal) und Ambroxol (z. B. Mucosolvan®) die größte Rolle. Die schleimlösende Wirkung des Acetylcysteins wird vor allem auf die Spaltung von Disulfidbrücken im Proteinanteil des zähen Bronchialsekrets zurückgeführt. Der Hustenschleim soll dadurch quasi gesprengt und so verflüssigt werden. Ambroxol dient aufgrund seiner guten Wirksamkeit in vielen Untersuchungen als Referenzsubstanz und gilt somit als Goldstandard unter den Hustenlösern.
Reaktivierung der mukoziliären Clearance
Ambroxol greift an verschiedenen Stellen des natürlichen Reinigungsmechanismus der Atemwege an. So normalisiert der Wirkstoff die Schichtdicke der solförmigen Sekretphase über eine Stimulation von dünnflüssigem Sekret. Zusätzlich regt er eine vermehrte Surfactant-Bildung an, wodurch das Anhaften des Hustenschleims an der Schleimhaut vermindert wird: Der Schleim wird flüssiger und löst sich. Zum anderen aktiviert Ambroxol die Flimmerhärchen, indem er deren Schlagkraft und Schlaggeschwindigkeit erhöht. Dadurch wird das zähe Sekret wieder in Richtung Rachen befördert und das Abhusten erleichtert. Über eine Normalisierung des Sekrets schützt Ambroxol letztendlich vor neuen Ansammlungen von zähem Schleim und das gesunde Sekret kann sich als körpereigener Schutzfilm wieder auf die Atemwegsschleimhaut legen und vor dem Eindringen von weiteren Erregern schützen.
Einnahmehinweise geben
Viel diskutiert wird immer wieder der Einnahmemodus von Hustenstillern und -lösern. Betrachtet man den Verlauf eines Erkältungshustens, ist es zu Beginn empfehlenswert, den trockenen Hustenreiz mit einem Antitussivum zu behandeln. Zudem sind auch Lokalanästhetika in Lutschtabletten oder Hustensaft in der Lage, den Hustenreiz im Rachen zu dämpfen. Im weiteren Krankheitsgeschehen ist es sinnvoll, mit Expektoranzien die Sekretstörung zu normalisieren, so dass das Abhusten erleichtert wird. Erlaubt ist aber auch eine zeitlich versetzte Einnahme von Antitussiva zur Nacht und Expektoranzien am Tag.
Hier finden Sie eine Grafik zum Thema Husten.
Quellen
Selbstmedikation. Leitlinien zur Pharmazeutischen Beratung für die Kitteltasche, DAV (2007).
Prof. Dr. med. Jürgen Fischer, Norderney: "Schutzfunktion macht Schluss mit Husten", Hamburg, 30. September 2009, veranstaltet von der Boehringer Ingelheim Pharma GmbH, Ingelheim.
Apothekerin Gode Meyer-Chlond
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